Pickup historisch

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EINLEITUNG

Viele glauben Pickup wäre ein Kind unserer Zeit, um den von der Emazipationsbewegung verunsicherten Männern einen Leitfaden an die Hand zu geben, wie sie wieder zu echten Männern werden und Erfolg bei Frauen haben können.

Natürlich gab es auch schon vor Jahrhunderten bekannte Aufreißer und Verführer: Casanova, Don Juan, etc. Aber es wird oft vermutet, dass diese bestimmte Tricks drauf hatten, die sie aber nicht verrieten und erst durch die Pickup Community aufgedeckt wurden - und AFCs würde sowieso erst seit einigen Jahrzehnten geben

Wahr ist vielmehr: AFCs und Naturals gab es schon immer. Und auch Ratgeber, die den glücklosen AFCs auf die Sprünge helfen wolle gibt es länger, als man vermutet.

Im Jahre 1 n. Chr. veröffentliche der römische Dichter Publius Ovidius Naso, genannt Ovid, seine "Ars amatoria" (dt. Liebeskunst).

Abgehandelt werden in zwei Büchern die Themen:

* Wo und wie kann man in Rom ein Mädchen kennenlernen? (1. Buch)

* Wie kann man sie verführen und ihre Liebe gewinnen? (1. Buch)

* Wie kann man sie halten? (2. Buch)

Das Themengebiet ist damit deckungsgleich mit den modernen Verführungsratgebern, allen voran LdS

Die Werke wurden, wie damals üblich, als Lehrgedicht geschrieben, wobei Ovid aber die dafür unübliche lyrische Form für Liebesgedichte verwendete, was als Stilbruch bezeichnet werden kann. Es ist also kein Lehrbuch oder Ratgeber im heutigen Sinn, wo trockene Fakten vermittelt werden, sondern sollte auch der Unterhaltung dienen.

Ars amatoria wurde ein Riesenerfolg, so dass Ovid ein drittes Buch nachschob, in welchem er equivalente Tipps für Frauen gab. Es wurde also schon damals an Cats gedacht. Auch dieses Buch war erfolgreich, und Ovid schrieb ein viertes Buch: "Remedia amoris" (Heilmittel gegen die Liebe), in welchem er beschreibt wie man eine Beziehung beendet und über den Liebeskummer hinwegkommt.

Das Werk war schon damals nicht ganz ohne Brisanz. Es ist überliefert, dass der römische Statthalter von Thrakien, Vivianus Rhesus, empört reagiert haben soll. Und auch Kaiser Augustus, der eine moralische Erneuerung Roms im Programm hatte, war das Buch ein Dorn im Auge. Es lieferte 8 Jahre später den Vorwand für die Verbannung Ovids (in Wahrheit war wohl aber der Grund, dass Ovid Mitwisser um die Ehebruchsaffäre von Iulia, einer Enkelin Augustus, war)

In den kommenden Jahrhunderten wurde Ars amatoria immer wieder verboten oder kam auf den Index, z. B. in Florenz 1497, in England 1599 und zuletzt 1930 in den USA.

Es ist noch zu beachten, dass das Werk natürlich auch ein Kind seiner Zeit war und vor diesem Hintergrund zu lesen ist. Die Stellung der Frau in der Gesellschaft und auch die Beziehung zwischen Mann und Frau in der Ehe war gänzlich anders als heute. Die Ehe wurde oft arrangiert und aus politischen oder wirtschaftlichen Gründen geschlossen. Ähnlich wie im antiken Griechenland wurde zwischen der Ehefrau, die für die Nachkommenschaft zu sorgen hat, und der eigentlichen Geliebten unterschieden. Das Konkubinat war daher weit verbreitet und anerkannt. Zwar gab es auch Bestrebungen, die die eheliche

Treue als Ideal darstellten, aber das war die Ausnahme.

Im folgenden greife ich auf die deutsche Übersetzung von Alexander von Gleichen-Rußwurm (1865-1947, ein Urenkel Friedrich Schillers) zurück, die mir für uns verständlicher erscheint als die Übersetzung Heinrich Lindemanns aus dem Jahr 1860. Dabei werde ich den Vergleich zu "modernen" PU-Techniken und Lehren ziehen.

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ERSTES BUCH

Zunächst spricht Ovid seine Zielgruppe an.

Wer unter euch noch unvertraut der Kunst zu lieben

Lausch' meinem Lied! Es wird in der Liebe gelehrt

Man könnte also sagen: AFCs

Dann erfolgt die Mahnung, dass die Kunst nicht einfach so einem zufliegt, sondern, dass es Übung und Erfahrung braucht.

Nicht von Phöbus habe ich die Kunst der Liebe gelernt

Nicht von Volgelsang, noch von göttlichen Boten

[...]

Nur die Erfahrung, die treue, belehrte mich langsam.

Ist das nicht glaubhaft, was klug Erfahrung uns kündet?

Interessant ist, dass anscheinend Ovid nicht von Anfang an an Natural war, sondern erst langsam durch Übung, durch Try+Error hinter die Mechanismen der Verführung kommen musste. Dies war auch bei den PU-Veteranen so.

Dann wendet sich Ovid der Thematik zu, wo man Frauen treffen kann, und bemerkt, dass Rom "die schönsten der Schönen" hat - was soll er als guter Römer auch anderes sagen? Dabei bemerkt er, dass es keinen Unterschied macht, ob man nun junge oder reifere Frauen bevorzugt. Es folgt eine Auswahl der Top-Locations von Rom: Der Park des Pompejus, die Arkaden der Livia, zum Fest des Adonis und auch das Forum, wo eigentlich Reden gehalten werden. Ovid will damit sagen: "Ihr könnt Frauen überall ansprechen".

Er ewähnt als besonderen Event noch das Rennen im Zirkus, da sich dort die Leute drängen und man direkt auf Tuchfühlung gehen kann. Dabei, so mahnt er, soll man nicht unbedingt auf IOIs warten

Duch das frohe Gewimmel windet sich Armor geschickt

Dort ist lautes Geplapper gestattet und heimlich

Brauchst du nicht Augen- und Fingersprache zu üben

Noch auf die Fächerantwort der Schönen zu warten

Dicht an die Seite der Holden musst Du dich schlängeln

Im Gedräng kann sie deiner Berührung nicht fliehn

Dann kommt Ovid zur Sache, und er schreibt, was das Ziel sein soll:

Leih' mir noch weiter das Ohr: Heikles will ich berühren

[...]

Lerne bezaubern nun selbst, wo du ein Bezauberter warst

Werde zum Herrscher durch List, kunstvoll dir meisternd den Sinn

Wißt, die ihr alle bebt vor heißem Begehren,

Niemals gab es ein Weib, das der Liebe nicht willig

[...]

Eher jagt der furchtsame Hase den fliehenden Jagdhund

Als daß mit Willen ein Weib verzichtet auf Liebe.

Voll begehrender Sehnsucht verzehrt sich die Spröde,

Doch sie versteht, gelassen und kalt sich zu zeigen

Ungeschickt nur verrät sich der glühende Jüngling

Das könnte, die schnörkelige Sprache mal ausgenommen, so 1:1 hier aus dem Forum stammen. Frauen wollen Sex, auch wenn sie es nicht offen sagen und zeigen, und durch Techniken kann man erlernen sie zu verführen. Ovid empfiehlt dann Smalltalk zu machen, inklusive DHV:

Dann beginne zu plaudern, wie schlicklich und üblich

Erzähle, wem dieses Gespann, wem jene Farbe gehört

Nun kommt ein Rat, der aus heutiger Sicht nicht PU-konform wäre:

Wett auf den Wagen, den die Erwählte bevorzugt

Sei einer Meinung mit ihr und birg die eigene Ansicht.

Ovid tendiert, wie man im weiteren Verlauf noch öfter bemerkt, eher dazu sich bei der Frau regelrecht einzuschleimen, statt einen eigenen Standpunkt zu vertreten. Laut PU ist das falsch, da die Frau dies als Einschleimerei erkennt und die Attraction dadurch sinkt. Irrt Ovid sich? Wohl kaum, da er selbst sehr erfolgreich damit war. Irrt PU sich? Auch das denke ich nicht. Sind die Frauen heute anders? Ich glaube kaum. Ich denke eher, dass es vom Charaker der Frau abhängt, ob einschleimen funktioniert. Hinzu kommt: Ovid steht, wie man zwischen den Zeilen lesen kann, auf ältere Frauen. Als er Ars amatoria schrieb war er selbst bereits 44. Jüngere Frauen werden ständig angesprochen und bekommen viele Komplimente, von daher besteht da eine gewisse Übersättigung. Ältere Frauen bekommen so etwas deutlich weniger zu hören.

Nachdem ein wenig geplaudert wurde, solls übergehen zum leichten KINO:

Wenn der Staub , von den Hufen aufwärts gewirbelt

Bis zu der Schönen Gewand sich verirrt, entferne das Sandkorn

Ganz behutsam und zärtlich vom lieblichen Schoße

Fliegt aber kein Stäubchen herauf, so tu nur dergleichen

Lasse im Faltenwurf froh die Hand sich Vergnügen

Es folgen einige Gleichnisse über das Vergnügen der Jagd auf Frauen die nicht direkt relevant sind. Und dann noch einige Zeilen für die Motivation

Unverzagt also lauf Sturm auf das Herz der Geliebten

Eine kaum gibt es, die sich nicht gerne und willig

Süßeste Kunst zu gewähren dem Fordernden hingibt

Immer verlangt sie jedoch heißes Umwerben des Mannes

Leicht wird versagen ihr nicht und darf dich nicht kränken

Doch warum zweifeln und zaudern? Was stehst du noch immer

An des Glückes heimlicher Pforte? Neue Wonne lockt traut.

Um an die Dame ranzukommen rät Ovid das Vertrauen ihrer Bediensteten zu gewinnen, namentlich der Zofe. Sie soll dann sagen, wie die Chancen stehen, soll Botschaften überbringen und dergleichen. Für unsere Zeit ist das so natürlich nicht verwendbar. Teilweise kann man die Rolle der Zofe heute mit Freundinnen

ersetzen.

Ovid geht auf den Gedanken ein, ob man, bis die Dame erobert ist, sich nicht ein wenig mit der Zofe vergnügen sollte. Er rät davon ab, da man damit sein eigentliches Ziel sabotieren könnte. Wenn es aber soweit ist, dass die Dame erobert ist, könnte man sich auch noch mit der Zofe beschäftigen.

Anschließend warnt Ovid davor, teure Geschenke zu machen

Schlau vermeide es, Geschenke zu machen

Klug sind die Frauen, Gelegenheit nützen sie aus

Ach! wie oft wird sie noch um Geschenke dich kränken

Denn Geburtstag ist immer, sobald sie etwas ersehnt

Damit warnt er generell davor sich ausnutzen zu lassen um die Gunst der Dame zu erhalten. Dies geht konform mit PU-Ansichten. Man soll Geschenke kaufen, weil man dies will, nicht weil man hofft, dadurch mehr Chancen zu haben. Nun geht es bei Ovid darum, wie man das Herz der Dame erreicht und schlägt vor einen Liebesbrief zu schreiben

Zierlich zum Ansehn und reich an zierlichen Reden

Schreibe den ersten Brief. Wie dir's um Herz sei, steh drin

Bangendes Glück, leidvolles Harren und Hoffen

[...]

Neige den Stolz - wer du auch seits - vor der Schönen

Demütig Flehen erhört sie, nicht stolzes Verlangen

Dies ist es, was ich vorhin mit einschleimen meinte. Ob dies heute noch verwendbar ist mag jeder selbst entscheiden. Allgemein wird ja immer von Textkommunikation abgeraten. Möglicherweise geht Ovid auch davon aus, dass ein gut geschriebener Brief DHV ist

Lernt, junge Leute, die Kunst, fein zierlich die Worte zu setzen

Brauchen werdet ihr oft, was ihr mit Mühe gelernt

Er gibt noch einige Tipps: Selbstlob soll vermieden werden. Allerdings soll man nicht davor scheuen, alles mögliche zu Versprechen

Reich ist die Welt an Versprechen, versprich nur Sonne und Mond.

Alles versprich, was es gibt. Versprechen kosten dir nichts.

Nicht gerade die feine römische Art. Aber "Fake it 'till you make it" ist ja auch nicht so weit davon entfernt. Sollte die Dame den Brief ungelesen zurück schicken soll man es ruhig ein weiteres mal versuchen.

Dann gibt Ovid ein paar Styling-Tipps. Diese sind meines Erachtens zeitlos:

Erkünstelte Haartracht vermeide, weibische Sitten lass

Männern geziemt die natürliche Frische vor allem

Gut sei dein Anzug gemacht, doch fall er nicht schreiend ins Auge

Zähne und Mund blinken frisch, so reizt du zum Küssen

Passendes Schuhzeug trage, abschreckend wirkt schlechtes

dein Haar, lass nach der Regel es schneiden

Stoppeln am Kinn sind gemein, zeige dich immer rasiert

Sauber, poliert und kurz halte die Nägel geschnitten

Hüte dich auch, stark wie ein Böcklein zu duften

Sonst nicht weiter sonst, weibische Künste lass

Also: sei gepflegt, ziehe dich ordentlich an, aber überteibe es nicht mit extravagantem Styling. Das kann man auch heute noch so unterschreiben.

Nun geht es zum eigentlichen Date, wofür Ovid auch einige Ratschläge parat hat. Zunächst soll man sein sexuelles Interesse subkommunizieren.

Zärtliche reden, versteckt in zweideutiger Sprache

Künden den Wunsch den du hegst. Mühlos versteht sie den Sinn.

Vorsicht mit dem Alkohol

Halt beim Trinken das Maß, Herre deiner Sinne du bleibst

Dann wird es Zeit für KINO

Wählt in der Schale sie Obst, dann streichle selbst wählend die Hand

Stehen die Gäste auf, schmige dich sanft an die Schöne

und Eskalation bis zum KC

Was du begehrst sage frei, nutze die günstige Stunde

Kühnen lächelt das Glück, schüchtern sind Tölpel allein

Auch sußer Küsse Gewalt, wer möchte sie missen

Wehrt sich die Schöne, mit festem Willen bezwing sie

Feigling wird sie dich nennen, doch hör aus der Drohung

Daß es ihr höchster Wunsch, deiner Kraft sich zu fügen

Ist der Kuß gewagt, besiege feurig die Spröde

Zauderst du noch - verdienst du verlorenes Spiel

Und, man glaubt es kaum, Ovid kannte auch schon den Freeze Out:

Weist die Schöne jedoch mit Hohn zurück deine Werbung,

Würdig benimm dich, verschmähe winselnde Klage

Reize mit Kälte den Stolz, warte, sie kommt dir entgegen

Am Ende des ersten Buche gibt Ovid noch Rat zu den verschiedenen Charakteren der Frauen

Soll ich am Schlusse noch älteste Weisheit verkünden

Daß so verschieden die Frauen, wie reich an der Zahl

Daß so verschieden die Mittel auch, sie zu verführen

Anderer Boden, das weißt Du, gibt andere Frucht

Wenn Dir ein Mittel versagt, getrost versuche ein neues

Alteres Wild ist klug und wittert von weitem die Schlinge

Gehst du zu rasch ins Zeug bei jungen, unschuldigen Kindern

Stößt Du die Armen nur ab, sie werden dir stutzig

Prüde erheischen besondere Vorsicht. Doch ihnen geschieht es,

Daß sie, den Ehrlichen fürchtend, dem Wüstling verfallen

Damit endet das erste Buch. Als erste Zwischenbilanz kann man ziehen, dass die Erkenntnisse aus Pickup alles andere als neu sind. Ovid hat sie vor über 2000 Jahren schon beschrieben, wenn auch in dem einen oder anderem Detail abweichend.

Hat Ars amatoria heute noch einen praktischen Nutzen? Für erfahrene PUler vielleicht nicht, außer vielleicht Unterhaltung und historische Forschung und Vergleich. Für AFCler sind die Erkenntnisse jedoch immer noch revolutionär, auch der ein oder andere Anfänger mag vielleicht noch eine Inspiration aus dem Werk beziehen.

bearbeitet von herry

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Ich find deine kleine Analyse super.

Zum Thema Textkommunikation:

Anders als heute wo praktisch jeder mit jedem schreiben kann, schrieb man in der römischen Gesellschaft nur zu besonderen Anlässen oder wenn die mündliche Kommunikation sehr erschwert war. (Der Historiker spricht von einer "face-to-face society"). Das schreiben eines Briefes ist also eine große Besonderheit, vor allem je nach verwendetem Material (money-DHV?). Da Ovid selbst sehr gut dichtete liegt es nahe, dass er das auch bei Frauen einsetzt. Vielleicht funktionierte das in Rom auch deshalb besser, weil Wortgewandtheit/ Rhetorik eine hohe gesellschaftliche Bedeutung hatte.

Ob junge Frauen mit Komplimenten überhäuft wurden weiß ich nicht. Insgesamt ist es leider so, dass wir wenig über das Leben römischer Frauen wissen: Die antiken Geschichtsschreiber, die für die Forschung wichtige Quellen darstellen, berichten über die großen Feldherren und Politiker- Frauen kommen da nicht vor, außer sie sind durch ihre Verbindung zu einem Mann historisch bedeutsam (wie zum Beispiel Livia, die Frau von Augustus).

Lerne bezaubern nun selbst, wo du ein Bezauberter warst

Hier sieht man übrigens einen Vorschlag für ein schönes Refraiming

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Hey finde ich persönlich super die Idee.

Hätte natürlich noch besser sein können, Orginal in Latein und persönliche Übersetzung :lol:

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Ich find deine kleine Analyse super.

Danke :-D Auch für deine sinnvolle Ergänzung zur Textkommunikation. Das entspricht auch einer meiner Vermutungen, dass alleine schreiben eines Briefes DHV war. Was die Komplimente angeht ging ich einfach mal davon aus, dass es damals nicht anders als heute war: Die meisten Männer stehen halt auf jüngere Frauen.

Einen Aspekt finde ich noch etwas verwirrend. Männer konnten neben der regulären Ehefrau noch noch andere Frauen haben, was allgemein und gesellschaftlich akzeptiert war. Nach dem was ich gelesen habe, war dies umgekehrt bei verheirateten Frauen nicht akzeptiert. Nach der Lex Iulia de adulteriis coercendis war der Ehebruch der Frau sogar strafbar. Trotzdem war es wohl de facto so, dass verheiratete Frauen durchaus Affären hatten, und zwar nicht zu knapp. Ovid sprich mehrmals explizit in seinem Werk davon, die Ehefrau eines anderen zu verführen (man soll sich aber dabei des Wohlwollens und der Freundschaft des Ehemannes sicher sein). Insbesondere von Valeria Messalina, der dritten Frau des Kaisers Claudius, ist ja bekannt, dass sie etliche Liebhaber gehabt hat. Es kann natürlich sein, dass die Lex Iulia de adulteriis zwar politisch von Augustus gewollt, aber gesellschaftlich nicht durchsetzbar war.

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ZWEITES BUCH

Im zweiten Buch geht Ovid darauf ein, wie man die Dame, die man erfolgreich verführt hat behält

Liebe gewinnen gelang dir. Lern sie zu erhalten

Dieses fürwahr ist die Kunst, die Kunst zu lieben sich nennt

Vielleicht war's Glück nur, daß die die Beute zuteil ward

Doch was der Zufall errang, sichert die Kunst dir gewiss

Und wieder der Hinweis darauf, das eine glückliche Beziehung kein Zufall ist, sondern erlernt werden kann. Dass dies keine Zauberei ist, darauf weist Ovid explizit hin

Also - versteh mich - nutzlos sind Tränklein zur Liebe

Jener nur bleibt geliebt , der liebwert sich weiß zu bewähren

Gleich zu Beginn gibt Ovid den Rat, sich nicht nur auf die eigene körperliche Attraktivität zu verlassen

Geselle der Gliederpracht geistige Gaben

Um die Geliebte zu fesseln, sonst lacht sie bald deiner.

Klugheit erwirb, statt schwindenden Reizen zu trauen

Bilde den Geist, dem kommenden Alter zu trotzen

Meines Erachtens meint Ovid damit nicht unbedingt, dass man wie ein Nerd alles mögliche Wissen in sich hinein stopfen soll. Vielmehr soll man seinen Charakter und seine Persönlichkeit entwickeln. Deswegen gibt er auch weitere Tipps zur Charakterentwicklung. Man soll unterhaltsam, gütig und friedfertig sein

Also verzichte auf Streit und verzichte auf beißende Rede,

Süßes Geplauder vor allem stützt die Liebe und stärkt sie

Scherzend und heiter näh're dich immer der Freundin

Sicher nur dann, daß dein Kommen ein Willkommen bleibt.

Ovid macht nun eine Einschränkung bezogen auf seine Zielgruppe

Reichen Bewerbern die Liebe zu lehren, erlaß mir

Wechselnde Gunst mit Geschenken erhalten ist leicht

Räume den Reichen das Feld, sie sind mächtiger als Dichter

Armen ein Führer bin ich, denn arm liebt ich selber

Mit anderen Worten: Dein Game kann noch so gut sein, gegen den Pimp mit der dicken Karre und den teuren Geschenken wirst Du nicht ankommen. Auch wenn viele PUler das anders sehen werden, ich denke, bei der Mehrzahl der Frauen wird dies auch heute noch so sein.

Dass nicht alles immer Friede, Freude, Eierkuchen ist weiß Ovid natürlich auch

Kämpfe mit Männern im Krieg, doch halte Frieden im Haus

Scherze und übe mit Kunst, was dir Liebe gewährt

Dulde die Kälte, dulde die Launen der Freundin

Warte als Weiser beruhigt, es wird sich schon ändern

Das bedeutet nichts anderes als "Sei C+F, nimm Drama nicht ernst". Ich finde es immer wieder erstaunlich, dass Ovid vor 2000 Jahren zu den selben Erkenntnissen gelangt ist wie die PU-Veteranen.

Aber nun folgt ein Rat, den ich nicht so recht weiß einzuordnen

Wenn die Geliebte versagt, die Zaubergabe zu spenden

Füge dich willig, du siegst, indem du ihr nachgibst

was sie verlangen mag tu! Spiel jegliche Rolle

Man soll also bei Sexentzug (zum Schein) auf ihre Forderungen eingehen. Dies mag temporär auch wirklich helfen, führt aber direkt zur Betaisierung. Warum Ovid trotzdem dazu rät kann ich nicht sagen - zumal er später auch dazu rät, einen anderen Kurs zu fahren, siehe weiter unten.

Ovid empfiehlt weiterhin, sich mit dem Umfeld der Dame (ihre Diener, Sklaven, Freunde) gut zu stellen. Das scheint mir selbstverständlich zu sein. Dann warnt er nochmal ausdrücklich davor, zu viel Geld für die Dame auszugeben

Reiche Geschenke zu spenden will ich nicht raten

Auch der Geliebten gib wenig, aber gib es mit Kunst.

Soll ich dir raten auch Verse zu schicken, zärtliche Verse?

Des Dichters lieblich Geschenk, ach! wenig steht es in Ehren

Wird es auch manchmal gelobt, schnöde Münze gilt werter,

Und ein Barbar, wenn er reich ist, gefällt, so kündet Erfahrung

Ovid muss wohl eine schmerzliche Erfahrung diesbezüglich gemacht haben. Eventuell wurde er mal von einem reicheren Nebenbuhler ausgestochen. Wie dem auch sei, ich gehe da mit ihm d'accord

Es folgen einige Zeilen darüber, dass man die Geliebte mit Lob und Komplimenten überhäufen soll. Dazu siehe die Anmerkungen zum ersten Buch. Dann der Rat, dass man sich um die Dame kümmern soll, wenn sie krank ist. Erheiternd ist die Bemerkung, dass man aber das verabreichen von bitteren Medikamenten dem Nebenbuhler überlassen soll.

Interessant finde ich die nächste Bemerkung

Täglich, nein stündlich sei da, immer zu Augen der Herrin

Bleibe und wisse mit Anmut Langweile zu tragen

Erst wenn Du felsenfest glaubst, daß fehlend du fehlest

Laß dich entbehren. Dann fragt sie voll Unruh nach dir

Warte ein Weilchen entfernt. Schonzeit braucht jeglicher Acker.

Also, wenn sie nicht mehr ohne dich kann, solltest du etwas Abstand gewinnen. "Gib ihr das Geschenk des dich Vermissens" heißt es im PU. Aber Ovid mahnt auch, es nicht zu übertreiben

Bleibe zu lange nicht aus! Sehnsucht stirbt mit der Zeit,

Schnell ist vergessen ein Freund, der aus den Augen entschwindet

Schneller, als du es ahnst, findet ein Fremder Gehör

Das ist durchaus berechtigt. Andererseits hatte Ovid noch kein Handy. Er kommt dann auf das Thema MLTR zu sprechen.

Bei allen Göttern, einer Geliebten

Treu dich zu wünschen fällt mir nicht ein

Aber mit Frauen Doppelspiel meide oder bewahr das Geheimnis

Sollte die Schöne von Untreue hören

Leugne mit eisener Stirn, leugne, was offen dem Blick

Zeige dich niemals betreten in schmeichelnde Demut

Ich glaube, bei aller Aufgeklärtheit, dass auch heute die allerwenigsten Frauen offen mit einer MLTR umgehen können. Also lasst es oder sagt nichts - zumindest wenn die Beziehung in Ordnung ist. Wenn sie das nicht mehr ist, gilt etwas anderes. Das meint auch Ovid

Riet ich soeben nicht, Untreue listig zu bergen?

Laß es genug sein, prahle jetzt mit Erfolgen

Schlecht dient dem Liebenden schüchterne Nachsicht und Langmut

Denn es versiegt das Feuer der Schönen, wähnt sie sich sicher

Laß sie nicht gähnen im kampflosen Glück, lass sie Feindinnen fürchten

Flammen verlöschenn unter der Asche, nährt sie kein Brennstoff

Wärme die kältende Glut, reize die Sinne der Schönen

Daß sie erbleicht und dich haßt, erfährt sie, was du getan

In PU übersetzt: Bei Betaisierung Frame halten, interessantes Leben führen ...

Hat jedoch sie den Krieg dir offen im Zorne erklärt

Nur auf dem Lager allein beginne Friedensverhandlung

Laß es dir sagen: dort. sonst nirgends keimt das Verzeihen

... verführen und eskalieren

Übertreibt es die Dame aber empfiehlt Ovid zu nexten

Doch jede Furche lohnt dir nicht immer Mühe und Samen

Schiffer, der günstige Wind fehlt deinem Kiele gar oft.

Vielfache Last und seltene Lust sind Schicksal der Treuen

Niemals der Dame zu Last falle gebildeter Mann

Was aber, wenn die Geliebte sich einen anderen anlacht? Ovid rät zur Gelassenheit

Ziel meiner Kunst, fern glänzt Du auf schwindelnder Höhe

Sieh mit Geduld auf den neuen, den kommenden Günstling

Gibt die Geliebte dem andern verständnisvoll zeichen, wende dich ab

wie es ihr gut dünkt, frei, lasse sie kommen und gehen

Aber Ovid gibt auch zu, dass er diese Stufe selbst noch nicht erreicht hat.

Selbst, ich gesteh, solch Größe erreicht ich mitnichten

Aber was tun - Ich vermags nicht - Zu hoch steckt mir das Ziel

Auch soll man der Dame nicht hinterherspionieren und sie in flagranti überraschen.

Es folgen nun etliche Zeilen und Gleichnisse darüber, dass man mit seinen Eroberungen nicht prahlen soll. Diese kann man zusammenfassen unter dem Motteo "Der Gentleman genießt und schweigt".

Ovid gibt den Rat niemals die Frauen auf Grund ihrer Äußerlichkeiten zu bemängeln. Man soll ihr immer nur Komplimente machen

Herrlich brünett nenn ein Weib, das in Wahrheit pechdunkel

Schielt eine der Schönen, so gleicht sie Venus, der Göttin

Ist sie zum Sterben mager, so lobe die Schlanken

Ist sie gar winzig und klein, finde sie zierlich und leicht

Anschließend folgt ein Loblied auf ältere Frauen

Jüngling, glaube nur nicht, die Reife sei zu verachten

Üppige Saat verspricht ein vielgeackertes Feld

Meisterlich lieben vermag nur die reifere Frau

Sie ganz allein weiß Bescheid in dieser holdesten Kunst

Ovid sagt auch, welche Partner zu meiden sind

Darum verschmäh ich gemäßigte Liebe des Knaben

Und auch die Liebe der Ehfrau, frostig ergeben der Pflicht

In der Erfüllung Sturm gedenkt die Brave des Webstuhls

Und das Vergnügen zerstreut sie kaum vom häuslichen Kram

Frei sein mein Liebchen, frei soll die Gunst mir sie schenken

Die ersten beiden Zeilen dürften klar sein. Mit der "Braven" sind LD-Frauen gemeint.

Schließlich beschreibt Ovid sehr bildhaft, wie der perfekte Sex aussieht: Langsames allmähliches Vorspiel und letztendlich ein gemeinsamer Orgasmus. Dies tut er sehr stilsicher ohne ins pornographische abzugleiten. Damit endet das zweite Buch.

Falls gewünscht werde ich mir auch noch das dritte Buch vornehmen, in dem es um Tipps für die Frauen geht.

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gegen den Pimp mit der dicken Karre und den teuren Geschenken wirst Du nicht ankommen

Wohl eher der Typ mit dem großen Pferde-Gespann ;-)

Es kann natürlich sein, dass die Lex Iulia de adulteriis zwar politisch von Augustus gewollt, aber gesellschaftlich nicht durchsetzbar war.

Das dritte Buch, das sich an Frauen richtet hat Ovid offenbar auf Wunsch des Publikums geschrieben. Das würde deine Vermutung unterstützen. Jedenfalls wird Augustus alles andere als begeistert gewesen sein, aber das Werk war ein großer Erfolg. Es wird ja auch vermutet, dass die ars amatoria mit ein Grund waren, weshalb Ovid letztendlich verbannt wurde.

Insbesondere von Valeria Messalina, der dritten Frau des Kaisers Claudius, ist ja bekannt, dass sie etliche Liebhaber gehabt hat.

Die Frage bei so etwas ist immer nur, wie glaubwürdig die Quelle ist. Einige Geschichtsschreiber haben auch den üblichen Hoftratsch als feststehende Wahrheit überliefert. Das ist so als ob sich in ein paar hundert Jahren die Historiker auf die Bunte berufen...(ich hab jetzt allerdings nicht geschaut woher das über Valeria stammt. Vielleicht weißt du da mehr?)

Zum anderen ist auch die Frage, wie repräsentativ dieses Verhalten war (mal angenommen es stimmt), da wir , wie gesagt, praktisch nur Informationen über sehr wenige Frauen der Oberschicht haben. Das Concubinatus war allerdings durchaus verbreitet und sozial akzeptiert.

Wenn gar nichts klappt konnte sich der Römer immer noch eine charmante Sklavin kaufen ;-)

Ich würde mich über des dritten teil freuen :-) da erfahren wir dann was den Römer scharf macht

bearbeitet von Tiglat

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