Wenn der Boss mich bosst...

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Guten Abend Gemeinde,

ich befinde mich in letzter Zeit in einer schwierigen Situation an meiner Arbeitsstelle, die mir momentan beginnt die Kraft zu rauben und ich wäre über ein paar Tipps dankbar wie ich mit dieser verfahrenen Situation besser umgehen kann. Da es ein für mich sehr wichtiges Thema ist wird es sehr lang werden. Um so dankbarer bin ich fürs Lesen bis zum Ende und eine Rückmeldung.

Zu mir, ich habe Psychologie studiert und befinde mich in der Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten. Diese Ausbildung ist nötig um später in meinem Beruf überhaupt arbeiten zu können, dauert drei bis sechs Jahre und kostet in meinem Fall über 15000 Euro. Teil der Ausbildung sind anderthalb Jahre Arbeit in verschiedenen Kliniken als "Psychologe in Ausbildung", wobei das Gehalt zwischen 0,- Euro und um die 1000,- Euro pro Monat schwankt. 2008 habe ich an meiner jetzigen Arbeitsstelle angefangen, eine sehr stressige aber auch sehr erfüllende Arbeit, ich habe meinen Beruf im Sinne einer Berufung gefunden. Ich war sehr schnell sehr beliebt, ein wichtiger Teil der Klinik, von allen geschätzt und gemocht, gut in dem was ich tue. Nach dem anfänglichen Praktiumsverhältnis wurde ich übernommen und bekam einen unbefristeten Vertrag.

2010 musste ich für ein Jahr in eine andere Klinik für meine Weiterbildung, ich wurde freigestellt und arbeitete ein Jahr in einer Psychiatrie. Spannende Arbeit aber die finanzielle Situation war belastend. Ich verdiente 600 Euro im Monat, zahlte 450 monatlich für meine Ausbildung und 200 Euro für Pendelkosten, keine Miete, kein Essen, keine anderen Unternehmungen bezahlt. Das Jahr hat meine gesamten Ersparnisse gefressen, mich teilweise auf den Konten ans Limit gebracht, das war nicht einfach aber OK, da ich wusste worauf ich mich einlasse und danach war ja wieder die Festanstellung mit Lohnerhöhung in Aussicht um dieses Defizit wieder auszugleichen.

Bei der Rückkehr in meine alte Klinik wollte mein Chef mich unbedingt. Mir wurde ein tolles Angebot unterbreitet, ich gehöre in meiner Berufsklasse zu den Bestverdienern, meine gesamten Ausbildungsfest- und -nebenkosten werden übernommen. Natürlich habe ich zugeschlagen, so viel Glück kann man gar nicht haben in meinem Beruf. Dass ich mich damit für zwei Jahre nach Abschluss verpflichte war für mich anfangs ein Hindernis aber OK, ich kannte die Klinik, wusste worauf ich mich einlasse. Die Klinik hatte sich allerdings verändert...

Über die letzten Monate wurde es immer schlimmer, die Personalfluktuation nahm zu, Mitarbeiter mit 50 bis 100 Überstunden waren mehr Regel als Ausnahme. Bei einem Personalschlüssel von 12 Patienten und einer Gruppe pro Vollzeitkraft, betreute ich wochenlang über 20 Patienten und zwei therapeutische Gruppen bei 80% Anstellung, Arbeit blieb liegen, die Unzufriedenheit von Chef und Mitarbeitern wurde immer größer.

Gleichzeitig hatte ich ein gesundheitliches Problem. Meinem mich jahrelang betreuuenden Arzt war nicht aufgefallen, dass ich eine chronische Mandelentzündung hatte. Schon Ende 2010 hatte ich zunehmend Probleme und erst ein Arztwechsel brachte zutage dass ich mir mit über 30 Jahren die Mandeln dringend rausnehmen lassen muss. Ich ging von Anfang an offen damit um, informierte meinen Arbeitgeber über den Befund und bat um eine Freistellung für eine Operation. Diese wurde mir zugesagt und ich wurde unterstützt. Schnell hatte ich durch eine damit zusammenhängende schlimme Angina Anfang des Jahres und einen Magendarm-Infekt eine hohe Anzahl Krankheitstage angesammelt. Da ich offen damit umgegangen war, war das für meinen Arbeitgeber OK, ich war ja gewillt etwas zu verändern. Als ich meinen OP Termin hatte wurde ich gebeten diesen um anderthalb Monate nach hinten zu verschieben, da die dünne Personaldecke einen so langen Ausfall zu dieser Zeit nicht tragen konnte. Ich stimmte zu und war prompt in diesen zwei Monaten nochmal eine Woche aufgrund meiner Mandeln krank.

Da fing es an. Mein Chef selbst hielt wohl dem Druck nicht stand. Er wurde aggressiv grenzüberschreitend, rief mich zu Hause im Krank an (wie ich später erfuhr auch andere Mitarbeiter) und drohte mir. Fing an mich zu kontrollieren, stürzte zwei Stunden nach Feierabend ohne zu klopfen in mein Büro und drohte mit Konsequenzen falls er mich nicht zum Nacharbeiten vorgefunden hätte. Ich setzte ihm eine Grenze, sagte ihm höflich aber klar dass mir das zu weit geht. Holte mir Unterstützung bei direkter Vorgesetzter und Betriebsrat. Danach war erstmal Ruhe.

Im Juli war meine OP, ich war eine Woche im Krankenhaus und zwei Wochen krankgeschrieben, wie abgesprochen. Danach wurde alles besser. Innerhalb von drei Monaten hatte ich nicht mehr einen Krankheitstag, ich kam aufgrund der besseren körperlichen Fitness super zurecht und trotz hoher Belastung und Vertretung von Kollegen schaffte ich mein gefordertes Pensum. Mein Chef hatte mich aber immer noch auf dem Kieker, wegen eines Versäumnis einer Mitarbeitern schrie er mich in der Mittagspause vor Kollegen an, weil er dachte ich hätte den Fehler gemacht. Ich steckte ihm wieder höflich aber bestimmt eine Grenze forderte ihn zum persönlichen Gespräch auf. Er vermied es.

Bis ich vor zwei Wochen im Rahmen einer Grippewelle eine Woche ausfiel. In einer Leitungskonferenz in dieser Woche kam Urlaubsplanung über Weihnachten ins Gespräch und damit gleichzeitig die Krankheitstage der Mitarbeiter. Bei mir stehen 36 Tage Ausfall, fünf davon sind falsch eingetragen an Tagen, an denen ich eh nicht im Haus bin. Wenn ich die besprochenen "Mandel-Tage" abziehe habe ich auf das ganze Jahr bezogen 11 Krankheitstage und liege damit unter dem Schnitt. Das sah mein Chef nicht, er rastete aus. Vor der gesamten Führungsriege zog er über mich her, meine Unzuverlässigkeit, meine Fehlzeiten, meine Unplanbarkeit. Er ist cholerisch, machtbesessen, narzisstisch, kritikunfähig, "regiert" durch Angst, seine Führungskräfte sucht er sich danach aus, dass sie ihm kein Kontra geben. Trotzdem stellte sich meine direkte Vorgesetzte vor mich und versuchte mich zu schützen, wofür ich ihr sehr dankbar bin.

Die Folgen sind gravierend. Mein Chef hat eine Angstblase um mich geschaffen. Kollegen beginnen, sich von mir zurückzuziehen aus Angst mit dem Chef aneinander zu geraten. Wie ich inzwischen in vertraulichen Gesprächen mit dem Betriebsrat schon erfahren habe wurden Mitarbeiter schon unter Androhung von Druck zur Unterschrift eines Auflösungsvertrags gezwungen etc. Diese Aura wirkt. Gleichzeitig hat er mir ein Etikett verpasst, während ich abwesend war. Seit ich wieder da bin werde ich gewarnt, besorgt angesprochen, fast sorgenvoll gefragt ob ich denn genug für meine Gesundheit täte, ob ich Ausgleich hätte, mich gesund ernähren würde. Manche haben aufgehört mich zu grüßen. Ich sehe momentan keinen Grund mich zu rechtfertigen, tue das auch nicht, was er verbreitet sind Halbwahrheiten und Lügen aber auf einem Weg auf dem ihm offiziell nichts nachweisbar ist. Jede Reaktion meinerseits, jede Gegendarstellung wäre ein Affront für ihn und würde vermutlich in weiterem Druck enden. Dazu kenne ich ihn zu gut.

Ich habe weiterhin wichtige Untersützung, Menschen die mir Nahe und wichtig sind, der Betriebsrat auf meiner Seite. Nachdem mein Chef auf meine Gesprächsangebote nicht reagierte habe ich jetzt wenigstens eine Gesprächsaufforderung von ihm für (hoffentlich) nächste Woche und ich bin froh, dass das auf den Tisch kommt. Aber ich kenne ihn, er hat schon viele Böcke geschossen, entschuldigt oder revidiert hat er nie etwas. Dieses Bild von mir geistert im Betrieb und in den Köpfen rum, mit den entsprechenden Folgen. Die Atmosphäre ist inzwischen scheiss unangenehm. Bin ich bisher noch gern zur Arbeit gegangen so bin ich jetzt nur noch stinksauer. Und ich werde im Gesrpräch mit ihm sehr aufpassen müssen, dass ich nicht persönlich angreifend werde.

Spätestens jetzt fragt ihr euch vermutlich warum ich Depp immer noch da bin? Ob ich keinen Stolz habe? Ganz einfach, ich liebe meine Arbeit, meine bisheriges kollegiales Umfeld, kann mit Druck umgehen, bin selbstbewusst genug meinem Chef kontra zu bieten und hatte die Unterstützung meiner Kollegen und des Betriebsrates. Ich weiß wie ich die Kritik meines Chefs nehmen muss und sie tangiert mich peripher. Jetzt hat er aber das kollegiale Umfeld bewusst oder unbewusst mit eingeflochten und jetzt wirds unangenehm. Das wichtigste aber ist. Ich befinde mich in einer finanziellen Abhängigkeit. Ich bin immer noch am Abzahlen meiner Verluste aus dem Verdienstausfalljahr und habe dadurch keine Reserven mich von meinen vertraglichen Verbindungen durch die Übernahme meiner Ausbildungskosten freizukaufen. Wenn ich jetzt kündigen würde müsste ich auf einen Schlag über 4000.- Euro an meinen Arbeitgeber bezahlen. Die hab ich nicht und das bindet mir die Hände.

Meine Frage ist. Wie würdet ihr in dieser Situation vorgehen? Was kann ich tun? Was könnte mir helfen da gut durchzumanövrieren, Schadensbegrenzung zu betreiben oder welche Wege seht ihr?

Danke

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Wenn man emotional schreibt... ich habe etwas wichtiges Vergessen und etwas anderes erst nach dem Schreiben erfahren.

Natürlich kann ich die Frustration meines Chefs nachvollziehen, wenn ein Mitarbeiter oft ausfällt, das habe ich ihm auch schon lange deutlich gemacht und entsprechend wurde ja auch die Einigung bezüglich meiner OP erzielt. Das entschuldigt aber nicht die Reaktion.

Das andere ist, und das bringt mich echt in die Zwickmühle, dass ich die Infos die ich jetzt über seine Aussagen über mich habe nur deswegen habe weil ich so gute Beziehungen zu einigen Mitarbeitern habe. Meine Vorgesetzte hat mich nach dieser Sitzung gewarnt, eine anderes Mitglied der Führungskonferenz ist eine enge Vertraute von mir. Das Problem dabei, beide haben durch die gutgemeinten Warnungen die ihnen vom Chef auferlegte Schweigepflicht gebrochen. Wenn ich also versuche, mich gegen den "Rufmord" zu wehren geht dies nur indem ich offen lege, dass die Schweigepflicht gebrochen wurde und damit ziehe ich unbeteiligte Mitarbeiter mit rein.

Miese Situation...

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Solltest du aus wohlhabenderen Verhältnissen stammen dann such dir einen Job wo du nichts verdienst --> dementsprechend wirst du dann davon ausegehen können, dass der Druck auf dich geringer sein wird. Wo nichts verdient wird, wird auch deutlich weniger verlangt. (geh ich mal der Logik nach davon aus)

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Solltest du aus wohlhabenderen Verhältnissen stammen dann such dir einen Job wo du nichts verdienst --> dementsprechend wirst du dann davon ausegehen können, dass der Druck auf dich geringer sein wird. Wo nichts verdient wird, wird auch deutlich weniger verlangt. (geh ich mal der Logik nach davon aus)

Es ist nicht der Arbeitsdruck der mir zu schaffen macht, es ist nicht die Menge der Arbeit, die krieg ich hin. Es ist die emotionale Komponente, es ist Mobbing vom Chef ausgehend, also Bossing, Druck über das Medium Mitkollegen, sozusagen "Rufmord". Anschuldigungen über nicht wahre Tatsachen die meine Beziehung zu Mitarbeitern zerstören, die aber so geschickt gestreut sind dass ich mich nicht wehren kann ohne unbeteiligte Mitarbeiter mit in den Konflikt zu ziehen.

Wenn ich hier von Besserverdiener spreche dann bedeutet das in meiner Branche immer noch weit unter 40000 Brutto pro Jahr. Und das nach knapp 10 Jahren Studium und Ausbildung in denen ich nur zahle und nichts verdiene. Und genau da liegt das Problem, wäre ich oder meine Familie wohlhabend dann könnte ich mich nach einer anderen Stelle umschaun. Ich könnte mal kurz 5000 Euro aus dem Ärmel schütteln und mich von meiner vertraglichen Bindung freikaufen. Aber nach einem Jahr Arbeiten ohne Gehalt geht das grade nicht.

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Es ist die emotionale Komponente, es ist Mobbing vom Chef ausgehend, also Bossing, Druck über das Medium Mitkollegen, sozusagen "Rufmord".

Das ist mir klar. Die Sache ist doch folgende --> Aus Sicht deines Chefs erbringst aufgrund der Fehltage nicht die Leistung, die du müsstest. Er ist halt ein Arschloch. Daran wirst du wenig ändern können. Du kannst ja nicht gesünder werden, nur weil du es willst. Du tust was du tun kannst. Dennoch könntest du vll. eine andere Stelle aufnehmen.

Solltest du keine alternative Stelle aufnehmen können dann ignoriere es. Er weicht dir aus, sodass ein klärendes Gespräch von seiner Seite wohl nicht erwünscht ist. Du bist Psycho also weißt du dass der Wichser das braucht; einen aus der Gruppe rauspicken und fertig machen.

Und das nach knapp 10 Jahren Studium und Ausbildung in denen ich nur zahle und nichts verdiene.

Das ist scheiße. Das tut mir auch leid. Wenn ich mir vor augen halte was ich als dummschätzer und nutzloses Rechenschieber (BWL :-D ) so im Praktikum schon verdient habe fange ich mich schon fast zu schämen. Zumal wir eine Gesellschaft voller psychischkranker Leben .... k.a was man dazu sagen soll außer das kaltblütig aus volkswirtschaftlicher Sicht Psychologie nur Kosten verursacht während andere Bereiche profitabel sind. Macht die ganze Sache aber dadurch eig. nur noch tragischer wenn man in letzter Kosequenz drüber nachdenkt. ;-)

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Was würdest du einem deiner Patienten raten, mit dem gleichen?

Welche Fragen würdest du stellen?

Welche Übungen würdest du anraten?

Welchen Rat würdest du dir selbst geben?

Welche Möglichkeiten kannst du dir selbst verschaffen, deine Wahrnehmung des Konflikts zu verändern?

Welche Möglichkeiten gibt es für dich, dich zu wehren?

Wie kannst du deinem Boss die Befriedigung, die er durch das Bossing bekommt, in einer anderen Weise verschaffen?

Wie kannst du mit weniger Arbeit, deinen Boss gut aussehen lassen?

Wie kannst du es schaffen, dass dein Boss dadurch besser aussieht, wenn er dich fördert anstatt disst?

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OP, entweder Kündigung provozieren, was verheerende Folgen für dein Arbeitszeugnis haben wird (es sei denn, du hast vorher schon eine andere Stelle). Intern in der Klinik wechseln geht auch nicht? Gibt es interne Verfahren gegen den Chef, es sieht ja so aus, dass du nicht der einzige mit Problemen bist und er im Allgemeinen die Arbeitsatmosphäre runterzieht.

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Wie lange musst du den Job noch machen?

Deine Mandel-Erkrankung dürfte ja jetzt durch sein, also sollte sich dein Krankenstand wieder im Normalbereich bewegen. Du machst eine gute Arbeit, von demher kann er dir nichts anhaben. Was die Kollegen von dir denken, mei das sind auch alles Speichellecker und haben selbst Angst der nächste zu sein, deswegen das feige Verhalten.

Du scheinst psychisch auch (noch) gut mit der Sache klarzukommen, aber du solltest aufpassen wenn du noch Jahre in so einem Umfeld arbeiten musst wirst du früher oder später selbst psychische Probleme bekommen.

Und bei allem, wichtig zu merken: Nicht du bist das Problem, sondern dein Chef ist einfach ein schlechte Führungskraft und hat wahrscheinlich psychische Probleme.

Zum Mobbing an sich noch eine Sache: Aus dem persönlichen Umfeld habe ich 3 heftige Mobbing Fälle miterlebt, und alle 3 Male hats die "Mobber" am Ende böse erwischt. Fall 1 Chef Hirnschlag aufm Parkplatz -> Tod mit 64 Jahren, Fall 2 Schwerster Sportunfall, mit 28 Jahren körperlich komplett am Ende, Fall 3 Selbst arbeitslos, Ehepartner Haus verloren etc.

=> Meine Meinung: Mobber werden früher oder später vom Schicksal ihrer gerechten Strafe zugeführt! :-D

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Ganz kurz schonmal danke für die Rückmeldungen. Sind ein paar gute und wichtige Ansätze dabei. Hab auch in einem langen langen Gespräch mit einem guten Freund noch ein paar wichtige Ansätze und zumindest einen möglichen Weg für mich entdeckt. Muss jetzt los aber ich schreib morgen nochmal ausführlicher.

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So... jetzt mal mit mehr Zeit. Ich habe mir am Wochenende einige Zeit genommen mit dem Versuch die Situation auch mal mit etwas Abstand zu betrachten. Einige der Anregungen hier und ein paar gute Gespräche haben mich dann doch weiter gebracht.

Zuerst einmal, ein interner Wechsel ist nicht möglich, da alles direkt ihm untersteht. Ich bin vertraglich noch zwei Jahre gebunden, für jeden Monat den ich früher aufhöre muss ich die übriggebliebenen Monate geteilt durch 24 zurückzahlen. Außerdem nehme ich mir die Möglichkeit die Aubildung schnell zu beenden. Was eine richtige Aussage ist, dass sich nach der Mandel-OP vieles verändert hat, beim heutigen Stand gibt es nichts womit er mich angreifen kann.

Ich bin froh, dass es mir im Moment gelungen ist, den "Konflikt" neu zu bewerten. Der für meine Stimmung fatale Fehler war es, mich auf sein Feld zu begeben. Die definitiv vorhandene Kränkung, die Machtlosigkeit demgegenüber und das Bedürfnis das gerade zu rücken sind in der aktuellen Lage nicht wirklich zielführend. Das Machtgefälle ist zu groß, jede direkte Intervention und Rechtfertigung meinerseits würde so wie ich ihn kenne als Angriff respektive Schuldeingeständnis aufgefasst werden.

Was hilft also? Die Konfliktverschiebung, der berühmte dritte Weg. "Wahrhaft siegt, der nicht kämpft." Wenn du deinen Feind nicht besiegen kannst gib ihm keinen Angriffspunkt. Ich werde mit offener Naivität vorgehen und alle seine Vorwürfe bestätigen. Dass ich so viele Krankheitstage habe, dass ich damit viel ausgefallen bin, nicht planbar war. Damit verbünde ich mich mit seinen Vorwürfen und lasse ihn komplett ins Leere laufen. Ich werde gleichzeitig einfließen lassen, dass die Statistik falsch ist, ich die Fehltage der OP in Absprache hatte, dass sich seit der OP alles verändert hat, dass ich natürlich(!) trotzdem besorgt bin aufgrund der vielen für ich ungewohnten Fehltage und mir meine Gedanken gemacht habe. Dass ich mich offensichtlich vor der OP überfordert habe indem ich trotz Vulnerabilität alle Hauptausfallzeiten in der Klinik war, dass das jetzt zwar nachweislich nicht mehr so ist aber ob er Vorschläge hat wie wir das so aufrecht erhalten können. Damit geb ich ihm die Kontrolle zurück und genüge seinem Kontrollbedürfnis ohne dabei mich selbst zu verbiegen.

Bei den Kollegen wird sich die Spreu vom Weizen trennen und wen ich einmal von mir begeistern kann, den krieg ich auch nochmal auf meine Seite.

Mittwoch ist mein Gespräch. Danke nochmal und drückt mir die Daumen.

Euer SunTzu ;)

bearbeitet von gone crazy back soon

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Und? Ist das Gespräch so gelaufen wie erwartet?

Das Gespräch lief blendend. Ich hab ihn seine Argumente vorbingen lassen und konnte ruhig und gelassen drauf erwidern. Konnte seine versuchten kurzen Angriffe gut parieren oder einfach stehen lassen. Die Fakten sprachen für mich, das war wichtig.

Es waren ein/zwei oberlehrerhafte Belehrungen betreffs meines "Selbstbildes" aus seiner Sicht dabei, die hab ich einfach ignoriert. Was für mich wirklich sehr sehr hilfreich war, war von meinem engen Konfliktblickwinkel abgerückt zu sein. Weniger gekränkter unnötiger Stolz, weniger Trotz. Das sind Dinge die mir aus diesem Thread und einigen guten Gesprächen Gesprächen klarer geworden sind.

Worüber ich besonders stolz bin. Ich habe ihn am Ende des Gespräches nochmal auf die Art des Umgangs miteinander angesprochen, mich zuerst für das klare Gespräch bedankt ihm dann aber nochmals persönlich offenbart, dass ich mir das in Zukunft bei Problemen genauso wünsche und diese Aktionen wie mich beim Essen anschreien nicht in Ordnung sind.

Seine Reaktion: "Jetzt seien sie nicht so wehleidig, Herr W."

Ich: "Herr D., das hat nichts mit wehleidig zu tun. Ich kenne Sie und weiß wie ich mit ihrer Kritik umzugehen habe. Worauf ich aber keine Lust habe ist, mich gegenüber Kollegen durch so etwas ständig in einer Rechtfertigungshaltung zu befinden."

Seine Reaktion hat mich verblüfft, schaut mich kurz prüfend an, "Hmm, OK, das kann ich akzeptieren. Dann machen wir das so..."

Ende vom Lied, er hat mir zugesagt, dass er sich in Zukunft anstrengen wird meine Grenzen zu respekieren. Im Gegenzug fordert er ein, dass meine weitere Leistung dem entspricht was die letzten drei Monate nach der OP zu beobachten war. Damit kann ich leben. Besonders interessant war für mich, dass ich im Nachhinein erfahren habe was für einen beschissenen Tag mein Chef an dem Tag hatte. Er muss noch zwei Stunden zuvor und auch danach Leute wegen Nichtigkeiten psychisch zusammengefaltet haben.

Ich bin inzwischen sehr dankbar für den Konflikt. Ich habe für mich viele neue Erkenntnisse gewonnen, habe mir Unterstützung gesucht, neue Sichtweisen übernehmen können und konnte ihm trotz allem selbstbewusst und offen gegenüber treten. Ich bin gespannt wie es weitergeht. ;-)

bearbeitet von gone crazy back soon

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Er muss noch zwei Stunden zuvor und auch danach Leute wegen Nichtigkeiten psychisch zusammengefaltet haben.

Dass so jemand selbst als Therapeut tätig ist, entbehrt nicht einer gewissen Ironie. ;-)

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Er muss noch zwei Stunden zuvor und auch danach Leute wegen Nichtigkeiten psychisch zusammengefaltet haben.

Dass so jemand selbst als Therapeut tätig ist, entbehrt nicht einer gewissen Ironie. ^_^

Das Verrückte ist, dass er trotzdem ein total erfolgreicher Therapeut sein kann. Oft reagieren Psychotherapeuten aber erst mit der Zeit, besonders in vulnerablen Situationen (Stress zuhause, mit anderen) auf die Inputs ihrer Klienten und entwickeln dann problematische Habits. Für eine Führungskraft in dem Bereich ist Coaching und Supervision genausowie 360° Feedback JEDES Jahr eigentlich absolute Pflicht, damit die eigene Wahrnehmung Feedback bekommt. Ansonsten läuft man als Therapeut Gefahr, einen Ansteckungseffekt durch die Patienten mitzunehmen, wenn man selber in einer vulnerablen Position ist.

In der Systemtheorie würde man sagen, das Externe Element wird dann von der internen Welt assimiliert, so dass die Hauptkomponente des externen Elements, die externe Wahrnehmung, verloren geht.

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