JesusChristus 0 Beitrag melden Juni 8, 2009 erstellt Dieser Thread ist eine philosophische Auseinander mit dem Thema Glück, basierend auf der Glückstheorie von Martin Seel.Da ich dies für die Uni im Fach Ethik erarbeiten musste, dachte ich mir ich teile meine Erkenntnisse mit euch.Betrachten wir uns als Einleitung die antike christliche Ethik und im Gegensatz dazu die neuzeitliche moderne Ethik.A) Die antike christliche Ethik legte sehr großen Wert auf ein gerechtes Leben. Ein Leben konnte nur dann gut und moralisch richtig sein, wenn es gerecht war. Man konnte nur dann glücklich sein, wenn man gerecht lebte.Doch was heißt gerecht? Gerecht heißt, dass man tugendhaft lebte. Man richtete sich also sehr stark an Gesetze und Rechte des öffentlichen Lebens oder um es offener zu formulieren: Es wird einem der Weg vorgegeben, man hat selbst nichts mehr zu entscheiden.B) Im Gegensatz dazu hatte die neuzeitliche moderne Ethik große Zweifel, dass man für ein gutes Leben unbedingt gerecht leben muss. Glück ist keine Sache, die an Gesetze oder ähnliches gebunden sein darf. Glück ist eine Sache des Individuums, das bestimmte Lebenslagen als Glück oder Unglück empfindet und SELBST beurteilt. Der größte Unterschied zur antiken Ethik liegt also darin, dass einem kein Weg vorgeschrieben wird, sondern dass man anhand seiner eigenen Lebenseinstellung versucht selbst sein Glück zu erreichen. Mit seinem eigenem Weg!!Was bedeutet Glück überhaupt?Glück hat im deutschen zwei Bedeutungen und das ist kein Zufall! "Karl hatte Glück". -> Zufall (hat im Lotto gewonnen)"Karl ist glücklich" -> Wohlergehen (sonnt sich gerade und fühlt sich richtig gut)Diese Doppeldeutigkeit des Wortes Glück ist gewollt. Wenn man in einer bestimmten Situation kein Glück hat, fühlt man sich wie vom Glück verlassen.Beim Glück gehen subjektiv und objektiv zusammen, man kann nicht glücklich sein ohne von diesem Glück etwas zu spüren. Außerdem ist man nicht deswegen glücklich, weil man sich glücklich fühlt.Dieses Gefühl des Glücks wird als "illusionäres Glück" bezeichnet, es ist also kein echtes Glück. Es ist eine Illusion die die Menschen über ihre echte Lage hinwegtäuscht. Würden sie mehr über sich nachdenken und erkennen, in welcher schwierigen Situation sie stecken, würde dieses illusionäre Glück verschwinden. Wirkliches Glück besteht eher darin, sein eigenes Leben anzuschauen und es lohnend zu gestalten.Glück kann zwei Bedeutungen haben, es kann episodisch oder übergreifend gemeint sein."Ich bin glücklich".A) Episode: Es bezieht sich auf mein Glück, das ich hier und jetzt empfinde und bezeichnet demzufolge eine glückliche Situation oder Abschnitt meines Lebens.B) Gestalt: Es kann sich auf die Qualität meines Lebens beziehen, in diesem Fall WIE das Leben ist.-> Beide Bedeutungen haben Beziehungen zueinander. Es ist logisch, dass ein Leben keine hohe Qualität haben kann, wenn man kein Situationen im Leben hat wo man jemals Glück empfunden hat.Das Leben beruht auf gutem Bestehen von Situationen erfreulicher und unerfreulicher Art.Das Wörtchen Glück könnte man kurz und knackig in unserem Zusammenhang als "gutes Leben" des Individuums bezeichnen. Andere Bezeichnungen dafür wären "gelingendes Leben" oder "Wohlergehen". Alle Bezeichnen haben eine Gemeinsamkeit: Sie sind fortschreitend und kennzeichnen einen fortlaufenden Prozess. Bei dem Glück ist aber wichtig, dass man nicht als gelungenes Leben vom Ende her ausgeht, sondern zum Beispiel die Mitte des Lebens nimmt und schon da von gelungenem Leben sprechen kann. Welche Bedingungen hat das Glück?Wenn sich episodisches Glück entfalten kann, kann man ein gutes Leben haben.Dabei gibt es allerdings drei Bedingungen die erfüllt sein müssen um episodisches Glück zu erleben:A) Relative SicherheitMan kann genauso in einer kriegerischen Welt glücklich sein, allerdings sollte man dort nicht die ganze Zeit unter Angst und Schrecken leben müssen und es muss eine gewisse Grundversorgung bestehen. Außerdem sollte man sich auf die Menschen verlassen können, mit denen man zusammenlebt.B) Relative GesundheitMan sollte relativ gesund sein, aber man kann auch als körperlich oder geistig Behinderter glücklich sein. Allerdings sollte man nicht dauernd Schmerzen oder psychische Qualen haben.C) Minimale FreiheitMan sollte über Bewegungsfreiheit verfügen und tun und lassen können, ohne Angst zu haben sofort dafür bestraft zu werden.Welche Formen kann das Glück haben?Wie verhält sich das übergreifende Glück zum episodischem Glück? Seel unterteil in zwei Grundformen: Das episodische Glück und das übergreifende Glück, das auch als gutes gelingendes Leben bezeichnet wird. Ein gutes gelingendes Leben findet statt, wenn man zurückblickt und man mehr glückliche Momente in seinem Leben sieht als unglückliche.Deshalb liegt das Ziel im Leben darin, die glücklichen Momente zu maximieren um auf ein gutes gelingendes Leben zurückblicken zu können.Die einfachste Form von Glück liegt darin, wenn sich ein Wunsch erfüllt.Wenn man das oben betrachtet, erhält man durch erfüllte Wünsche glückliche (episodische) Momente und so auch eine "positive Glücksbilanz". Man könnt dies als teleologischen Weg des Glücks bezeichnen.Teleologie bezeichnet den Ablauf und Zielbestimmung von Dingen.Aber nicht alles was man sich wünscht, kann man sofort erreichen. Man muss über andere Ziele und Wege gehen, um sein Endziel zu erreichen. Man will manche Ziele also nur als Mittel oder Weg. Das Endziel will man aber um seiner selbst willen.Nehmen wir an, man will ein großer Verführer werden. Man muss nun viel lesen und ausprobieren. Man muss Ängste überwinden. Dies macht alles anfangs keinen so großen Spaß, aber wenn man langsam sein Endziel erreicht beginnt der Spaß. Man hofft, dass man mit diesen kleinere Zielen und Mitteln an sein Endziel kommt.In Bezug auf Glück sind diese kleineren Wege immer ein Zutun, man kann sich nicht sicher sein dass dieser Weg wirklich zum Endziel führt. Man hofft, dass er es tut.Die Art der Wünsche sollte man auch beachten. Man sollte realistische Wünsche nehmen, die sich sinnvoll miteinander vereinen lassen. So kann man ein gutes Leben erreichen. Ansonsten kann man seine Wünsche nicht erfüllen und die Glücksbilanz wird negativ.Glück ist im teleologischem Sinne dann erfüllt, wenn man das erfüllt, was man sich gewünscht hat. Die Wünsche sind aber alle wie gerade festgestellt vernünftig gewählt.Man ist also glücklich wenn man imstande ist sich einen Plan an Wünschen aufzustellen, die man alle erfüllen kann. Laut dieser Theorie ist nicht mehr das episodische zufällige eines Moments wichtig für unser Glück, sondern eher die Fähigkeit einen Plan zur Lebensführung erstellen zu können.Hierbei liegt aber auch das Problem: Was soll man machen, wenn alle Wünsche abgearbeitet sind? Man muss dafür sorgen, dass der Plan nicht vollständig in Erfüllung tritt, damit man immer einen Wunsch zu erfüllen hat. Dies ist aber paradox, dass man Wünsche nicht erfüllen soll, damit man noch Wünsche zu erfüllen hat!Wir schließen daraus: Eine Glückstheorie darf keine finale Züge haben, sie sollte eher präsentisch ausgeprägt sein.Der erfüllte AugenblickDas episodische Glück bezieht sich auf das Glück eines Moments. Darunter können Wünsche sein, aber nicht jeder Moment ist die Erfüllung eines Wunsches. Menschen wissen oft gar nicht was sie wollen. Sie können oft auch keine Rangfolge ihrer Wünsche erstellen. Aus diesem Nichtwissen heraus ist eine neue Form des episodischem Glücks entstanden, nämlich der erfüllte Augenblick.Der Zufallsmoment selbst ist hierbei der Glücksmoment. Der Glücksmoment entsteht, wenn sich eine Wirklichkeit einer Situation überraschend verändert und wir diese Situation dann auch akzeptieren und wollen.Man kann keine solcher Situationen um ihrer selbst willen erstreben, weil es eine unwahrscheinliche Gegebenheit sein kann. Sie stellt einen ästhetischen Selbstzweck dar, weil man frei ist von dem was man sonst will und was man ansonsten normalerweise denkt. Dieser ästhetische Glücksbegriff unterscheidet sich von teleologischen darin, dass es ein Glück im hier und jetzt und kein Prozess mit Planung ist. Es kann zwar ein Augenblick der Wunscherfüllung sein, man ist mit der Frau zusammen von der man Jahre lang etwas wollte, aber es ist ein so unwahrscheinlicher und tiefer Wunsch dass man es nicht über Wunscherfüllung definieren kann. In diesem Fall ist es eher so, dass man einen Wunsch los hat, in dem man gefangen war dann ausgebrochen ist und es nun spürt. Dieser Augenblick kann sogar von den normalen Wünschen abweichen, nehmen wir an man hat Abneigung gegen etwas muss es aber nun doch tun und empfindet plötzlich dabei Glück obwohl man Jahre lang Abneigungen dagegen verspürt hatte.Das Glück des Augenblicks ist autonom gegenüber dem der Wunscherfüllung.Wer diesen Augenblick erleben will, muss fähig sein Abstand zu seinen normalen Wünschen nehmen zu können. Diese Person muss also ein offener Mensch sein und offen sein für neue Eindrücke und Einflüsse, und darf nicht an vielen Punkten strikt beharren.SelbstbestimmungWenn man einen Lebensentwurf erstellt hat, aber dennoch flexibel damit umgeht hat man ein selbstbestimmtes Leben. Man sollte seinen eigenen Lebensweg frei wählen können.Der Begriff der Freiheit ist sehr wichtig, insbesondere die Freiheit des Glück des Augenblicks und der Wunscherfüllung. Es geht aber darum, dass man sein Handeln frei wählen kann und gerade dann wenn nicht alles nach Wunsch und Willen geht!!!Jetzt sieht man den Unterschied zwischen dem übergreifendem und dem episodischem Glück. Beim übergreifendem Glück würde man sich eine negative Glücksbilanz anhäufen und hätte im Endeffekt so versagt. Betrachtet man das ganze nur episodisch-selbstbestimmend, reicht ein Glücksmoment schon vollkommen aus um glücklich zu sein da es egal ist wie die anderen Momente verlaufen sind.Der Weg ist bei der Selbstbestimmung das Ziel. Der Vorzug liegt darin, dass man in guten wie in schlechten Zeiten im Einklang mit sich selbst leben kann.Außerdem entgeht man nun dem finalem Problem: Es geht nicht mehr um ein einzigen großen Ziel, sondern um ein gelingendes Leben. Dieses gelingende Leben ist aber auf Zielen, insbesondere aber auf glücklichen Momenten oder Augenblicken fixiert. Da diese zufällig auftreten gibt es immer wieder neue Momente. Das Problem hierbei ist aber, dass man derartige Augenblicke benötigt, um diesen Stil leben zu können.WelterschließungHierbei geht es darum, dass man neue Handlungsmöglichkeiten SELBST bewerten und entscheiden kann, was man daraus macht. Zum Beispiel man entwickelt etwas neu. Komplexer gesagt würde es heißen, dass man autonom entscheidet. Man entscheidet aus eigener Überlegung und Entscheidung heraus. Dies entsteht aber aus Erfahrung und Lebenspraxis und ist demzufolge doch nicht ganz selbst entwickelt sondern für sich selbst modifiziert und übernommen.Nehmen wir an jemand entscheidet sich alleine zu leben, ist er dennoch von der Außenwelt abhängig. Denn wie wir vorher gelernt haben gehört zu Selbstbestimmung, dass man flexibel ist und demzufolge auch auf andere Menschen hört und seine Einstellung so ändern kann.Freiheit ist ein sehr wichtiger Aspekt, der aber eine Wirklichkeit voraussetzt die man selbst nicht beeinflussen kann. Die Außenwelt muss frei von Bedrohung sein, damit Selbstbestimmung herrschen kann.Es muss Spielraum für ein selbstbestimmtes Leben herrschen, wofür muss aber ein selbstbestimmtes Leben offen sein? Es gibt Grundinhalte, die wären:Gelingende Arbeit, gelingende Interaktion, Zeiten selbstgenügsamen Spiels und zweckfreier Betrachtung. Jeder dieser Punkte könnte man als eigene Wirklichkeit auffassen und man sieht, dass man nicht nur ein Selbstverständnis sondern ein komplexes Weltverhältnis braucht um sein Glück zu finden, damit man zum Bsp alle Grundinhalte erfüllen oder erkennen kann.Glück ist kein Gefühlszustand, sondern der freie Kontakt mir unterschiedlichen Wirklichkeiten des Lebens.Die Frage der MoralDie Hauptfrage ist hierbei:Zahlt es sich für das eigene Glück aus, moralischen Geboten zu folgen?Nehmen wir an, zu einem guten Leben gehört es dazu mit vielen Menschen Kontakt zu haben, dann ist ein Leben ohne Moral nicht möglich. Wir selbst sind auf die anderen Menschen angewiesen, dies bedeutet aber im Umkehrschluss nicht, dass wir den anderen Menschen Anerkennung gewähren müssen.Glück ist nicht ohne Moral, aber auf Kosten von Moral möglich.Moralische Rücksicht ist keine Rücksicht auf mich selbst, sondern eher Rücksicht auf andere Menschen. Andere Menschen wollen logischerweise genauso glücklich werden wie ich selbst. Deshalb pflegt man die Moral, damit universale Bedingungen bestehen bleiben und zum Beispiel die Welterschließung darunter leidet indem es Krieg gibt.Moralische Orientierung ist also nichts anderes, als allen Menschen Spielraum zu geben für freie individuelle Entwicklung aber in der Hinterhand einige Spielregeln für den allgemeinen Frieden usw zu haben. Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag Auf anderen Seiten teilen
JesusChristus 0 Beitrag melden Juni 9, 2009 geantwortet Zu diesem Thema musste ich noch einen Essay der Auseinandersetzung mit der Einstellung von Berhard Bueb schreiben.Bernhard Bueb ist Schuldirektor, und leitet sein Internat mit strengster Disziplin und Ordnung. Kleinste Fehler werden relativ schnell mit Schlussausschluss vergolten, man sieht:Es ist extrem streng und erfolgsorientiert.EssayThemenkomplex GlückJeder Mensch besitzt göttliche Anlangen und es steht ihm frei diese für sich zu nutzen und entwickeln. Aristoteles behauptete dies vor langer Zeit und heutzutage sieht es Bernhard Bueb genauso. Nur werden Werte beziehungsweise die daraus resultierenden Tugenden nicht mehr als göttliche Anlangen, sondern eher als Hilfsmittel angesehen. Bueb bezeichnet seine strenge Disziplin als Krücke und Geländer zum festhalten. Die Grundsätze des Entwicklungsprozesses des Menschen sind bei Bueb und Aristoteles sehr teleologisch ausgeprägt.Laut Aristoteles befindet sich der Mensch in einem Prozess, der von der Entfaltung der Tugenden geprägt sein sollte, denn nur so kann die Glückseligkeit erreicht werden. Diese Entwicklung und Ausprägung von Tugenden hat einen sehr starken finalen Charakter und genauso ist das Schulsystem von Bueb ausgerichtet. Man muss sich als Schüler jahrelang mit strikter Disziplin und strengen Regeln quälen, um später ein finales Ziel zu erreichen. In diesem Falle wären es gute berufliche Perspektiven, Reichtum und natürlich Erfolg. Während Aristoteles mit seinem Werk der Nikomachischen Ethik vorgibt wie sich die Tugenden definieren, übernehmen bei Bueb Lehrer diesen Part. Sie geben Regeln und Werte vor, und leiten die Schüler so zu ihrem Ziel. Im Endeffekt dasselbe wie bei Aristoteles, außer dass es bei Aristoteles schriftlich und im Schulsystem mündlich geschieht.Für beide ist eine Formung und Entfaltung des Geistes sehr wichtig.Das man alles richtig gemacht hat, erfährt man bei Aristoteles erst so richtig bei seinem Tod, bei Bueb könnte man diese Feststellung auf die Erlangung seiner Ziele setzen. Hier ist aber Vorsicht geboten, da in beiden Fällen nicht die eigenen sondern aufgedrängte Ziele gemeint sind. Bei Aristoteles passiert diese Erlangung durch Tugenden und bei Bueb durch die strenge Disziplin. Fähigkeiten wie Kreativität, selbstständiges Denken oder Handeln und Mut zum Widerspruch bleiben auf der Strecke.Aber was passiert mit jenen Menschen, die genau in diesen Bereichen ihre Fähigkeiten haben? Wenn eine Person ein sehr guter Redner und künstlerisch begabt ist aber durch Bueb trockener Mathematiker wird, kann man final von Glück sprechen da man das vorgegebene Ziel erreicht hat?Bueb grenzt sich von solchen Ansichten sehr stark ab und betrachtet das ganze wie Aristoteles. Betrachtet man Glück aus der Sicht von Martin Seel wird schon zu Beginn deutlich, dass es sich hier um einen komplett anderen Standpunkt handelt im Gegensatz zu unserem Duo Bueb und Aristoteles. Gleich zu Beginn wird der Unterschied der christlich antiken und der neuzeitlich modernen Ethik erläutert. Während es bei der antiken Ethik eher darauf ankommt einen bestimmten vorgegeben Weg zu gehen um glücklich zu werden, wird genau dieser Aspekt bei der modernen Ethik kritisiert und Wert auf den eigenen Weg und Individualität gelegt.Der eigene Weg fehlt bei Bueb komplett, da alles vorgegeben wird. Man könnte also behaupten, dass Bueb seine Methoden antik sind und Seel als komplettes Gegenteil in diesem Bezug betrachten. Bueb behauptet, wie schon oben erwähnt, dass seine Methoden eine Krücke seien um Schüler wieder auf den richtigen Weg und zum finales Ziel Glück zu bringen. Doch wie kann eine Methode eine Krücke sein, die einen Schüler auf einen vorgegeben Pfad ohne Abzweigungen zwängt? Wenn man aus dem System der Disziplin ausbricht oder es wenigstens versucht, wir könnten es metaphorisch auch als Gefängnis bezeichnen, wird man sofort wieder in das Gefängnis gesteckt. Demzufolge widerspricht Bueb Seel in diesem Punkt und dazu noch im Findungsprozess des eigenen individuellem Weges. Wenn wir auf die Metapher zurückblicken ist nur ein einziger Weg im Gefängnis möglich, man hat bei Bueb keine Wahl während bei Seel diese eigene individuelle Wahl den Schwerpunkt fürs Glück bildet. Aristoteles argumentiert in diesem Fall genauso wie Bueb, nämlich mit seiner Theorie der vorgegebenen Tugenden.Laut Seel müssen subjektive und objektive Wahrnehmung zusammenkommen um Glück zu erleben. Simpel gesagt kann man nicht glücklich sein, wenn man sich nicht selbst glücklich fühlt. Als Ausdruck des Glücks zeigt Bueb das fehlerfreie spielen einer Sonate auf. Aber dieses Beispiel ist eher eine objektive Betrachtung. Nach außen hin mag die Person als glücklich zu schätzen sein, die eine Sonate fehlerfrei spielen kann. Aber macht es ein Kind genauso nach innen hin glücklich? Ein Kind, das vielleicht von seinen Eltern gezwungen wird ein Instrument zu spielen, obwohl es lieber einem Fußballverein beitreten würde und dieses Instrument nur als Statussymbol spielen muss?Hier sieht man wieder das Problem, dass sich aus der Nikomachischen Ethik ergibt. Bueb transferiert seine subjektiven Werte auf alle anderen Menschen und macht diese zum Maßstab, genauso wie es Aristoteles mit seinen Tugenden macht. Aber woher können sich diese beiden das Recht anmaßen, über andere Menschen und deren Lebenswege bestimmen zu dürfen? Seel sieht diese ganze Sache wieder anders, nämlich dass jedes Individuum sein eigenes Glück finden muss.Natürlich gehören fremde Meinungen auch zum Leben dazu, und deshalb hat dies Seel in seiner Theorie mit der Selbstbestimmung eingebaut. Man kann sich gerne fremde Meinungen anhören und auch in sein eigenes Leben integrieren, aber im Endeffekt entscheidet man selbst als Individuum und bekommt nichts aufgedrängt.Durch Bueb erhält man willenlose Roboter während durch Seel Menschen mit gutem Einschätzungsvermögen gebildet werden, was sehr wichtig in der Politik ist wenn sich für die Bevölkerung negative unterdrückende Gesetze anbahnen. Aufstand und Mut zum handeln lauten hier die Stichworte. Zur Verdeutlichung ein sarkastisches Beispiel: Wäre es eine Tugend vom Hochhaus zu springen, müsste man dies laut Aristoteles und Bueb machen, während man bei Seel zuerst nachdenken würde ob es für das eigene Glück sinnvoll ist und man würde es im Endeffekt nicht machen.Man kann sogar soweit gehen und die Situation der Schüler von Bueb als illusionäres Glück bezeichnen. Im Endeffekt sind die Schüler willenlose Gestalten, die nichts entscheiden dürfen. Illusionäres Glück kann man in der Hinsicht sagen, dass ihre wirkliche Lage mies ist und die Schüler sich nur gut fühlen weil sie eine Leistung vollbracht haben, wie das spielen einer Sonate. Das ist aber nicht ihr echtes Ziel, sondern ein aufgedrängtes. Ihre Lage ist in der Hinsicht der schon oft erwähnten fehlenden Meinungsfreiheit und Entscheidungsgewalt schlecht. Man kann sogar soweit gehen und laut Seel sagen, dass episodisches Glück gar nicht möglich ist, weil die Grundbedingungen für ein glückliches Leben angegriffen werden. Insbesondere das Gefühl der Sicherheit wird vernachlässigt.Dies zeigt sich am Beispiel mit dem schlechtem Schüler und dem englischem Internat. Der Schüler wurde aus seinem sozialem Umfeld herausgerissen und ihm wurde keine echte Wahl gelassen. Wenn man sich entscheiden muss zwischen Rauswurf und schwerem Weg nimmt man dann doch das Übel im Kauf bevor man gar nichts mehr in der Hand hat.Bueb behauptet stolz, dass diese Form der strengen Disziplin den Schüler auf den Weg des Erfolgs und des Glücks gebracht hätten, doch wie wäre es verlaufen wenn der Schüler sich im englischen Sprachraum und den dortigen kulturellen Bedingungen überhaupt nicht zurechtgefunden hätte? Aristoteles behauptet zwar, dass man die Glückseligkeit alleine und ohne Freunde erreichen kann, aber in seinem praxisbezogenem Teil misst er den Freunden dann doch eine wichtige Rolle zu. Freunde braucht man laut Aristoteles nicht, um seine Ziele verwirklichen zu können, weil man dafür alles selbst schon in seinem Geiste hat. Freunde sind eher dazu da, gemeinsam Spaß zu haben und seinem Freund etwas gutes zu tun und sich an dieser Tat dann erfreuen zu können, beziehungsweise glücklich zu sein. Andererseits ist diese Handlung laut Aristoteles aber doch in Ordnung, da es der Entwicklung des Geistes dient und diese Entwicklung wäre im damaligen deutschen Umfeld nicht gegeben gewesen. Außerdem erhöht es die Tugend der Ehrbarkeit, auf heutige Zeit übertragen wäre es natürlich der zukünftige Reichtum den man durch eine so gute exklusive Schulausbildung erlangen kann, aber auch der soziale Status. Wie bereits erwähnt sieht das Seel komplett anders und legt eher Wert auf individuelle Entwicklung und Entscheidung von Zielen.Beim übergreifendem Glück sind die Differenzen der beiden Theorien von Seel und Bueb nicht mehr so groß wie zuvor. Um übergreifendes Glück oder ein gelingendes Leben zu erreichen, muss man in seinem Leben kurz gesagt mehr positive als negative Erfahrungen sammeln. In dieser Art von Glücksbilanz würden im Anfangsstadiums eines Schüler die negativen Erfahrungen überhand nehmen, wie die negative Erfahrung mit der extrem strengen Disziplin. Doch im späteren Verlauf des Lebens würden mehr positive Glücksmomente angereichert werden, da man durch die beruflichen Qualifikationen bessere Chancen hat. Doch man muss hierbei auch differenzieren.Denn woher kann man behaupten, dass man für sein Glück oder für Glücksmomente zwingend Reichtum braucht? Seel sagt aus, dass es Wirklichkeiten gibt, die für das Glück wichtig sind. Diese muss man erledigen damit man das übergreifende Glück erlangen kann. Dazu gehört die Wirklichkeit der gelingenden Arbeit. Nirgends steht aber, dass man bei einer Arbeit Millionen verdienen muss. Eine Arbeit sollte laut Seel eher Ziele des Glücks erfüllen, wie zum Beispiel einen erfüllten Augenblick bescheren oder episodische Ziele erfüllen. Demzufolge ist die Theorie dann doch eher mehr auf Aristoteles bezogen, der Reichtum als kleinere Tugend ansieht. Bueb würde hier noch seine gute Schulausbildung hinzufügen, die berufliche Qualifikationen ermöglicht. Man sieht, dass sogar in diesem Aspekt Bueb relativiert werden kann wenn man davon ausgeht dass Reichtum und Erfolg nicht zum Glück beiträgt. Hat jemand die Werte Reichtum und Erfolg in seinem Glücksziel enthalten, stimmt diese These aber für diese Person und laut Seel stimmt sie dann auch.Man kann sogar soweit gehen und diese These negativ auslegen. Um einen erfüllten Augenblick zu erlangen, der für die Glücksbilanz wichtig ist und um negative Erfahrungen ausgleichen zu können, muss man eher weltoffen und frei für neues sein. Bueb vermittelt mit seinen Lerninhalten und Methoden aber das komplette Gegenteil, nämlich dass man alles machen muss was einem gesagt wird und es einen eigenen Weg zumindest in der Schulzeit gar nicht gibt. Demzufolge kann Bueb im teleologischen Sinne durchaus Recht haben, wie bereits erwähnt, wenn sich das Kind selbst wünscht später einen sehr guten Job zu haben oder studieren zu können. Also wäre die Schule von Bueb ein Weg oder Mittel, um seinem Endziel ein Stückchen näher zu kommen, was Martin Seel entspricht. Das Kind muss dies aber von sich selbst aus wollen, um das Ziel um seiner selbst willen erreichen zu können.Aber wie groß ist die Prozentzahl an Kindern, die in dem Alter schon ihr Endziel wissen oder allgemein gesprochen wissen was sie überhaupt wollen? Viele Studenten und Erwachsene wissen nicht einmal so recht, was sie später genau machen sollen.Bueb vertritt genau diesen Aspekt, weil er davon ausgeht dass man durch Anstrengung und Disziplin zum Ziel kommt, man muss sogar bei ihm den schweren Weg der Disziplin und des Gehorsams gehen um später etwas erreichen zu können das einem Glück verschafft.Außerdem kommt noch der Aspekt des finalen hinzu. Was soll man machen, wenn man sein Ziel erreicht hat? Mit Bueb seinem Schulsystem arbeitet man nur auf sehr wenige, wenn nicht sogar nur auf ein einziges Ziel hin, nämlich auf Erfolg. Buebs Ziele sind nicht präsentisch genug, sondern ausschließlich auf die Zukunft fixiert. Es fehlt zwischendurch ein erfüllter Augenblick oder weitere episodische Momente des Glücks. Man kann auf halbem Weg am Ziel zerbrechen, da zwischendurch die Momente des Glücks fehlen.Ein Ausweg aus diesem Schlamassel und Druck negativer Erfahrungen wäre das selbstbestimmende Leben von Seel. Es geht nicht um Ziele sondern um erfüllende Augenblicke und glückliche Momente. Der Haken an der ganzen Sache liegt aber darin, dass man diese Momente benötigt. Um solche Momente empfangen zu können, sollte man ein möglichst willensfreier Mensch sein. Durch das Schulsystem von Bueb werden aber genau diese freien Werte im Keim erstickt durch Drill und Disziplin.Aber es gibt immer wieder Schüler, die deshalb Kraft aus anderen Begebenheiten schöpfen. Sei es nicht die Schule, schöpft man zum Beispiel Kraft durch abendliches Vergnügen mit Freunden aus dem Internat. Es kann auch eine Frau sein, die man lange liebte und die plötzlich Interesse aus einem zeigt. Darin liegt laut Seel auch der positive Effekt von erfüllten Augenblicken. Sie kommen rein zufällig und sie sind autonom gegenüber Wünschen. Jeder kann sie also erfahren und auch in Situationen wo man sie gar nicht vermutet.Was die Welterschließung betrifft, vermittelt die Schule von Bueb den Schüler gezielt Werte, was aber nichts besonderes ist da es jede Schule in gewissem Maße tut. Man könnte sogar sagen, dass es zum Glück beiträgt wenn ein Schüler diese Werte tatsächlich annimmt und sein Glück genau in diesen Werten und Zielen erkennt. Er wird durch die Schule von Bueb zu seinem Endziel finden, was wiederum im Sinne von Aristoteles wäre. In diesem Beispiel würden Seel und Aristoteles sich ergänzen. Aristoteles in seiner Endzieltheorie und Seel mit den dazu beisteuernden positiven erfüllenden Augenblicken, die auch als Motivation dienen können.Wenn man die Welterschließung nur von Seels Seite betrachtet, ist dies laut seiner Theorie auch nichts besonderes, da der Mensch Eindrücke von außen anhören und selbst individuell entscheiden soll was für ihn interessant ist. Daraus soll er eventuell ein neues Ziel für sein Glück bilden können, das er durch fremde Einflüsse erfahren hat. Hier steht im Widerspruch das aufdrängen von Antifreidenkerischen Werten.Moralisch aus Seels Denkweise heraus betrachtet, bietet Bueb das Gegenteil an, er leitet seine Schüler mit einem konkretem Plan und bietet keinen Freiraum für andere Einflüsse und Entwicklungen die von seinem Lehrplan abweichen. Diesen Aspekt hatten wir aber inzwischen zu genüge, Das Schulsystem von Bueb hilft Schülern, die keine Ahnung von ihren eigenen Zielen haben. Anstatt dass diese Schüler nun nichts machen würden, bietet Bueb wenigstens die Basis für eine Wirklichkeit auf Basis von Seel, nämlich die Wirklichkeit dass man später größere Auswahl für einen Job hat, für den man sich auch interessiert. Der Aspekt seitens Aristoteles vom Endziel wurde schon erläutert.Bueb wandert ganz klar auf Aristoteles Spuren und verschließt sich vor freidenkerischen und modernen Werten wie Kreativität. Seel widerspricht Bueb in fast allen Punkten, unter bestimmten Umständen gehen aber Seel und Bueb Hand in Hand.Am besten vertragen sich beide Theorien des Glücks, wenn man selbst als Ziel Reichtum oder Erfolg hat. Man kann mit beiden Theorien glücklich werden, doch bei Bueb wird man es nur wenn man Denkweisen wie Aristoteles oder dieselben Ziele wie Bueb hat. Ansonsten muss man sich in erfüllten Augenblicken vor der strikten disziplinarischen Wirklichkeit retten, was nicht das Ziel des Lebens ist und auch kein echtes Glück zur Folge hat. Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag Auf anderen Seiten teilen
Bed Devil 12 Beitrag melden Juni 9, 2009 geantwortet Ich habe den ersten Post jetzt nur überflogen, hört sich interessant an, ich werde ihn sicherlich nacher, wenn ich Zeit habe, noch ausführlich lesen.Auch, wenn ich im Prinzip keine Ahnung von benanntem Thema habe - abgesehen von einigen eigenen Gedanken, die man sich im Laufe der Zeit macht - möchte ich dir ein Buch vorschlagen. Dr. Eckart von Hirschhausen - Glück kommt selten allein Du wirst jetzt erstmal lachen, weil es sich bei dem Buch eigentlich um Unterhaltungsliteratur handelt, der Mann ist Komiker. Dennoch hat mich das Buch fasziniert, es bringt keine "tiefschürfenden" Erkenntnisse, aber einige neue Variablen ins Spiel. Wirklich lesenswert, weil es den Ursprng von "Glück" behandelt.Sicher wirst du dieses Buch nicht in der Uni nutzen können, wie gesagt, es ist Unterhaltungsliteratur und nicht annähernd Wissenschaflich, aber bringt auf komische Art und Weise eine art Verständnis gegenüber dem "Glück".Mit Martin Seel hat das ganze dann aber nichts mehr zu tun ;)Viele Grüße Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag Auf anderen Seiten teilen
JesusChristus 0 Beitrag melden Juli 19, 2009 geantwortet (bearbeitet) Ein weiterer Post für meinen Philosophiethread.Heute geht es um den Utilitarismus!Was genau heißt Utilitarismus eigentlich?Lateinisch utilis = nützlichEr wurde von Mill und Bentham entwickelt.Es geht darum dass eine Handlung dann ethisch gut ist, wenn sie für die meisten Menschen förderlich oder nützlich ist. Im Endeffekt ist das nützlich, was zu einem lustvollem glücklichem Leben führt.Mit dem Utilitarismus kann man eine Handlung moralisch beurteilen. Eine Handlung ist dann moralisch richtig, wenn das größte Glück für die meisten der Betroffen erreicht wird. Der Nutzen soll dabei den Schaden überwiegen.Es gibt 4 Gesetze dazu, wie man eine Handlung abwägen und ausführen sollte:1.) Folgenprinzip (Konsequenzenprinzip): Folgen der Handlung, man schaut sich die Folgen an. Dies geschieht empirisch rational. 2.) Nutzenprinzip (Utilitätsprinzip): Nutzen der Handlung, man schaut sich den maximalen Nutzen einer Handlung an und wägt diesen mit den Folgen ab.3.) Hedonistisches Prinzip: Menschliches Glück, man schaut sich an was das Glück für die Betroffenen bedeutet und orientiert seine Handlung daran. Das Maß an Lust entscheidet, das die Handlung hervorruft.4.) Universalprinzip: Summe des Glücks, es geht um das Glück aller Betroffenen.Man könnte das ganze auch in Fragestellungen fassen, damit es deutlicher wird:1.) Welche Folgen hat meine Handlung?2.) Welchen Nutzen hat meine Handlung?3.) Was ist Glück?4.) Wie können alle durch meine Handlung glücklich werden?Jeder Mensch kennt das Gefühl von Lust und Leid, hat aber auch ein anderes Glücksempfinden. -> Deshalb kann man fürs handeln als Grundorientierung nur das eigene Lustempfinden nehmen. -> Der Zweck der Handlung muss sich an dieser Lustbefriedigung messen.Dies widerspricht aber dem 4. Prinzip in der Form, dass das eben erwähnte egoistisch veranlagt ist, während das 4.Prinzip Streben nach allgemeinem Wohlergehen ist.Der Utilitarismus fordert, dass man der ganzen Gesellschaft nutzt. Widerspruch zum individuellem Handeln.Deshalb gibt es zur Lösung des Problem die Interessenkongruenz: - Rational Choice Akteure: Firmenchef handelt egoistisch, aber er bringt im Endeffekt allen was. Zum Beispiel seinen Mitarbeitern Gehalt. Dies ist ein wirtschaftlich gesellschaftlicher Nutzen.- Interdependenz: Man ist freundlich zu seinen Kunden. Zum Beispiel ist der Ölscheich freundlich zu seinen Kunden, da man logischerweise keine Abnehmer verlieren will.Am Utilitarismus gibt es viel Kritik.Einen Punkt hatten wir oben schon, und zwar dass Egoismus nicht vereinbar ist mit dem allgemeinen Wohlergehen.Der Gesamtnutzen von allen Personen kann von dem Nutzen einzelner abweichen. Nehmen wir als Beispiel die Abschusserlaubnis, weicht die Meinung der wenigen Passagiere von den Meinung der Menschen am Boden ab. Um eine allgemeine Meinung und Entscheidung zu bilden, müssen die Interessen der einzelnen Menschen bekannt sein. Dies geht aber oft gar nicht. Man muss Interessen auch differenzieren, zum Beispiel in soziale und unsoziale Interessen. Juli 19, 2009 bearbeitet von JesusChristus Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag Auf anderen Seiten teilen