Raus aus dem Sumpf!

28 Beiträge in diesem Thema

Empfohlene Beiträge

Mir scheint, dass Du zunächst Deine Alkoholsucht in den Griff kriegen solltest, muhnbuht. Meiner Erfahrung nach hat ein Mehrfachabhängiger (bei Dir ja wohl Kiffen&Saufen) wenig Aussichten, dieses Problem allein zu bewältigen, im Gegenteil, jeder Rückfall killt das Selbstvertrauen so nachhaltig, als hätte man ihm einen direkten Kopfschuß verpaßt und verstärkt den Drang, das süchtige Verhalten fortzusetzen und zu intensivieren, bis man sich dann irgendwann jeden Tag ins Notaus schießt. Und das muß ja vielleicht nicht sein.

Andererseits hätten stationäre Entgiftung und stationäre Reha bei Dir vergleichsweise gute Aussichten auf Erfolg und wenn Du da jetzt gleich beigehst, bist Du rechtzeitig zum Frühling fertig und kannst Deine anderen Probleme angehen.

Man muss dieses Problem nicht überdramatisieren. Ich saufe, ja, aber ich kiffe nicht. Und 1/2 Flasche Wein am Tag ist auch nicht wirklich ein Fall für die Reha. Das zu unterlassen geht mit reiner Willenskraft. Diese Sucht hat keine körperlichen Auswirkungen sondern ist nur ein kleines Nagen im Kopf, das dir sagt, "komm, ein Glas willst du doch, komm schon, nur zur Entspannung, das wäre doch jetzt so richtig nett oder?" Diese Stimme kann man ignorieren, das weiß ich, da ich vor einigen Jahren mit dem Kiffen und dem Rauchen aufgehört habe - einfach so, von einem Tag auf den anderen. Man muss es nur wollen, aber offensichtlich will ich das zur Zeit nicht, ich weiß selbst nicht, warum....

Kannst Du Arbeit und Freizeit räumlich zu trennen? Gibts bei Dir auf der UNI/Institut zB Arbeitsräume, wo man in relativ ruhiger Umgebung werklen kann? Wenn Du dort nur einen Schreibtisch und Laptop hast, fällt schon einiges an Ablenkung weg (zB ist die Versuchung sich Porno reinzuziehen deutlich kleiner :-). Etwas sozialer Kontakt mit anderen Studenten kann hingegen durchaus positiv sein.

Das hilft stark dabei den Tagesablauf zu struktuieren. Wenn Du auf der Uni bist ist dann klar, dass Deine Hauptaufgabe arbeiten ist. Zuhause kannst Du dann tun und lassen was Du willst.

Ich habe gegen Ende meines Studiums fast ausschließlich auf der Uni gelernt.

Ich habe einen eigenen Arbeitsraum an der Uni, den ich auch regelmäßig besuche. Aber mit der Produktivität klappt es trotzdem nicht. Ich surfe dort eben im Internet und trödle herum... Ich habe mir vorgenommen, beim Arbeiten das Internet auszustecken, vielleicht wäre es aber am konsequentesten gleich ganz auf die Bibliothek umzusiedeln - denn dort herrscht eine striktere Lernatmosphäre als im eher legeren studentischen Arbeitsraum...

PS: Wie hat die Sache bei Dir eigentlich angefangen? Warst Du immer schon so schlaff? Oder gabs Ereignisse durch die Du die Motivation verloren hast?

Das ist eine sehr gute Frage, gut, dass du sie hier stellst!

Ich werde hier mal kurz meinen Werdegang und meine Gedanken dazu schildern:

Ich denke eine gewisse Grundtendenz zur Faulheit hatte ich schon immer. Ich war so weit ich mich zurückerinnern kann ein Langschläfer - Ob Kindergaten, Volksschule oder Mittelschule - für meine Mutter war es jeden Tag ein Krampf, mich aus dem Bett zu bekommen. Und ich habe wohl in der Mittelschule eine alles-auf-den-letzten-Drücker Arbeitshaltung entwickelt. Also lernen einen Tag vor der Klassenarbeit, dafür die ganze Nacht durch. Erst wenns wirklich brenzlig wurde, habe ich mich angestrengt, diese Arbeitseinstelllung habe ich bis heute nicht ablegen können.

Nach der Schule habe ich dann mit Rauchen und Kiffen angefangen, und bin jedes Wochenende exzessiv ausgegangen - exzessiv nicht im Sinne von Alkohol und Drogen, sondern was die Zeit betrifft - meist von 12 Uhr Nachts bis 12 Uhr Mittags. Interessanterweise war ich trotz allem ein ausgezeichneter Student, hatte im ersten Jahr nur Einsen und habe bis etwa zum 3. Jahr noch die Mindeststudiendauer eingehalten.

Der erste Leistungseinbruch kam mit der ersten Freundin. Das war im 3. Jahr. Plötzlich ging alles bergab, obwohl ich mit dem Ausgehen und dem Kiffen aufhörte. Ich weiß selbst nicht genau warum, aber meine Leistungseinbrüche korellieren mit Langzeitbeziehungen. Vielleicht machen mich Beziehungen einfach träge, ich weiß es nicht. Mit Sicherheit hat es aber etwas mit meiner Arbeitsweise zu tun: Ich habe mir im Studium angewöhnt, das ganze Semester alles schleifen zu lassen, und dann am Ende des Semesters exzessiv zu Arbeiten - mit durchgemachten Nächten und ganzen Wochen, in denen ich nicht mehr als 4h Schlaf pro Tag habe, alles ander vernachlässige und die Zeit an Uniprojekten arbeite (So eine Woche hatte ich gerade eben wieder hinter mir, jedoch nicht für ein Uniprojekt). In der Beziehung funktioniert diese Arbeitsweise aber nicht - Eine Freundin erwartet, dass du Zeit für sie hast, mit ihr die Nacht verbringst, dich bei ihr meldest, die Wochenenden für sie frei hältst. Es schaute nun so aus, dass ich das ganze Semester das Studium schleifen ließ, und das Ende des Semesters nur halbherzig meinen Projekten widmete.

Nach der Beziehung kam ein Auslandssemester und ich war wieder "dabei", in diesem Semester machte ich trotz exzessivem Ausgehens und einiger Liebschaften mehr Semesterwochenstunden als notwendig. Darauf folgte ein recht erfolgreiches Hochschuljahr, in dem ich nur studierte, nicht rauchte, nicht kiffte, nicht trank, nicht ausging und nichts mit Mädchen am Laufen hatte. Trotz der fehlenden Ablenkungen, war dieses Jahr aber nicht so erfolgreich wie frühere Semester. In diesem Frauen- und ereignislosen Jahr wurde ich wahnsinnig unzufrieden mit mir selbst. Ich beschloss, mich von oben bis unten umzustylen und mir einen ausgelasseneren Lebensstil zurückzuholen. Es fing eine kurze Periode intensiven Ausgehens - diesmal aber in Zusammenhang mit exzessivem Alkoholkonsum an. Ich bemerkte, dass ich unter Alkoholeinfluß sehr viel besser bei den Frauen ankam (ich hatte in einem Monat mehr Frauen als in meinem ganzen Leben zuvor), und ging nur noch sturzbetrunken fort. Aus dieser Ausgehperiode stammt meine derzeitige Beziehung, in der, wie in der vorigen Langzeitbeziehung, nichts mehr auf der Uni weitergeht, und das, obwohl mir meine Freundin sehr viel mehr Zeit für mich lässt, als die letzte. Am Zeitmangel alleine kanns also nicht liegen... Was in den letzten jahren dazu kam, ist, dass ich den Enthusiasmus für mein Studium verlor. Irgendwann kam der Zeitpunkt, indem ich merkte, dass ich all die Jahre eigentlich nichts dazu gelernt hatte, und nicht viel weiter bin, als im ersten Jahr, obwohl ich den Zeugnissen nach schon fast fertig sein sollte. Ich versuchte es zuerst mit Lehrveranstaltungen aus anderen Studienrichtungen, und gab aber, wohl angesichts der Abgründe meines Nicht-Wissens, die sich mir dabei auftan, irgendwann auf, zu hoffen, dass ich meine Wissenslücken noch aufholen könnte. Das wäre eigentlich ein guter Grund gewesen, nun endlich mit dem Studium abzuschließen, aber irgendwie habe ich resigniert. Vielleicht habe ich das Gefühl, ich verdiene diesen Abschluss nicht, vielleicht habe ich Angst, vor dem was danach kommt. Ich weiß es nicht, die Motivation ist jedenfalls futsch.

Mein Alkoholproblem stammt übrigens nicht direkt aus der betrunkenen Aufrisszeit, sondern ist sehr viel jünger. Das fing vor etwa einem Jahr an, als ich begann, mich für Wein zu interessieren. Ich denke erst die Kombination von meinen enthemmten Trinkgewohnheiten und meinem geschmacklichen Interesse an Wein hat das Tor zum Alkoholismus geöffnet - Er schmeckt mir und ich mag die Wirkung. Vorher mochte ich nur die Wirkung, und wenn ich sie nicht "brauchte" , dann hatte ich auch keine Lust auf Alkohol...

Ich weiß nicht so recht, was für ein Fazit ich dieser "Rückblende" geben soll... aber ich denke es war wichtig, diese Gedanken aufzuschreiben, danke nochmal für den Gedankenanstoß!

bearbeitet von muhnbuht

Diesen Beitrag teilen


Link zum Beitrag
Auf anderen Seiten teilen

Wie ist es bei Dir weiter gegangen ?

Diesen Beitrag teilen


Link zum Beitrag
Auf anderen Seiten teilen

Erstelle ein Mitgliedskonto, oder melde Dich an, um zu kommentieren

Du musst ein Mitgliedskonto haben, um einen Kommentar verfassen zu können

Mitgliedskonto erstellen

Registriere Dich ganz einfach in unserer Community.

Mitgliedskonto registrieren

Anmelden

Du hast bereits ein Mitgliedskonto? Melde Dich hier an.

Jetzt anmelden

  • Wer ist Online   0 Mitglieder

    Aktuell keine registrierten Mitglieder auf dieser Seite.