Zwei-Faktoren-Theorie

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Die Zwei-Faktoren-Theorie der Emotion

1962 machen die Psychologen Schachter und Singer ein faszinierendes Experiment.

(Männliche )Probanden werden auf eine Brücke geschickt und sollen danach ihre Emotionen beschreiben, die sie auf der Brücke hatten. Vor der Brücke steht eine attraktive Frau und instruiert die Probanden. Sie gibt ihnen aber auch ihre Telefonnummer und sagt, sie sollen sich dort melden, wenn sie das Ergebnis der Studie erfahren wollen.

Es gibt zwei Testgruppen. Die eine Probandengruppe wird auf eine stabile Brücke, wenige Meter über einen Fluss geschickt. Die andere Gruppe wird auf eine wackelige Hängebrücke geschickt, die deutlich höher hängt und unsicherer wirkt.

Ergebnis: Mehr als doppelt so viele Probanden der zweiten Gruppe haben die junge Frau anschließend angerufen.

Warum?

Laut Schachter und Singer werden Emotionen als Interaktion aus physiologischer Erregung und situationsspezifischer Kognition gebildet. Dabei gilt: Die Stärke der physiologischen Erregung bestimmt die Intensität der Emotion, die Art der Kognition bestimmt die Qualität der Emotion.

"Arousal x Cognition = Emotion"

"It is suggested that emotional states may be considered a function of a state of physiological arousal and of cognition appropriate to this state of arousal." (Abstract aus Schachter & Singer, p. 398)

Auf deutsch: Die Auslösung starker physiologischer Erregung auf der Brücke führt zu einer "Fehlattribution" als die Männer ihren Adrenalinausstoß auf der unsicheren Brücke mit einem eigentlich nicht dazugehörigen situativen Hinweisreiz (eine attraktive Frau, die ihre Nummer weggibt) als "Verliebtheit" einordnen.

Die Theorie besagt also, dass starke Erregung erst durch Deutung im Kopf zu einer Emotion wird. Wird jemand stark erregt und gleichzeitig kognitiv sexuell stimuliert, so wird die Erregung als eine erotische Erregung interpretiert.

Das schöne an der Theorie: Sie ist (im Ggs. zum Experiment) geschlechterunspezifisch. D.h. dieser Mechanismus greift bei Frauen ebenso wie bei Männern.

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Das Resumée, das ich daraus ziehen möchte:

Das nächste Date sollte entweder in einer Achterbahn stattfinden, oder mit einem Horrorfilm enden. In beiden Fällen steigt der Adrenalinspiegel, was zu einer einfacheren Fehlattribution im Sinne des Verführers führt (so er denn im richtigen Moment die Verführung an die Erregung anfügt).

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Eins noch hierzu: Das Heimfahrradexperiment von Cantor, Zillman & Bryant 1975:

Hier wurde physiologische Erregung durch Sport (im Labor durch ein Heimfahrrad) erzeugt und anschließend die Idee von Schachter und Singer unter die Lupe genommen.

Ergebnis:

Die Selbstwahrnehmung der Erregung endet ca. 2-3 Minuten nach der sportlichen Aktivität. Die physiologische Erregung endet aber erst nach rund 7-8 Minuten nach der physiologischen Aktivität.

Anfangs (vielleicht die ersten zwei, drei Minuten nach dem Sport) wird die Erregung also auf den Sport attribuiert, eine Fehlattribution ist fast nicht möglich. Nach einer kleinen Weile (vielleicht rund fünf bis 6 Minuten nach dem Sport) wird die Erregung sehr leicht fehlattribuiert, wenn die aktuelle Situation ein neues Kognitionsschema bietet. Aber ab 8-9 Minuten nach dem Sport ist der Körper auch physiologisch nicht mehr erregt, es findet keine (Fehl-)Attribution mehr statt.

Daraus ergibt sich, dass ca. 5 Minuten nach dem Sport ein erotischer Spot liegt, bei dem sexuelle Erregung am besten stimuliert werden kann.

Die Zeitangaben sind natürlich nur grobe Richtwerte und nicht absolut, sie hängen wohl auch vom Trainingszustand des Targets ab. Aber im Groben kann man die Idee wohl gut übertragen: 5 Minuten nach der Achterbahnfahrt ist der perfekte Moment für einen Kiss-close, nicht zu lange warten, nicht zu früh handeln ;)

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Die alte Geschichte, dass sich viele in Extremsituationen befindliche Menschen ineinander verlieben... Hollywood-Schema F. -_-

...aber guter Hinweis, den sollte man immer im Hinterkopf behalten! Ich hab eine unnahbare Schöne am Strand von Naxos auch erst nach einem wilden Ritt auf Gummireifen - vom Motorboot gezogen - closen können... aber hallo, ging die plötzlich ran... :-)

bearbeitet von Kino

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...aber guter Hinweis, den sollte man immer im Hinterkopf behalten! Ich hab eine unnahbare Schöne am Strand von Naxos auch erst nach einem wilden Ritt auf Gummireifen - vom Motorboot gezogen - closen können... aber hallo, ging die plötzlich ran... :-)

Nice! :-D

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Hey Neciel,

da bist du mir sowas von zuvor gekommen. Ich hatte mir gestern noch überlegt, über die exakt gleichen Experimente hier etwas zu schreiben, es allerdings auf heute verschoben. Was für Ideen so im morphogenetischen Feld herumschwirren...

Super beschrieben. Anmerken möchte ich noch folgendes: Die Probanden sollten desweiteren ihre Gefühle beschreiben, indem sie u.a. kleine Geschichten verfassten. Bei jenen, die sich auf der Hängebrücke befanden, kamen in diesen Geschichten wesentlich mehr erotisch-sexuelle Gedankengänge vor als bei jenen auf der sicheren Brücke.

Und es ist naheliegend, dass diese Fehlattributionen im Bezug auf andere Personen auch Elemente der klassichen Konditionierung (Ankern) tragen, sprich die situative Aufregung wird mit erotischer Aufregung fehlgedeutet und nicht nur mit dem anderen Geschlecht der Person (sprich sexuelle Erregung) die sich in der Nähe befindet, sondern mit dem Individuum (sprich Connection) verknüpft. Wir wissen ja, je stärker ein Gefühl, und ist es auch nur fehlgedeutet wie in diesen Fällen, desto besser ist es verankerbar. In diesem Sinne schweißen solche Erlebnisse emotional auch zusammen.

Beste Grüße,

Tsukune

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da bist du mir sowas von zuvor gekommen. Ich hatte mir gestern noch überlegt, über die exakt gleichen Experimente hier etwas zu schreiben, es allerdings auf heute verschoben. Was für Ideen so im morphogenetischen Feld herumschwirren...

Hi Tsukune!

Nicht schlecht. Die Noosphäre scheint also doch noch ihre Wirkung zu entfalten ;)

Freut mich, dass die Beschreibungen dann zu deiner Zufriedenheit ausgefallen sind. Wie hast du denn von dem Experiment gehört? Ich habe das neulich in einem schlechten Science-Fiction Roman als Randbemerkung aufgeschnappt, gegooglet und sofort gedacht: Das ist doch klassisches PU-Material...

Wie dem auch sei, die Welt ist klein und die großen Gedanken darin müssen zwangsläufig an mehreren Orten auftauchen!

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Hey Neciel,

das erste Mal hatte ich davon vor rund drei Jahren im Buch „Die Liebe und wie sich Leidenschaft erklärt“ von Bas Kast gelesen und mich danach darüber informiert. Ich finde den Ansatz sehr spannend, da ich das Phänomen auch persönlich schon erlebt hatte, sowohl als aktiver als auch als passiver Part der Geschichte. Quasi ein Aha-Effekt. Und dieses Buch hatte ich mir von meiner damaligen Freundin ausgeliehen. Bei einem Telefonat gestern abend mit ihr kamen wir auf das Buch zu sprechen, ich erinnerte mich an die Studie und mir kam der Gedanke, dass dies doch was fürs Forum wäre.

Dementsprechend überrascht war ich heute früh dann auch, darüber hier zu lesen. Die Welt ist wirklich klein :-)

Beste Grüße,

Tsukune

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