Gedanken zur Selbstakzeptanz

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Gedanken zur Selbstakzeptanz

Mensch bin ich; ich erachte nichts, was menschlich ist, als fremd für mich

Diesen Spruch, urspruenglich von Terenz, hatte Michele de Montaigne ueber seiner Bibliothek montiert.

Jener lebte zu einer Zeit, die in mehrerer Hinsicht sehr unmenschlich war, auf die geistigen Aspekte moechte ich hier eingehen.

Die katholische Kirche hatte da ein Obsolutum und der Mensch wurde getrennt.

In Verstand, welcher verehrt wurde und in Triebe, Gefuehle und allem anderem, was tierrisch war, welches als schlecht bewertet wurden.

Es galt sich und alles was dazu gehoert zu kontrollieren bzw Eigenheiten zu unterdruecken - Stichwort Sexualitaet, welche im gehobenen Volk niemals auch nur ansatzweise angesprochen wurde.

Nun und genau zu dieser Zeit machte sich Michele daran, ein doch recht ungewoehnliches Buch zu schreiben, sein ersten Essays schrieb er ueber sich, seinen Koerper und den Eigenheiten.

Wie oft er aufs Klo geht, wie es mit seinem Sexualtrieb ausschaut und welche Aepfel er bevorzugt.

Was wollte er wohl damit bezwecken?

In der heutigen Zeit.

Welche moralischen Ansprueche werden da gestellt, wo wird menschliches unterdrueckt?

Ich denke einerseits hat sich die Art der Moral gewandelt und auch die Weise wie sie vermittelt wird.

Was Erich Fromm sehr schoen beschriebne hat, war sie frueher anklagbar, die Kirche, die wertevermittelnde Institution, der Staat etc.

Aber Heute, wer vermittelt da die ausschlagbaren Werte und wo kann ich den Verantwortlichen anklagen?

Es scheint als gaebe es eine sehr versteckte Moralvermittlung bzw eine unausgesprochene Zustimmung - Stichwort Werbung, Medien, Fernsehen.. Kapitalismus.

Nun war es frueher angesehen sich selbst und seinen Koerper zu kontrollieren, so gilt es heute cool zu sein.

Perfektion ist angesagt, Staerke wird im Konkurrenzkampf gezeigt, gluecklich ist inn, wer gluecklich ist, lebt richtig.

Wert ist wichtig, ich muss Wert demonstrieren, in dem was ich tue, zeigen das ich wertvoll bin.

Nun dies alles ist gespeichert in einem inneren ideal Bild, ein Bild wie wer/ich sein sollte.

Dieses Bild tragt ein jeder dann vor sich herum und vergleicht es mit seinem (scheinbar) realen Ich.

Wenn er es erfuell, gibt er sich Anerkennung, wenn nicht, straft er sich gedanklich.

Zurueck zu Montaigne.

Jener, so denke ich, wollte ein realeres Bild vom Menschen zeichnen; ihn menschlicher machen.

Das heisst einerseits, ihn von seinem arroganten Stuhl herunter zu holen, auf den er sich dank seiner Faehigkeit zu denken wiegte und

andererseits aufzuzeigen, dass es ok ist zu furzen, ok staendig an Sex zu denken und ok dies auch offen auszudruecken.

Was bedeutet das heute fuer mich?

Ich bin ein Mensch mit Staerken und Schwaechen.

Einmal bin ich verlezlich und habe Angst.

Dann bin mutig und meistere die groessten Herausforderungen.

Ich habe Traeume und Ziele, bin oftmals unsicher und fuehle mich hilflos.

Manchmal bin ich traurig und manchmal schwach, dannach wieder unaufhaltsam und stark.

Mein Verstand funktioniert oft messerscharf und laesst mich so viel lernen,

dann spuckt er negative Glaubenssaetze aus und versucht mich einzuschraenken.

Es gibt Zeiten mit Schmerzen und Zeiten mit angenehmen Emotionen.

Oftmals fuehle ich mich machtlos und dann gleich darauf wieder unheimlich maechtig und ich weis,

ich kann alles tun, jegliche Grenzen sprengen und in den Himmel wachsen.

Und das alles ist ok.

Nichts davon ist unmenschlich, nein, genau all diese wankelmuetigen Aspekte machen mich eben so menschlich.

Nichts zeugt mehr vom Menschsein als Unperfektheit und Mankel.

Auf einmal wird dann die groesste Schwaeche zur liebenswertersten Staerke.

Alles wird akzeptiert und angenommen, nichts ausgeschlossen, alles darf da sein, fuer alles ist irgendwo Platz.

Mensch bin ich; ich erachte nichts, was menschlich ist, als fremd für mich

So wie bei mir, so auch bei anderen.

Peace, Muriego

bearbeitet von el mujeriego

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Gast

Sehr, sehr guter Post! Akzeptanz - der Schlüssel zur Authentizität. Dein anderer Thread über Fromms Aufsätze im Sammel-Werk "Authentisch leben" hat mich ebenfalls beeindruckt und mir aus der Seele gesprochen. Jedenfalls ist es der Weg den ich gehen will, und den ich angefangen habe zu beschreiten. Mehr davon! ;-)

bearbeitet von Gast

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Lustiger Weise habe ich mich neulich erst mit einem Foren User darüber ausgetauscht. Guter Post, sehr philosophisch. Wobei ich Anfangs nur Bahnhof verstand und mir dachte 'ui, was kommt den jetzt für ein Text biblischen Ausmaßes'.

Um Missverständnissen vorzubeugen "Alles wird akzeptiert und angenommen, nichts ausgeschlossen, alles darf da sein, fuer alles ist irgendwo Platz. ". Heißt das ein Selbstbild von sich zu haben (wie man sein möchte) ist falsch? Weil wenn ich alles an mir akzeptieren würde, speziell negative Angewohnheiten oder Eigenschaften, hätte ich doch keinen Grund mehr diese zu ändern. Klingt irgendwie stark nach Selbst-Liberalismus.

Diese Frage stelle ich weil ich gerade momentan an einem Punkt angekommen bin an dem ich mich selbst so akzeptiere wie noch nie vorher. Trotzdem gibt es noch ein paar Punkte die ich gerne an mir ändern würde. Macht einen sehr nachdenklich. Werde diesen Thread weiterempfehlen!

;-)

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Danke für diesen tollen Thread.

Akzeptanz und Veränderung scheinen manchen hier in Widerspruch zueinander zu stehen. Und doch kann das eine ohne das andere überhaupt nicht stattfinden.

Ein simples Beispiel, das mir gerade einfiel:

Zwei Menschen wachen in einem düsteren Labyrinth auf und haben keinen blassen Schimmer, wie sie dorthin gekommen sind.

1. Der eine kann es überhaupt nicht fassen, hält zunächst alles für einen Traum. Er sitzt da und kämpft innerlich gegen die Situation an, er wechselt zwischen Panik und Wahnsinn hin- und her. Er denkt sich: "Gott lass dies alles nur ein Traum sein!" Er macht sich unendlich viele Gedanken darum, wie es bloß dazu kommen konnte und sitzt wie gelähmt da.

2. Der andere schaut sich währenddessen nach einem Ausgang um.

Was genau ist der größte Unterschied zwischen diesen beiden? Ein Tip: Die Angst ist es nicht.

Akzeptanz und Veränderung gehen Hand in Hand. Es ist ein weit verbreiteter Irrglaube, dass nur verändert werden könne, was nicht akzeptiert wird.

Eine Vorstellung des Verstandes - der es sich zur Angewohnheit machte Probleme zu designen, die nur gedanklich lösbar sind.

Ein weiser Mann sagte "Du kannst deine Probleme nicht lösen. Das Einzige, was du tun kannst, ist darüber hinauszuwachsen".

Und tatsächlich, denke einen Moment darüber nach. Die meisten Probleme von dir wurden nie "gelöst". Sie haben sich schlcihtweg verändert,

indem du gewachsen bist. Heute hast du andere Probleme, und auch diese werden sich verändern.

Ja, es gibt Menschen, die an einem Problem ewig festhalten. (Wenn du ganz sicher solche treffen willst, dann besuche eine Psychiatrie.)

Veränderung ist die wahre meschliche Natur. Diese Veränderung findet immer nur im gegenwärtigen Moment statt

Jedes sogenannte Problem ist aber eine gedankliche Vorstellung, die auf psychologischer Zeit beruht. Diese psychologische Vorstellung einer "Zeit" lenkt dich davon ab,

wo wahre Veränderung stattfindet: Jetzt. ("Ich darf nicht akzeptieren, was jetzt ist!")

Je schneller du diese Vorstellung loslässt, sprich akzeptierst, desto schneller öffnest du dich für die Veränderung.

Um Missverständnissen vorzubeugen "Alles wird akzeptiert und angenommen, nichts ausgeschlossen, alles darf da sein, fuer alles ist irgendwo Platz. ". Heißt das ein Selbstbild von sich zu haben (wie man sein möchte) ist falsch?

Ja, du darfst deine Veränderung selbst bestimmen. Ist das nicht großartig - wir haben mit unserem Verstand ein Werkzeug, mit dem wir unserem Willen Ausdruck verleihen dürfen.

Nur benutze ihn so, wie er dir nutzt: Als Navigationsgerät.

Du darfst damit eine Richtung anpeilen, einen Endzustand, den du erreichen möchtest.

Und jetzt fragst du dich vielleicht: Wann erreiche ich ihn?

Die Antwort lautet: Immer nur im gegenwärtigen Augenblick - das Einzige, was jemals war und jemals sein wird.

Immer, wenn du dir der ewigen Gegenwart bewusst bist, in der du dich befindest, werden die Gedanken stiller. Du lässt deine gedankliche Vorstellung, dein "Navigationsgerät", los.

Und es scheint so zu sein, dass du diesen Prozess immer duchmachen darfst um dich zu verändern. Nur so funktioniert Veränderung

- ein wundervoller Cocktail aus deinem wahren Willen und der Akzeptanz für die Gegenwart.

Für den Versttand wird dies möglicherweise immer paradox bleiben - zumnindest solange, wie er in seiner Vorstellung einer psychologischen Zeit festhängt.

Und sollte der Tag kommen, an dem dir die Tragweite dessen bewusst wird, dass immer jetzt ist, dann wird sich auch dein Denken verändern

- du würdest dann nie mehr auf die Idee kommen, dass Akzeptanz und Veränderung sich wiederspreche: Beides ist ein und dasselbe, vereint durch dein Bewusstsein in der Gegenwart.

Zurück zur zitierten Frage

Es ist nichts falsches an deinem Selbstbild. Was falsch ist, ist deine Identifikation mit ihm. Du hälst dein Navigationsgerät für die Realität!

(isn't it crazy!?? Und doch ist das der Zustand der meisten Menschen). Wenn du dich für eine gewünschte Veränderung entschieden hast, dann drücke "Enter", sehe und akzeptiere wo du bist und fahre los!

Höre auf, auf das Navi zu starren. Dadurch kommst du nicht voran.

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@ Dreamcatcher

Zuerst habe ich es nicht gecheckt aber die Metapher mit dem Navi find ich gut. Jetzt hab ichs verstanden. Aber das würde ja heißen dass ich auf nichts einen Einfluss habe außer dem Moment. Und das wiederum würde heißen dass es keine Zukunft gibt. Nur die Gegenwart. Gehe ich nun weiter bedeutet das ergo dass es kein Selbstbild gibt oder halt der glaube an ein zukünftiges 'Ich'. Es kann nur die Akzeptanz meines momentanen Bewusstseins geben. Wenn ich dich also richtig verstehe verschwende ich gerade unmengen an Zeit mit Inakzeptanz mir selbst gegenüber. Bitte sage mir dass ich mir irre... das wird ja langsam gruselig O.O

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Hi toFar,

@ Dreamcatcher

Zuerst habe ich es nicht gecheckt aber die Metapher mit dem Navi find ich gut. Jetzt hab ichs verstanden. Aber das würde ja heißen dass ich auf nichts einen Einfluss habe außer dem Moment. Und das wiederum würde heißen dass es keine Zukunft gibt. Nur die Gegenwart. Gehe ich nun weiter bedeutet das ergo dass es kein Selbstbild gibt oder halt der glaube an ein zukünftiges 'Ich'. Es kann nur die Akzeptanz meines momentanen Bewusstseins geben. Wenn ich dich also richtig verstehe verschwende ich gerade unmengen an Zeit mit Inakzeptanz mir selbst gegenüber. Bitte sage mir dass ich mir irre... das wird ja langsam gruselig O.O

ich habe dein Eindruck dass du mich verstanden hast.

Jedes Selbstbild bezieht sich stets auf eine erdachte Zeit. Es lenkt dich ab von der Gegenwart - dem einzigen Ort an dem Veränderung stattfinden kann.

Es ist auch der einzige Ort, für den ein Selbstbild nützlich sein kann: Verwendest du deine Visualisierungen für eine reale Veränderung,

dann sind sie dir nützlich. Verlierst du dich aber in ihnen, und verlierst die Aufmerksamkeit für die Gegenwart - denn wird das Selbsbild zweckentfermdet, erhält ein Eigenleben

und bestimmt über dein Verhalten. Um Veränderung zu erreichen gilt es jedes Bild loszulassen und jetzt zu verkörpern.

Sobald du es bist, brauchst du es dir nicht mehr auszumalen, oder?

(wie doof wäre es ein Eis zu schlecken und von einem Eis zu träumen?? :-) )

So kann du also an deinem Selbstbild oft genau das sehen, was du nicht bist :pardon:

Mache es dir einfach. Setze deine Gedanken als Wegweiser ein - stelle dir vor du hast damit einen Notizblock, in dem du Ziele formulieren darfst.

Jedes mal aber bei dem du dich dabei erwischst, dass du dich darin verlierst, den Verstand zweckentfremdest, darfst du lachen und aufwachen.

Das hier ist nichts gruseliges - eher etwas befreiendes. Es stimmt aber, dass manch ein Tagträumer in einer gruseligen unf feindseligen Welt lebt - Ich mag es, Leute mit einem kleinen "BUH!" aufzuwecken :-)

Genau deshalb sind solche Threads hier wertvoll - sie wecken auf.

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Gast

Gut formuliert Dreamcatcher, so wie immer. <_< Eigentlich gibt es gar kein "Selbst". In der Psychologie wird der Begriff oft synonym für die Identität der Selbstreflexion verwendet, nach welcher die Psyche streben würde. Würde diese das "Selbst" aber wirklich sich zum Gegenstand machen können, so wäre sie eine Tautologie, Ausdruck einer Selbstentfremdung. Das "Selbst" würde sich selbst zum Gegenstand machen, eine unendliche Tautologie der Nichtigkeit. Vielleicht wird so, rein logisch, klar, dass es kein "wahres Selbst" zu finden gibt (Ego ist nur der lateinische Begriff für Selbst). Selbstfindung ist demnach Nonsens, denn es würde bedeuten, ich hätte mich irgendwann verloren, so dass es nun ein seelisches Objekt in meinem Inneren zu finden gäbe, wo ich dann sage: "Hey, ich habe mich gefunden, da bin ich!"

Jedes "Selbst" kann nur ein Selbstbild, ergo ein Selbstkonzept meinen. Eine Selbstbestimmung ist aus der logischen Überlegung heraus allerdings bereits ein Unding, weil meine Identität nur aus meiner Lebensgeschichte, meinen Erfahrungen und Kontakten mit anderen Menschen zu erklären ist. Wenn meine inneren Regungen und Reaktionen nur in einem spezifischen Kontext entstehen, und auf diesen bezogen sind, so ist jedes Selbstkonzept immer eine Verengung meiner inneren Freiheit und meines Potenzials an Kreativität, Spontaneität, Intuition und Intelligenz. Entweder schätze ich mich negativ, oder viel zu übertrieben ein. Egal was es ist, beide Arten von Selbstkonzeptionalisierung bilden einzig einen Käfig um mein eigentlich freies Bewusstsein aus.

Fazit: Ich brauche kein Selbstbild, kein Konzept von mir das ich im Kopf herumtrage. Ich werde dieses sowieso nicht erreichen, weil es einzig ein Bild ist, eine idealisierte Version einer Vorstellung über mich selbst. Da ich aber nicht als isolierte Monade existiere, kann jedes Lebewesen nur im Kontext zu seiner Umwelt verstanden werden, womit unsere Identität immer aus einer Gesamtheit gespeist ist.

Handle einfach nach Deinen inneren Impulsen, sei spontan, höre auf Deine Intuition - that's it.

bearbeitet von Gast

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