Vitamin D-Supplementation

2 Beiträge in diesem Thema

Empfohlene Beiträge

Hier mal eine schöne Quelle zu dem Thema, die ich gerade gefunden habe:

Vitamin-D-Dosierung in Diskussion

Zu unbegründeten alten Befürchtungen und begründbaren neuen Empfehlungen

Wie die Beiträge dieses Heftes zeigen, schreibt man dem Vitamin D zahlreiche pleiotrope Effekte zu. Ein entsprechender Substratmangel dürfte neben der Entstehung von Osteoporose und Sarkopenie auch die Entwicklung von Neoplasien, metabolischen und kardiovaskulären Erkrankungen sowie eine Beeinträchtigung von immunologischen Abwehrmechanismen begünstigen1. Es erscheint auch unwahrscheinlich, dass diese Aufzählung komplett ist.

Wie hoch sollte nun der „optimale" Serumspiegel von 25-Hydroxy-Vitamin D (25-OH-D) sein, von dem anzunehmen ist, dass die genannten Effekte zum Tragen kommen? Hier muss man offen bekennen, dass man unter dem Strich über zu wenig Daten aus Interventionsstudien verfügt, um diesbezüglich eine solide Information geben könnten. Wir müssen wohl noch auf Jahre hinaus mit den Daten, die wir augenblicklich zur Verfügung haben, zufrieden sein, denn so lange wird es dauern, bis man genügend Studien über einen ausreichend langen Zeitraum und mit klinisch relevanten Endpunkten durchgeführt hat. Bis es soweit ist, sollte dennoch gehandelt und eine Zwischenlösung angestrebt werden. Wir verfügen zudem über ausreichend klinische Erfahrung aufgrund von 25-OH-D-Verlaufskontrollen von PatientInnen, die eine höhere als die bisher empfohlene Vitamin-D3-Dosierung eingenommen haben, um bestätigen zu können, dass die vielerorts geäußerten Forderungen nach einer höheren Dosierung auf jeden Fall „sicher" und damit ohne Nebenwirkungen sind - dies auch ganz im Einklang mit der reichlich vorhandenen einschlägigen Fachliteratur.

Supplementierungspraxis benötigt dringendes Update

Verjährte Richtlinien: Manche Autoren gehen davon aus, dass für die Erzielung spezifischer positiver Effekte von Vitamin D je nach Zielgewebe unterschiedlich hohe 25-OH-D-Spiegel notwendig sind. Wir stehen heute vor der paradoxen Situation, dass es einerseits eine nahezu „belastende" Datenlage aus sehr großen, prospektiven, epidemiologischen Studien gibt, die - begleitet von Ergebnissen aus der präklinischen Forschung und z. T. kleineren Interventionsstudien - zeigen, dass niedrige bis sehr niedrige 25-OH-D-Spiegel mit zahlreichen Gesundheitsrisiken assoziiert sind2. Da viele Personen einen Vitamin-D-Mangel haben und sehr oft mit den derzeitigen Dosierungssempfehlungen die erreichten 25-OH-D-Spiegel immer noch deutlich zu niedrig liegen, haben viele Experten die derzeitige Supplementierungspraxis bemängelt, da verjährte Richtlinien eine Verabreichung von 400-600 IE Vitamin D3 als ausreichend erachten. Dosen, die

- wie uns die praktische Erfahrung lehrt

- oft bei weitem nicht ausreichen, um Vitamin-D-Serumkonzentrationen

von über 30 ng/ml zu erreichen, einen Schwellenwert, ab dem man heute von einer Vitamin-D-„Suffizienz" ausgeht. So liegt für Vitamin D die „Recommended Daily Allowance" (RDA) in den USA, die aus dem Jahre 1989 stammt, bei 200 IE für Erwachsene bis 50 und bei 600 IE für solche über 70 Jahre3. Auch die Richtlinie der Europäischen Union empfiehlt derzeit lediglich 400 IE Vitamin D3 pro Tag für Personen ab 65 Jahren.

Wir wissen von Metaanalysen, dass die genannten Dosen für das Erzielen präventiver Effekte - zumindest hinsichtlich des Frakturrisikos scheint dies ein Konsens zu sein - zu niedrig gegriffen sind und dass zumindest 600-800 IE Vitamin D3 benötigt werden, um den Mittelwert für einen guten Teil der Bevölkerung in einen Vitamin-D-suffizienten Bereich anzuheben4.

Selbst 2.000 IE nur „ein Fünftel eines sonnigen Sommertags": Es wird häufig überschätzt, welchen Effekt eine „herkömmliche" Vitamin-D-Dosierungsempfehlung hat. So hebt die bislang häufig praktizierte Vitamin-D3-Supplementierung in der Höhe von 400 bis 800 IE den 25-OH-D-Spiegel um durchschnittlich nur 4 bis 8 ng/ml. Für 1.000 IE Vitamin D3 sind es somit etwa 10 ng/ml, um die der Serumspiegel angehoben wird. Das heißt aber auch: um einen Patienten von 10 auf 30 ng/ml, also in einen Vitamin-D-suffizienten Bereich zu bringen, benötigt man langfristig (zumindest) 2.000 IE Vitamin D3 täglich. Um auch eine andere, anschauliche Zahl ins Spiel zu bringen: ein sonniger Sommertag produziert in der Haut eine Menge Vitamin D3, die einer äquivalenten Zufuhr von 10.000 IE entspricht5.

Tab. 1: Überblick zu Vitamin-D-Dosierungen, die im Text erwähnt sind, und (zu Orientierungszwecken) die entsprechenden Angaben in Tropfenanzahl bzw. Milliliter-Einheiten für das derzeit in Österreich einzig erhältliche Vitamin-D3-Monopräparat Oleovit® D3

Gewünschte Tagesdosis Vitamin D3

entspricht bei 1 x täglicher Einnahme

(von Oleovit® D3)

entspricht bei 1 x wöchentlicher Einnahme

(von Oleovit® D3)

entspricht bei 1 x monatlicher Einnahme

(von Oleovit® D3)

1.000 IE

2.000 IE

2,5 (= 2-3) gtt

5 gtt

17,5 (= 17-18) gtt 35 gtt

75 gtt (= 2,5 ml)

150 gtt (= 5 ml)

Gewünschte Aufsättigungsdosis

entspricht einer einmaligen Verabreichung

(gtt von Oleovit® D3)

100.000 IE 200.000 IE 300.000 IE

250 (= ca. 8 ml)

500 (= 16 ml) 1.000 (= 25 ml)

Angst vor toxischen Nebenwirkungen unbegründet: Befürchtungen, mit dem Vitamin-D-Spiegel durch Supplemente von über 800 IE Vitamin D3 täglich in einen „toxischen" Bereich zu gelangen, sind daher wenig fundiert. Führende Wissenschaftler gehen heute basierend auf der Analyse zahlreicher publizierter Fallbeispiele, in denen Vitamin D zumeist aus Unkenntnis oder aufgrund eines Missverständnisses in sehr hohen Dosen eingenommen wurde, davon aus, dass toxische Nebenwirkungen, wie Hyperkalziurie, Hyperkalzämie und Entwicklung einer Niereninsuffizienz, erst bei langfristig eingenommenen Tagesdosen von über 40.000 IE und bei 25-OH-D-Serumspiegeln von > 200 ng/ml auftreten6.

Allgemeinbevölkerung weit von einer suffizienten Versorgung entfernt: Experten haben über Analysen der Vitamin-D-Verteilung in der Bevölkerung berechnet, dass theoretisch tägliche Einnahmen von 10.000 IE Vitamin D3 notwendig wären, um tatsächlich den größten Teil der Bevölkerung in einen angemessenen 25-OH-D-Bereich zu bringen7. Von der Empfehlung für solche Dosierungen ist man derzeit jedoch weit entfernt. Basierend auf Extrapolation einer vorhandenen Metaanalyse von 5 großen Assoziationsstudien8, postuliert man aber, dass immerhin Einnahmen von 1.000 bis 2.000 IE Vitamin D3 täglich den 25-OH-D-Spiegel so weit anheben könnten, dass damit die Inzidenz von kolorektalen Karzinomen in der Bevölkerung auch signifikant reduziert werden könnte - ohne gleichzeitige Erhöhung eines Nebenwirkungsrisikos.

Akuter Handlungsbedarf besonders bei Risikokollektiven

Grazer Studie - prekäre Vitamin-D-Versorgungssituation bei Alters- und Pflegeheim-Patientinnen: Zu unterscheiden ist auch zwischen Vitamin-D-Dosierungsempfehlungen für den klinisch unauffälligen, gesunden Erwachsenen und solchen für spezielle Patientenkollektive wie z. B. Alters- und Pflegeheimbewohner, die entsprechend ihrem körperlichen Handicap und dem damit verbundenen Unvermögen, an die Sonne zu kommen, auch entsprechend höhere Vitamin-D-Dosen benötigen. Wie eine Grazer Studie gezeigt hat, die in 95 österreichischen Alters- und Pflegeheimen durchgeführt wurde, ist dort der Vitamin-D-Mangel besonders ausgeprägt, denn 85% der Personen hatten einen 25-OH-D-Spiegel von < 20 ng/ml und 79% Werte von < 10 ng/ml9. Natürlich sind auch andere immobile und pflegebedürftige Personen, die zu Hause betreut und gepflegt werden, aber auch Immunsuppressiva behandelte PatientInnen, die sich vor direkter Sonnenexposition schützen müssen, Adressaten für eine höhere Vitamin-D-Supplementierungsempfehlung.

Vitamin-D-Aufsättigungsdosis: Es gibt Untersuchungen, die zeigen, dass Verabreichungen von 50.000 IE Vitamin D3 täglich über 10 Tage10 oder auch einmalige Dosierungen von 300.00011 bis 500.000 IE12 Vitamin D3 sichere Aufsättigungsdosen sein dürften, um den Vitamin-D-Spiegel in einem großen Prozentsatz der Personen rasch in einen Vitamin-D-suffizienten Bereich anzuheben, ohne dass dabei die Gefahr der Entwicklung einer Hyperkalziämie besteht. Speziell bei älteren Menschen scheint die Verabreichung einer einmaligen Vitamin-D-Aufsättigungsdosis, die dann von einer regelmäßigen Vitamin-D3-Einnahme von 1.000 bis 2.000 IE täglich gefolgt wird, eine erfolgversprechende Möglichkeit der langfristigen Supplementierung.

Wochen- oder Monatsabstand zur Erhöhung der Compliance: Eine interessante Studie, die kürzlich publiziert wurde, zeigt die Effekte einer Vitamin-D3-Supplementierung bei älteren, Vitamin-D-defizienten Frauen nach einer Hüftfrak-tur13. Vitamin D3 wurde entweder täglich (1.500 IE) oder kumulativ in der gleichen Dosis 1 x/Woche (10.500 IE) oder 1 x/Monat (45.000 IE) peroral verabreicht. Hierbei zeigte die 1 x monatliche Dosierung zwar einen früheren Anstieg des 25-OH-D, aber auch, dass über etwa 2 Monate die 25-OH-D-Spiegel in allen 3 Gruppen in ähnlichem Ausmaß anstiegen bzw. auch zu einem vergleichbaren Anstieg im Serumkalzium und 1,25-Dihydroxy-Vitamin D geführt haben. Es ist also möglich - und dies haben zwischenzeitlich auch andere Arbeitsgruppen bestätigt -, dass eine Vitamin-D3-Supplementierung intermittierend im Wochen- oder Monatsabstand gegeben werden kann. Mit einem solchen Verabreichungsschema kann vermutlich von einer höheren Compliance ausgegangen werden als mit einer täglichen Verabreichung.

Nahrungsmittel-Anreicherung: Alternativ könnte, um der Entwicklung einer Vitamin-Defizienz entgegenzuwirken, eine entsprechende Vitamin-D-Anreicherung von Nahrungsmitteln ebenfalls zum Ziel führen. Momentan werden diesbezüglich im Rahmen von Forschungsprojekten (auch von der EU gesponsert) entsprechende Möglichkeiten untersucht.

Empfehlungen nach dem derzeitigen Erkenntnisstand

Bis zum Vorliegen konkreter Ergebnisse aus randomisierten, kontrollierten Studien, die mit ausreichend hohen Vitamin-D-Dosen bei gut charakterisierten Kollektiven durchgeführt wurden, und entsprechenden Adaptierungen bestehender Leitlinien sollten wir eine „besonnene" Übergangslösung anstreben, die den neuesten Erkenntnissen Rechnung trägt und eine deutlichere als bislang erreichte Anhebung des 25-OH-D-Spiegels zum Ziel hat. Gleichzeitig sollte die Dosierung von Vitamin D3 für alle Personen so sicher gewählt sein, dass sie ohne Bedenken umsetzbar ist. Sie sollte so administrierbar sein, dass entsprechende 25-OH-D-Spiegelbestimmungen für die empfohlene Supplementierung nicht Voraussetzung sind und auch Kontrollen des 25-OH-D-Spiegels nicht notwendig werden.

Sichere Substitutionsdosis für Erwachsene: Der derzeitige Stand der Literatur kann in folgender Empfehlung zusammengefasst werden: die tägliche Verabreichung von 1.000 IE Vitamin D3 ist eine für Erwachsene (und dies gilt das ganze Jahr hindurch) absolut sichere Substitutionsdosis1. Wenn man sich für diese Dosierung entscheidet, könnte dabei je nach Präferenz Vitamin D3 täglich oder 1-mal wöchentlich (etwa 7.000 IE) oder 1-mal monatlich (etwa 30.000 IE) verabreicht werden.

Dabei muss aber auch klar sein, dass zahlreiche Personen mit einer derartigen Dosierung nicht den gewünschten 25-OH-D-Zielbereich von über 30 ng/ml erreichen werden.

Für Risikogruppen wie ältere, immobile oder Altersheim-PatientInnen sollte, speziell wenn man über einen 25-OH-D-Ausgangswert verfügt (wie oft in Krankenhäusern oder Osteoporoseambulanzen) und eine Vitamin-D-Defizienz rasch ausgeglichen werden soll, eine Aufsättigungsdosis von (zumindest) 100.000 bis (maximal) 300.000 IE Vitamin D3 einmalig verordnet werden. Dieser Aufsättigungsdosis muss eine tägliche Einnahme von 2.000 IE Vitamin D3 (oder 14.000 IE 1-mal wöchentlich oder 60.000 IE 1-mal monatlich) nachfolgen. Wenn man keinen 25-OH-D-Spiegel zur Verfügung hat, sollten wohl nur die 2.000 IE Vitamin D3 verabreicht werden, also ohne vorgeschaltete Aufsättigungsdosis. Entsprechend länger (zumeist mehrere Wochen bis wenige Monate) dauert es dann, bis sich die Vitamin-D-Spiegel einem Normalbereich annähern.

ao. Univ.-Prof. Dr. Harald Dobnig

Klinische Abteilung für Endokrinologie und Nuklearmedizin, Universitätsklinikfür Innere Medizin Medizinische Universität Graz

Literatur:

1) Holick M.F. Vitamin D deficiency. N Engl J Med 2007; 357 (3):266-81

2) Peterlik M. and Cross H.S. Vitamin D and calcium deficits predispose for multiple chronic diseases. Eur J Clin Invest 2005; 35 (5):290-304

3) Reichrath J. Vitamin D and the skin: an ancient friend, revisited. Exp Dermatol 2007; 16 (7):618-25

4) Bischoff-Ferrari H.A. How to select the doses of vitamin D in the management of osteoporosis. Osteoporos Int 2007; 18(4):401-7

5) Reichrath J. The challenge resulting from positive and negative effects of sunlight: how much solar UV exposure is appropriate to balance between risks of vitamin D deficiency and skin cancer? Prog Biophys Mol Biol 2006; 92 (1):9-16

6) Vieth R. Critique of the considerations for establishing the tolerable upper intake level for vitamin D: critical need for revision upwards. J Nutr 2006; 136 (4):1117-22

7) Hathcock J.N. et al. Risk assessment for vitamin D. Am J Clin Nutr 2007; 85 (1):6-18

8) Gorham E.D. et al. Optimal vitamin D status for colorectal cancer prevention: a quantitative meta analysis. Am J Prev Med 2007; 32 (3):210-6

9) Dobnig H. et al., Hip and nonvertebral fracture prediction in nursing home patients: role of bone ultrasound and bone marker measurements. J Clin Endocrinol Metab 2007; 92 (5):1678-86

10) Wu F. et al. Efficacy of an oral, 10-day course of high-dose calciferol in correcting vitamin D deficiency. N Z Med J 2003; 116 (1179):U536

11) Premaor M.O. et al. The effect of a single dose versus a daily dose of cholecalciferol on the serum 25-hydroxycholecalciferol and parathyroid hormone levels in the elderly with secondary hyperparathyroidism living in a low-income housing unit. J Bone Miner Metab 2008; 26 (6):603-8

12) Bacon C.J. et al. High-dose oral vitamin D(3) supplementation in the elderly. Osteoporos Int 2008

13) Ish-Shalom S. et al. Comparison of daily, weekly, and monthly vitamin D3 in ethanol dosing protocols for two months in elderly hip fracture patients. J Clin Endocrinol Metab 2008; 93(9):3430-5

Diesen Beitrag teilen


Link zum Beitrag
Auf anderen Seiten teilen

Erstelle ein Mitgliedskonto, oder melde Dich an, um zu kommentieren

Du musst ein Mitgliedskonto haben, um einen Kommentar verfassen zu können

Mitgliedskonto erstellen

Registriere Dich ganz einfach in unserer Community.

Mitgliedskonto registrieren

Anmelden

Du hast bereits ein Mitgliedskonto? Melde Dich hier an.

Jetzt anmelden

  • Wer ist Online   0 Mitglieder

    Aktuell keine registrierten Mitglieder auf dieser Seite.