Psychologie der Koketterie o. "Logic" des Flirtens

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Ich fand vor kurzem eine interessante "Schrift" über die Koketterie (lt. Duden - "Gefallsucht") die natürlich in das Thema Flirten und der spielerischen (Game) Begegnung zwischen Männlein & Weiblein hineingehört.

Hier der Link: http://socio.ch/sim/kok09.htm

Für mich war der Artikel recht aufschlussreich, bzw. bot er mir Erklärung für einige eigene und beobachtete "Phänomene", die irgendwie nicht so recht aus den bisherigen Erklärungen von DeAngelo, Mystery, u.a. zu finden waren.

Vor allem las ich hin und wieder von der sogenannten "Chicken-Logic", ein Begriff der mir gar gefällt, doch das eigentümliche Verhalten von Frauen bleibt ja dennoch und scheint mir klärungsbedürftig zu sein. Der Text erhellte einiges dazu.

Hier mal eine von mir etwas gekürzte Fassung (Geduld brauchts trotzdem) und Bemerkungen dazu:

(die Bemerkungen sind aus meiner Sicht, eines AFCs, noch recht am Anfang. Bestimmt mag aber der restliche Text durchaus interessantes für PUAs bieten :wub:

[..] Das Gefallen ist der Quell, aus dem jenes Haben und Nichthaben gespeist wird, wenn es für uns Lust oder Leid, Begehrung oder Befürchtung werden soll. Aber hier wie sonst läuft die Verbindung zwischen einem Besitz und seiner Schätzung auch in umgekehrter Richtung.

Nicht nur wächst Wichtigkeit und Wert dem Haben und Nichthaben des Gegenstandes zu, der uns gefällt; sondern wo ein Haben und Nichthaben aus irgendwelchen anderen Ursachen heraus für uns Bedeutung und Betonung gewinnt, pflegt sein Gegenstand unser Gefallen zu erregen.

So bestimmt nicht nur der Reiz eines käuflichen Dinges den Preis, den wir dafür zahlen mögen: sondern dass ein Preis dafür gefordert wird, dass sein Erwerb nicht etwas Selbstverständliches, sondern nur mit Opfern und Mühen Gelingendes ist - das macht uns unzählige Male erst das Ding reizvoll und begehrenswert.

Die Möglichkeit dieser psychologischen Wendung lässt die Beziehung zwischen Männern und Frauen in die Form der Koketterie hineinwachsen. [..]

Denn dieser ist es eigen, durch Abwechslung oder Gleichzeitigkeit von Entgegenkommen und Versagen, durch symbolisches, angedeutetes, »wie aus der Ferne« wirksames Ja- und Neinsagen, durch Geben und Nichtgeben [..] - es ist ihr eigen, durch diese einzigartige Antithese und Synthese Gefallen und Begehren zu wecken.

In dem Verhalten der Kokette fühlt der Mann das Nebeneinander und Ineinander von Gewinnen- und Nicht-gewinnen-Können, das das Wesen des »Preises« ist, und das ihm mit jener Drehung, [..] diesen Gewinn als wertvoll und begehrenswert erscheinen lässt. [..]

Ich wende diese Deutung der Koketterie zunächst auf einige Tatsachen der Erfahrung an. Der Koketterie in ihrer banaleren Erscheinung ist der Blick aus dem Augenwinkel heraus, mit halbabgewandtem Kopfe, charakteristisch.

In ihm liegt ein Sich-Abwenden, mit dem doch zugleich ein flüchtiges Sich-Geben verbunden ist, ein momentanes Richten der Aufmerksamkeit auf den anderen, dem man sich in demselben Momente durch die andere Richtung von Kopf und Körper symbolisch versagt.

Dieser Blick kann physiologisch nie länger als wenige Sekunden dauern, so dass in seiner Zuwendung schon seine Wegwendung wie etwas Unvermeidliches präformiert ist.

Er hat den Reiz der Heimlichkeit, des Verstohlenen, das nicht auf die Dauer bestehen kann, und in dem sich deshalb das ja und das Nein untrennbar mischen.

Der volle En-face-Blick, so innig und verlangend er sei, hat nie eben dies spezifisch Kokette.

In derselben Oberschicht koketter Effekte liegt das Wiegen und Drehen der Hüften, der »schwänzelnde« Gang.

Nicht nur, weil er durch die Bewegung der sexuell anregenden Körperteile sie anschaulich betont, während zugleich doch Distanz und Reserve tatsächlich besteht - sondern weil dieser Gang das Zuwenden und Abwenden in der spielenden Rhythmik fortwährender Alternierung versinnlicht. [..]

Sie liebt die Beschäftigung mit gleichsam abseits liegenden Gegenständen: mit Hunden oder Blumen oder Kindern.

Denn dies ist einerseits Abwendung von dem, auf den es abgesehen ist, andrerseits wird ihm doch durch jene Hinwendung vor Augen geführt, wie beneidenswert sie ist; es heißt: nicht du interessierst mich, sondern diese Dinge hier - und zugleich: dies ist ein Spiel, das ich dir vorspiele, es ist das Interesse für dich, dessentwegen ich mich zu diesen anderen hinwende.

Solches Ineinanderwachsen symbolischen Habens und Nichthabens kulminiert ersichtlich in der Hinwendung der Frau zu einem anderen Manne als dem, den sie eigentlich meint.

Nicht um die brutale Einfachheit der Eifersucht handelt es sich dabei.

Diese steht auf einem anderen Blatt, und wo sie etwa vorbehaltlos entfesselt werden soll, um das Gewinnen- oder Behaltenwollen zur Leidenschaft zu steigern, da fügt sie sich nicht mehr in die Form der Koketterie.

Diese vielmehr muss den, dem sie gilt, das labile Spiel zwischen Ja und Nein fühlen lassen, das Sich-Versagen, das der Umweg des Sich-Gebens sein könnte, das Sich-Geben, hinter dem, als Hintergrund, als Möglichkeit, als Drohung das Sich-Zurücknehmen steht. [..]

Das Versagen eines Mannes gegenüber einer Frau, die ihm entgegenkommt, mag aus ethischen, personalen, ästhetischen Gründen noch so gerechtfertigt, ja notwendig sein - es hat immer etwas Peinliches, Unritterliches, gewissermaßen Blamables, und zwar für ihn mehr als für die Frau, für die das Zurückgewiesenwerden leicht einen tragischen Akzent bekommt.

Es ist nicht die geziemende Attitüde des Mannes, eine Frau abzuweisen, gleichviel ob es auch für sie nicht geziemend war, sich ihm anzubieten - während umgekehrt die Rechnung völlig glatt aufgeht; den werbenden Mann abzuweisen, ist sozusagen eine der Frau durchaus angemessene Geste.

Ebenso aber ist auch das Sich-geben-Können der Frau, trotz eines am Schlusse dieser Blätter anzudeutenden Vorbehaltes, so tief und ganz und ein so erschöpfender Ausdruck ihres Seins, wie ihn vielleicht der Mann auf diesem Wege niemals erreichen kann.

Im Neinsagen und Ja-sagen, im Sich-Hingeben und Sich-Versagen sind die Frauen die Meister. Kein Wunder, dass ihnen in der Koketterie eine dem Manne durchaus nicht adäquate Form erwachsen ist, in der ihnen beides zugleich möglich ist.

Dass der Mann sich nun zu diesem Spiele hergibt, und zwar nicht nur, weil ihm, dessen Begehren an die Gunst der Frau gefesselt ist, nichts anderes übrigbleibt, sondern oft, als ob er gerade aus dieser ihn hin und her schiebenden Behandlung einen besonderen Reiz und Genuss zöge - das geht zunächst, sehr naheliegend, auf die bekannte Erscheinung zurück: dass eine auf ein schliessliches Glücksgefühl hin orientierte Erlebnisreihe schon auf die Momente vor diesem letzten einen Teil seines Genusswertes ausstrahlt.

#Hier sehe ich einen Ansatz, neben der Begegnungsangst (approach-anxiety), eine Befürchtung zu haben die darauf abzielt "etwas" zu verlieren, bevor überhaupt begonnen". Die Vorstellung, insbesondere bei (eigenem) Gefallen an der Frau, und geringstenfalls schon einen erfolgreichen Augenkontakt hergestellt, den Kontakt erfolgreich! zu knüpfen (im kurzem Sinne bereits erfolgreich, wenn ein sprachlicher Kontakt begonnen wurde) versetzt den Mann in das Vorrauseilen in das nächste "Stadium".

Die Koketterie ist einer der zugespitztesten Fälle dieser Erfahrung. Ursprünglich mag der einzige Genuss der erotischen Reihe der physiologische gewesen sein. Von diesem aber ist er allmählich auch auf alle früheren Momente der Reihe übergegangen.

Dass hier, soweit das rein Psychologische in Betracht kommt, tatsächlich eine historische Evolution vorliegt, ist deshalb wahrscheinlich, weil die Lustbedeutung sich auf um so entferntere, andeutendere, symbolischere Momente des erotischen Gebietes erstreckt, je verfeinerter und kultivierter die Persönlichkeit ist.

Das seelische Zurückrücken kann so weit gehen, dass z. B. ein junger verliebter Mensch aus dem ersten heimlichen Händedruck mehr Seligkeit schöpft als später aus irgendeiner restlosen Gewährung, und dass für manche zarte und sensible Naturen - die keineswegs frigid oder unsinnlich zu sein brauchen - der Kuss, ja das bloße Bewusstsein des Wiedergeliebtwerdens alle gleichsam substantielleren erotischen Freuden übertrifft.

Der Mann, mit dem eine Frau kokettiert, fühlt schon an ihrem Interesse für ihn, an ihrem Wunsch, ihn anzuziehen, den irgendwie anklingenden Reiz ihres Besitzes, wie überhaupt das versprochene Glück schon einen Teil des erreichten antizipiert. [..]

Wenn es den Abenteurer macht, dass er das Unberechenbare des Lebens so unbefangen sicher wie das Berechenbare behandelt, und gerade weil er beides praktisch so nahe aneinander bringt, die Spannung zwischen beiden und den Reiz der Chance, des bloßen Vielleicht [..] empfindet - so sind, in niedrigerem und unendlich mannigfaltigem Maße, wir alle Abenteurer.

Wenn wir die Chance des Verfehlens, die sich zwischen Vorstadium und Zielstadium schiebt, nach ihrem vollen sachlichen Gewicht rechneten, so würde es wohl zu jener Vordatierung des Glücks kaum kommen; aber wir empfinden sie zugleich als Reiz, als das lockende Spiel um die Gunst [..] des Unberechenbaren. [..]

Dieses Verhalten zieht einerseits aus dem Versprechen, das die Koketterie einschließt, jenes vorweggenommene Glück; der Revers davon aber, die Chance, dass diese Vorwegnahme durch eine Wendung der Dinge dementiert (entzogen) werde, erwächst ihm als die gleichzeitige Distanzierung, die die Kokette (die Dame) ihrem Gegenüber fühlbar macht.

Indem dies beides dauernd gegeneinander spielt, keines ernsthaft genug ist, um das andere aus dem Bewusstsein zu verdrängen, steht auch über dem Negativen die Chance des Vielleicht, ja dies Vielleicht, in dem die Passivität des Hinnehmens und die Aktivität des Erringens eine Einheit des Reizes bilden, umschreibt die ganze innere Reaktion auf das Verhalten der Kokette. [..]

Damit [..] ist die ganze Aktion wirklich in die Sphäre des Spieles erhoben, während sie, solange der Mann es noch ernst meinte, insoweit mit der der Realität gemischt war. [..]

Es ist weniger die Kunst des Gefallens - das noch irgendwie in die Realitätssphäre hineinragt - als die Kunst des Gefallens, die nun den Drehpunkt der Beziehung und ihrer Attraktionen ausmacht. [..]

Deshalb wandelt sich die Konsequenz des koketten Verhaltens: dass der inneren Sicherheit der Kokette eine Unsicherheit und Entwurzeltheit des Mannes, eine oft verzweiflungsvolle Preisgegebenheit an ein Vielleicht korrespondierte - hier völlig in ihr Gegenteil.

Wo der Mann selbst nichts mehr als dieses Stadium begehrt, gibt ihm nun gerade die Überzeugung, dass es der Kokette nicht Ernst ist, eine gewisse Sicherheit ihr gegenüber.

Er kann nun, wo kein ja ersehnt und kein Nein gefürchtet wird, wo aber auch die etwaigen Gegeninstanzen gegen jene Sehnsucht keiner Erwägung bedürfen, sich dem Reize dieses Spieles weitergehend überlassen, als wo er wünscht, vielleicht aber auch irgendwie fürchtet, dass der einmal begonnene Weg auch zum Endpunkt führe. [..]

Nun aber ist dieser sozusagen logische Zwecksinn ihres (der Frau) Tuns gar nicht ihre Meinung, sondern sie lässt dieses Tun konsequenzlos in der Luft verschweben, indem sie ihm ein ganz anders gewendetes Ziel gibt: zu gefallen, zu fesseln, begehrt zu werden - aber ohne sich irgendwie daraufhin beim Wort nehmen zu lassen.

Sie verfährt durchaus »zweckmäßig«, aber den »Zweck«, auf den dies Verfahren in der Reihe der Realität zugehen müsste, lehnt sie ab, verflüchtigt ihn in die rein subjektive Beglückung des Spieles. [..] die Koketterie zwar mit der Wirklichkeit auch nur spielt, aber doch mit der Wirklichkeit spielt. [..]

Die Kokette und in jenem vorhin angedeuteten Falle auch ihr Partner spielen zwar und entheben sich damit der Wirklichkeit, aber sie spielen nicht mit dem Scheine der Wirklichkeit [..], sondern mit der Wirklichkeit selbst. [..]

Es scheint nämlich die durchgehende Erfahrung des männlichen Empfindens zu sein, dass die Frau - und zwar gerade die tiefste, hingebendste, in ihrem Reiz nicht erschöpfliche - noch in dem leidenschaftlichsten Sich-Verschenken, Sich-Offenbaren irgendein letztes Unenträtseltes, Ungewinnbares zurückbehalte.

Vielleicht hängt das gerade mit jener Einheit zusammen, in der alle Keime und Möglichkeiten noch enger, undifferenzierter nebeneinander oder ineinander ruhen, so dass man den meisten Frauen gegenüber das Gefühl einer gewissen Unentwickeltheit, nicht recht in die Aktualität hinein gelöster Potenzen hat - und zwar noch ganz jenseits etwaiger Entwicklungshemmungen durch soziale Vorurteile und Benachteiligungen.

Gewiss ist es unrichtig, in dieser »Undifferenziertheit« einfach ein Manko, ein Zurückgebliebensein zu sehen; vielmehr ist dies die durchaus positive, ein eigenes Ideal bildende Wesensart der Frau, die gleichberechtigt neben der »Differenziertheit« des Mannes steht. # Soviel zum "Frauenbild des 19. Jahrhunderts :D [..]

Indem die Koketterie dies »Halbverhülltsein« der Frau, das ihre tiefste Relation zum Manne ausdrückt, mit pointiertem Bewusstsein aufnimmt, würdigt sie freilich den letzten, metaphysischen Grund der Beziehung zu einem bloßen Mittel ihrer äußeren Realisierung herab; allein dies erklärt dennoch, weshalb Koketterie keineswegs eine »Dirnenkunst« ist - so wenig, dass die hetärische ebenso wie die ungeistig-sinnlichste Frau keineswegs die koketteste zu sein pflegt - und dass Männer, auf die jede bloß äußerliche Verführung ganz ohne Wirkung bleibt, sich dem Reize der Koketterie bewusst und mit dem Gefühl ergeben, dass sie weder ihr Subjekt noch ihr Objekt entwürdigt.

An dieser Form, die den Anteil der Frau an dem Verhältnis der Geschlechter gestaltet, an diesem ja und Nein, das die Basis jedes ja oder Nein ist, offenbart sich der tiefere Sinn jener Deutung der Liebe als eines Mittleren zwischen Haben und Nichthaben.

Denn nun ist das Nichthaben in das Haben hineingewachsen, beide bilden die Seiten einer Beziehungseinheit, deren äußerste und leidenschaftlichste Form schließlich das Haben von etwas ist, das man zugleich nicht hat. [..]

Ist deshalb das gleichzeitige Haben und Nichthaben die undurchbrechliche Erscheinungsform und oft die letzte Basis der Erotik, so wird diese nun durch die Koketterie aus ihr herausdestilliert, und zwar gleichsam in der Form des Spieles - wie gerade das Spiel oft aus den Komplikationen der Wirklichkeit heraus die einfachsten Grundverhältnisse sich zum Inhalte macht: das jagen und Gewinnen, die Gefahr und die Glückschance, das Ringen und das Überlisten.

Durch die Bewusstheit der Koketterie zeichnet sich jedes der tief ineinander gesenkten Gegenelemente schärfer an dem anderen ab: sie gibt dem Nichthaben gleichsam eine positive Anschaulichkeit, macht es durch die spielende, andeutende Vorspiegelung des Habens erst recht fühlbar, wie sie umgekehrt durch die drohende Vorspiegelung des Nichthabens den Reiz des Habens aufs äußerste steigert.

Und wenn jenes Grundverhältnis zeigte, dass wir auch im definitiven Haben noch irgendwie nicht haben, so sorgt die Koketterie dafür, dass wir auch im definitiven Nichthaben schon irgendwie haben können.

Wenn es schien, als wäre die Koketterie ausschließlich in der Beziehung zwischen Männern und Frauen erwachsen, eine Oberflächenspiegelung, die den letzten Grund dieser Beziehung, unter einem bestimmten Winkel gebrochen, darstellte - so belegt dies nun noch schließlich jene umfassende Erfahrung, dass eine große Anzahl allgemein menschlicher Verhaltungsformen an der Relation der Geschlechter ihr normgebendes Beispiel besäße.

Sieht man nämlich die Arten an, wie der Mensch sich zu Dingen und anderen Menschen stellt, so steht unter ihnen die Koketterie als ein ganz allgemeines, keinen Inhalt von sich ablehnendes formales Verhalten.

Das Ja oder Nein, mit dem wir Entscheidungen gewichtiger oder alltäglicher Art gegenüberstehen: Hingaben und Interessiertheiten, dem Ergreifen einer Partei und dem Glauben an Menschen oder Lehren - wandelt sich unzählige Mal in ein ja und Nein, oder auch in einen Wechsel zwischen beiden, der den Charakter einer Gleichzeitigkeit trägt, weil hinter jeder jeweiligen Entscheidung die andere als Möglichkeit oder als Versuchung steht.

Der Sprachgebrauch lässt die Menschen mit religiösen oder politischen Standpunkten, mit Wichtigkeiten wie mit Zeitvertreiben »kokettieren«; und viel öfter, als unsere Worte es wahrhaben wollen, findet das so bezeichnete Verhalten in Ansätzen und bloßen Nuancierungen, in Vermischungen mit andersartigem Benehmen und in Selbsttäuschung über seinen Charakter statt.

Alle die Reize des gleichzeitigen Für und Gegen, des Vielleicht, des verlängerten Vorbehaltes der Entscheidung, der ihre beiden, in der Realisierung einander ausschließenden Seiten zusammen vorgenießen lässt - sind nicht nur der Koketterie der Frau mit dem Mann eigene, sondern sie spielen gegenüber tausend anderen Inhalten.

Es ist die Form, in der die Unentschiedenheit des Lebens zu einem ganz positiven Verhalten kristallisiert ist, und die aus dieser Not zwar keine Tugend, aber eine Lust macht.

Mit jenem spielenden, obgleich keineswegs immer von der Stimmung des »Spieles« begleiteten Sich-Nähern und Sich-Entfernen, Ergreifen, um wieder fallen zu lassen, Fallenlassen, um wieder zu ergreifen, dem gleichsam probeweisen Sich-Hinwenden, in das schon der Schatten seines eigenen Dementis fällt - hat die Seele die adäquate Form für ihr Verhältnis zu unzähligen Dingen gefunden. [..]

Da nun entsteht das Vor- und Zurücktreten, das versuchende Halten und Loslassen, in dessen schwankender Dualistik sich jene so oft unvermeidliche Grundrelation des Habens und Nichthabens malt.

Indem ein so tragisches Moment des Lebens sich in die spielende, schwankende, zu nichts engagierende Form, die wir das Kokettieren mit den Dingen nennen, kleiden kann - begreifen wir, dass diese Form ihre typischste, reinste Erfüllung gerade an dem Verhältnis der Geschlechter gewinnt - an dem Verhältnis, das schon in sich die vielleicht dunkelste und tragischste Beziehung des Lebens in die Form seines höchsten Rausches und schimmerndsten Reizes hüllt.

Georg Simmel:

Psychologie der Koketterie

Moderne illustrierte Zeitung Nr. 344, Morgenblatt vom 11. Mai 1909

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Tja, damals nannten sie es Spiel, heute nenne wir es "The game" - die Prinzipien sind gleichgeblieben.

Der Text ist, wenn auch kein Lobgesang, ein befürwortender Text, indem Koketterie als eine nur den Frauen eigene, fast selbständige Eigenschaft sieht. Simmel befürwortet das gleichzeitige "Ja und Nein" und stellt die Reize des Spiels aus, das zum Selbstzweck, fast Kunstwerk wird. Am Ende bringt er auch unsere alltägliche Unentschlossenheit hinein.

Die Ideen sind alle PU-kompatibel. Etwa: locker bleiben, mitspielen, sich nicht auf den Ausgang festlegen. Nur eins hat Simmel nicht verstanden: daß Männer auch den Spieß sehr gut umdrehen können. Ich denke da u.a. an push-pull, Rollenspiele und andere Methoden. Wir schlagen die Frauen mit ihrem eigenen Spiel!

Nur eines fehlt mir an dem Artikel: Wann ist die Koketterie volle Absicht, wann ist sie die Unsicherheit der Frau, und inwiefern kann man das überhuapt unterscheiden?

Aber am besten kann man solche Texte als eigene Routine oder Story verwerten. Am besten man kann einen wichtigen Absatz auswendig: die "altertümliche" Wortwahl gibt dem ganzen etwas kultiviertes und außergewöhnliches, mit dem man sich abhebt.

Oder man entwickelt einen Opener daraus: "Denkt ihr daß Frauen, die sich nicht entscheiden können, noch unentwickelt sind?" etc.

Wie S. (gebanned) sinngemäß sagt: alles ausschlachten :P

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Für mich war Plato immer schon ein faszinierender Mann.

Einerseits seine scheinbare "abgehobene" Art, wie seine Theorie bzw. Forschung über Atlantis usw.

Für mich das Genie schlecht hin, der Artikel beweist es -für mich zumindest- einmal mehr.

Danke sehr für den Link!

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