Das PickUp-Gleichnis

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Sieh nämlich Menschen wie in einer unterirdischen, höhlenartigen Wohnung, die einen gegen das Licht geöffneten Zugang längs der ganzen Höhle hat. In dieser seien sie von Kindheit an gefesselt an Hals und Schenkeln, so daß sie auf demselben Fleck bleiben und auch nur nach vorne hin sehen, den Kopf aber herumzudrehen der Fessel wegen nicht vermögend sind. Licht aber haben sie von einem Feuer, welches von oben und von ferne her hinter ihnen brennt. Zwischen dem Feuer und den Gefangenen geht obenher ein Weg, längs diesem sieh eine Mauer aufgeführt wie die Schranken, welche die Gaukler vor den Zuschauern sich erbauen, über welche herüber sie ihre Kunststücke zeigen.[…] Und wie, wenn ihr Kerker auch einen Widerhall hätte von drüben her, meinst du, wenn einer von den Vorübergehenden spräche, sie würden denken, etwas anderes rede als der eben vorübergehende Schatten? Nein, beim Zeus, sagte er. Auf keine Weise also können diese irgend etwas anderes für das Wahre halten als die Schatten jener Kunstwerke? Ganz unmöglich.[…]

Es ist ein lau warmer Sonntag Morgen. Die Uhr schlägt 10:25 Uhr. Durch mein Fenster leuchtet Sonnenlicht, doch das bemerke ich nicht, denn ich muss mich vollends auf meinen Computer konzentrieren und neue Foren-Beiträge lesen. Das Leben ist schön, einfach und unkompliziert. So zieht mich wieder die PU-Theorie in ihren Bann. Ich stoße mit meinen Ellbogen an ein Buch, das neben mir auf dem Tisch liegt. Mist…"Der Weg des wahren Mannes" wollte ich schon gestern vor dem schlafen gehen durchgelesen haben. Während ich noch ein bisschen weiter lese und aus dem dezenten Fluchen nicht mehr heraus komme, reißt mich mein ICQ mit einem freudigen „Ah Oh“ aus den Gedanken. Es ist einer meiner Wings „Mr.Spring“. Eigentlich heißt er Karsten, aber Karsten klingt nun mal nicht so cool. Er weist mich darauf hin, dass die neue "The Annihilation Method DVD" von Style rausgekommen ist. Ich halte einen Moment inne und überlege: Style, wer ist das schon? Mir fliegen noch die letzten Beginner-Threads durch den Kopf, und schmunzel über die Zeit in der ich damals angefangen habe. Eigentlich müsste ich mal zur Toilette, doch ich bin nicht motiviert aufzustehen, denn Karsten fragt mich, ob ich Zeit zum Sargen habe. Ich bestätige mit einem lockeren „jo“ und beginne meinen Pyjama auszuziehen um mir meine Jeans zurecht zulegen. Plötzlich klopft es an der Tür. Nanu, ist es schon die schöne Susanne die mit mir heute frühstücken wollte? Nein, es ist meine Mutter der ich beim Tütentragen helfen soll. Ich beachte Sie für diesen Moment nicht, weil der coolste Mann in der Wohnung eine SMS bekommen hat. Ich lese sie mir durch und merke, dass ich das Treffen mit Tina ganz vergessen hatte. Doch leider habe ich keine Zeit zum antworten, weil im DDD ein neuer lang angekündigter Opener gepostet wurde. Schnell setze ich mich wieder an meinen Schreibtisch, da kommt meine Mutter wieder rein und knallt mir ein Buch auf den Schreibtisch.

Spontan verreiße ich vor Schreck die Maus, als ob meine Mutter mich beim Masturbieren erwischt hätte. Ich höre nur undeutlich ihre Stimme. Irgendwas mit „Lies das mal, das könnte dir gut tun“. Ein einfaches „Jojo“ als Antwort und sie zieht wie geplant von dannen. Leider habe ich mir vor lauter Schreck das Knie am Tisch gestoßen und lese während der Schmerz nicht weggehen will den Titel des Buches. "Platon, Das Höhlengleichnis".

Schon wieder so ein alter griechischer Philosoph, der versucht die Welt zu erklären und dabei auch nicht mehr weiß als die Anderen? Ich habe jetzt keine Zeit für so was, außerdem hatten wir das bereits in der Schule zu genüge durchgekaut. Ich habe Wochenende, da muss man nun mal Prioritäten setzen, ansonsten zickt Karsten wieder rum und ich hab für Sonntag kein Lay. Die Schulen behandeln so etwas eh nur, um uns noch mehr zu langweilen, denke ich mir und lese mir nebenbei den neuen David DeAngelo Newsletter durch. Nein, auf keinen Fall komme ich auf die Idee zu denken zu viel Theorie in mich zu verschlingen. Etwas teilnahmslos greife ich in die nahe liegende Chipstüte, die Laura letzte Woche hier liegen gelassen hatte und wieder fällt mir das Buch ins Auge. Ich überlege, wie war das noch mal? „Menschen, die gefesselt in ihren Höhlen sitzen und immer auf eine Wand starren? Wie lächerlich, die Situation doch ist. Unmöglich! Wie wollen diese Menschen denn jemals alt werden, ohne Bewegung und Nahrung? Die Thematik ist unrealistisch. Und dann dieser Typ, der sich befreit und aus der Höhle klettert und die Sonne sieht. Schwachsinn, wieso kann er sich befreien und die anderen nicht? Solche Details erledigen jede Philosophie. Kein Wunder, dass Philosophen nicht die Welt erklären können, bei so unrealistischen Beispielen! Überhaupt ist diese Geschichte von vor 2300 Jahren doch total bedeutungslos für uns Menschen heute!

Die Blase drückt, und so beschließe ich nun endlich doch einmal die Örtlichkeiten zu benutzen. Aus der Gewohnheit öffne ich instinktiv meine Mutter mit dem Opener „Hey, weißt du wo man hier richtig gut kacken gehen kann?“. Mein Vorhaben wird mit einem schmerzhaften pups unterbrochen. Der letzte Schritt war fatal und endete fast auf dem Fußboden. Taumelnd vor den ersten Schmerzen blicke ich auf und ein gleißend heller Sonnenstrahl, der durch das Fenster fällt, leuchtet in meine Augen. Ich bin geblendet vor Licht und Schmerz. Draußen vor dem Fenster laufen Menschen vorbei, so viele hübsche Frauen, ihr Schattenwurf gibt mir langsam meine klare Sehstärke zurück und was ich sehe entsetzt mich.

Es ist ein wunderschöner Tag draußen! Ich bemerke, dass dort, vor dem Fenster das wahre Leben vorbei geht und ich nichts besseres zu tun habe als wieder Sargen zu gehen. Mir strömen die Worte in den Geist:

Und wenn er nun an das Licht kommt und die Augen voll Strahlen hat, wird er nicht das Geringste sehen können von dem, was ihm nun für das Wahre gegeben wird.[…]

Und zuerst würde er Schatten am leichtesten erkennen, hernach die Bilder der Menschen und der andern Dinge im Wasser, und dann erst sie selbst. Und hierauf würde er was am Himmel ist und den Himmel selbst leichter bei Nacht betrachten und in das Mond- und Sternenlicht sehen als bei Tage in die Sonne und in ihr Licht.[…]

Und wie, wenn er nun seiner ersten Wohnung gedenkt und der dortigen Weisheit und der damaligen Mitgefangenen, meinst du nicht, er werde sich selbst glücklich preisen über die Veränderung, jene aber beklagen? Ganz gewiss, ganz gewiss.

PS: Ich hoffe diese Kolumne öffnet so manchen die Augen

Gruß,

euer Sali

bearbeitet von Saliver

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