Selbstboykott par excellence

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Hey Gefährten .. ich sitze gerade in meinem Apartment, höre melancholische Musik, trinke ein Bier und denke über mein Leben nach. Keine Angst, alle Messer liegen weit von mir entfernt und ich plane auch nicht, welche zu benutzen.

Ich lebe im Moment ein Leben, worum mich viele beneiden würden. Ich bin in San Diego, im sonnigen California.

Ich kann an den Strand und surfen gehen, wenn ich nur will.

Ich habe so viele neue Freunde kennen gelernt, mit denen ich jeden Tag was machen kann, wenn ich nur will.

Ich habe ein FB, eine süße Amerikanerin und könnte jederzeit zu ihr hin und mit ihr Sex haben, wenn ich nur will.

Ich kann jedes Wochenende auf eine der zahllosen (Haus-)Parties gehen, wieder mit 3 Frauen gleichzeitig rummachen, wie auf der letzten, wenn ich nur will.

Ich kann morgen früh in ein Auto steigen, nach L.A. fahren und richtig viel Spaß haben, wenn ich nur will.

Ja, ich könnte sogar kranke College Koksparties mitfeiern, wenn ich nur wollte.

Der Punkt ist einfach: Mein Leben ist richtig geil, wenn ich will, dass es richtig geil ist.

Jetzt denkt ihr wahrscheinlich "Geh mit deinen Freunden an den Strand, fick dein FB mal wieder so richtig durch, und lass auf der nächsten Hausparty die Sau raus, wo ist das Problem? Was willst du denn in deinem Leben?".

Das sind genau die Fragen, die ich mir lange gestellt habe. Fragen, auf die nie eine Antwort hatte. Ich weiß nicht, ob ihr diese innere Leere kennt. So hat es sich angefühlt, wenn ich darüber nachgedacht habe.

Jedenfalls ist es mir vorhin, als ich auf den Bus gewartet habe, wie Schuppen von den Augen gefallen. Ich bin ein Meister im Selbstboykott. Ich will genau das Leben führen, was oben steht. Klar, wer hat schon was gegen Sonne, Strand, Frauen und gute Parties?

Aber warum boykottiere ich mich dann selber? Warum stehe ich mir selber im Weg?

Ich bin Student und Webentwickler nebenbei. Ich arbeite gerade an einer großen Internetseite für den deutschsprachigen Raum.

Das Studium hier in San Diego ist vom Anspruch her zwar wensentlich einfacher als in Deutschland, aber trotzdem muss ich auch hier viel Zeit aufwenden, denn das Motto ist "Quantität statt Qualität".

Dem entsprechend habe ich viel zu tun in meinem Leben. Und genau das ist meine ultimative Ausrede. Meinen Freunden gegenüber, aber wesentlich schlimmer: Mir gegenüber. Ich stürze mich förmlich in die Arbeit und verbringe seit fast 2 Monaten Tag und Nacht in der Library.

Wenn ich aufstehe, dann ist mein erster Gedanke, was ich noch alles zu tun habe. Ich kann nicht entspannen. Denn sobald ich entspanne, denke ich darüber nach, was ich noch alles zu tun habe.

Gerade sind meine Freunde auf einer Party. Ich kann nicht, denn ich habe zu viel zu tun.

Bis vor kurzem habe ich immer gedacht und gesagt "Sobald die Internetseite fertig ist, habe ich mehr Zeit" oder "Sobald ich die Klausur geschrieben habe, komme ich mal wieder mit". Alles BULLSHIT!

Die Arbeit wird nicht weniger. Nach der nächsten Klausur kommt die übernächste. Wenn die Webseite live gegangen ist, muss sie gewartet und erweitert werden.

Es ist einfach nur eine Ausrede, die bislang bei mir selber bestens funktioniert hat. Die Einsicht, dass es eine Ausrede ist, zeigt mir, dass ich mit gut entwickle. In den letzten 2 Jahren habe ich viel erreicht. Für mich persönlich, im Bezug auf Frauen, im Studium, in meinem Leben.

Ich habe mich von einem jungen, schüchternen Jungen, der ständig rot wird zu dem entwickelt, was ich jetzt bin. Aber ich bin noch lange nicht dort, wo ich sein will. Die Entwicklung muss weiter gehen, aber momentan tut sie das nicht. Ich vergleiche mich mit dem damaligen Michael Ballack, dessen Entwicklung beim FC Bayern München auch stagnierte. Er ist zu Chelsea gewechselt, aber wer, was oder wo ist mein Chelsea?

Ich habe Angst vor dem, zu dem ich werde. Ich habe Angst vor meinem eigenen Erfolg. Ich kenne dieses Gefühl. Als ich vor einigen Jahren einen Halbmarathon gelaufen bin, hatte ich es nach ca. 15km. Ein Punkt, an dem ich fast aufgehört hätte. Jeder der schonmal längere Strecken gelaufe ist, sollte wissen, was ich meine. Ein Punkt, wo der Kopf sicht fragt, was man selber gerade eigentlich macht und warum man das macht. Doch sobald dieser Punkt überwunden ist, sind die restlichen 6km kein Problem mehr. Damals habe ich die Arschbacken zusammengekniffen, meine Schmerzen ignoriert und bin weitergelaufen. Momentan fühle ich mich aber, als könnte ich nicht mehr laufen ..

Wie komme ich nach Chelsea? Wie kann ich meinen Halbmarathon beenden? Ich muss diesen Punkt in meiner Entwicklung überwinden, denn meine Reise ist hier noch lange nicht vorbei.

bearbeitet von suy

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Ich will genau das Leben führen, was oben steht. Klar, wer hat schon was gegen Sonne, Strand, Frauen und gute Parties?

Aber warum boykottiere ich mich dann selber? Warum stehe ich mir selber im Weg?

Weil es vielleicht ist es doch nicht das ist, was Du wirklich willst? Könnte es sein, daß Du diesen Lifestyle nur angenommen hast, weil er gerade hier von vielen propagiert wird? Weil Du ihn für *den* Weg, gewisse Bedürfnisse zu befriedigen, hälst?

Versteht mich nicht falsch, ich möchte nicht diesen Lifestyle an sich kritisieren. Aber nicht jeder findet seine Erfüllung darin. Mal ein Beispiel: Während für Ernie ein gelungener Urlaub in Spanien darin besteht, in Lloret möglichst viel Alkohol und Frauen zu konsummieren, geht Bert lieber mit ein paar guten Freunden zum Wandern ins Hinterland, besucht das Dali-Museum in Figueres usw.

Finde heraus, was Du wirklich willst.

bearbeitet von William Villain

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Ich weiß nicht, ob ihr diese innere Leere kennt. So hat es sich angefühlt, wenn ich darüber nachgedacht habe.

Yeah, endlich wieder eine Möglichkeit zur Eigenwerbung :friends:

Kernselbstwert

Ich bin Mod, ich darf das :help:

Ich bin ein Meister im Selbstboykott. Ich will genau das Leben führen, was oben steht. Klar, wer hat schon was gegen Sonne, Strand, Frauen und gute Parties?

Aber warum boykottiere ich mich dann selber? Warum stehe ich mir selber im Weg?

Das muss gar nichtmal sein. Selbstboykott... Teilweise stimmt das bei dir, aber du bist vllt aus den falschen Gründen zu dieser Erkenntnis gekommen. Du könntest all das haben, bzw. hast es sogar. Wolltest es immer, jetzt ist es greifbar bzw. liegt schon in deinen Händen. Aber irgendwie... ist es das dann doch nicht... irgendwie... gibt dir das dann doch nicht, was du dir erhofft hattest... irgendwie findest du wieder keine Erfüllung.

Da kommen natürlich solche Sätze von Freunden, wie "Du hältst dich nur davon ab, es zu genießen! Denk nicht so viel, lebe!" Und wieder teilweise stimmen solche Sätze. Man sollte tatsächlich nicht so viel denken, im Gegenteil. Der Verstand sollte nur ein Werkzeug sein, wie ein Schraubenzieher. Wenn man ihn braucht, benutzen, danach wieder weglegen. Oder rennst du die ganze Zeit mit 'nem Schraubenzieher rum? Nein. Warum aber denkst dann die ganze Zeit?

Beschissene Konditionierung deines eigenen Geistes, fehltrainiert halt. Daran kann man arbeiten.

Warum stimmt also das mit dem Selbstboykott nicht so ganz? Weil ich, wie der Poster über mir, denke, dass du dich selbst noch nicht gefunden hast. Du boykottierst deine Selbstfindung. Daher stimmt das Wort. Du hast vermutlich Ziele und Wünsche übernommen, die nicht das sind, was du wirklich willst. Wenn es so wäre, hättest du keine Zweifel. Wenn man mit sich selbst im Reinen ist und entsprechend handelt, weiß man das. Dann gibt es nur selten Zweifel, aber das sind dann andere als du sie momentan erfährst. Die hängen mit der stetigen, wellenförmigen Veränderung der Welt und des Seins zusammen... Aber bevor ich jetzt zu abgehoben werde, lies lieber nochmal die bisherigen Absätze. ^_^

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Vielen Dank euch beiden!!

Weil es vielleicht ist es doch nicht das ist, was Du wirklich willst? Könnte es sein, daß Du diesen Lifestyle nur angenommen hast, weil er gerade hier von vielen propagiert wird? Weil Du ihn für *den* Weg, gewisse Bedürfnisse zu befriedigen, hälst?

[...]

Finde heraus, was Du wirklich willst.

Vielleicht hast du Recht. Vielleicht strebe ich nach einer Ideologie, die garnicht meine Bestimmung ist. Vielleicht ist mein sozialer Selbstboykott ein Zeichen dafür, aber momentan bin ich dabei bei immer schon ungeordneten und unklaren Gedanken zu ordnen. Ein Chaos, das durch meine Entwicklung noch viel größer geworden ist.

Ich weiß nicht, ob ihr diese innere Leere kennt. So hat es sich angefühlt, wenn ich darüber nachgedacht habe.

Yeah, endlich wieder eine Möglichkeit zur Eigenwerbung :friends:

Kernselbstwert

Ich bin Mod, ich darf das :help:

Gegen solche Eigenwerbung habe ich nichts. Normalerweise würde ich jetzt auf deinen Link klicken, den Text lesen und genau wie jetzt weiter machen. Ich lese so vieles, das könnt ihr euch garnicht vorstellen. Aber ich lese es nicht wirklich. Ich lese viele Texte und denke mir, was mir dieser Text sagen soll. Garnichts, denn ich habe ihn nicht richtig gelesen.

Ich glaube ich muss mich eine Woche einschließen, in mich gehen und versuchen zu verstehen. Vielleicht ist das der Weg ..

Danke für den Link, ich werde versuchen, den Text richtig zu lesen.

Da kommen natürlich solche Sätze von Freunden, wie "Du hältst dich nur davon ab, es zu genießen! Denk nicht so viel, lebe!" Und wieder teilweise stimmen solche Sätze. Man sollte tatsächlich nicht so viel denken, im Gegenteil. Der Verstand sollte nur ein Werkzeug sein, wie ein Schraubenzieher. Wenn man ihn braucht, benutzen, danach wieder weglegen. Oder rennst du die ganze Zeit mit 'nem Schraubenzieher rum? Nein. Warum aber denkst dann die ganze Zeit?

Beschissene Konditionierung deines eigenen Geistes, fehltrainiert halt. Daran kann man arbeiten.

Richtig. Ich bin komplett verkonditioniert. Das weiß ich. Es mischen sich in mir alte, schlechte Verhaltensmuster mit neuen, guten Verhaltensmustern und ergeben teils sehr komische, verwirrende Verhaltensmuster. Auch dieses Gefühl kenne ich - ja, ich liebe Metaphern.

Damals habe ich meinen Computer alle 2 Monate formatiert. Warum? Weil ich alte Einstellungen und Programme nicht mehr haben wollte. Und was ich neben Marzipan am wenigsten mag ist, wenn ich altes (was mir nicht gefällt) mit neuem (was mir gefällt) mischen muss. Also "format c:" und von vorne anfangen.

Dieses Verhaltensmuster habe ich in vielen Lebensbereichen. Ich starte lieber neu, als dass ich bestehendes bearbeite. Auch wenn es länger dauern sollte .. tragisch, dass es diese Option in unserem Leben nicht gibt. Oder gibt es sie? Vielleicht eine Pille? Welche ist es, die rote, oder die blaue?

Yeyoking, was rät mir deine Weisheit? Affirmationen? Meditation? Habe ich beides schon probiert, aber genauso, wie ich gelesen habe. Nicht richtig. Vielleicht war ich noch nicht bereit, mich mir selber zu finden und zu stellen.

Mein Leben besteht aus Projekten. Mein Studium ist ein Projekt. Meine Webseite ist ein Projekt. Aber das größte Projekt in meinem Leben bin ich selber. Ich sehe mich selber als Projekt, das bearbeitet werden muss. Und so lange dieses Projekt noch nicht fertig ist, wird es nicht benutzt. Es läuft höchstens eine Alpha Version .. das ist verrückt, ich weiß!

Und mein Selbstboykott ist gerade, dass ich anderen Projekten mehr Priorität zukommen lasse, als dem Projekt mit, der eigentlich unantastbaren, höchsten Priorität - meiner Entwicklung.

Beispielsweise: "Ich arbeite erst wieder an meinem Innergame, wenn meine Webseite fertig ist".

Das sind gerade wirklich verrückte Gedanken bei einem Kaffee im Starbucks, aber sie sind nunmal da. Ja, Yeyoking, ich denke zu viel. Ich habe den Schraubenzieher die ganze Zeit dabei und suche Schrauben. Die gucken mich hier alle im Starbucks schon komisch an ^_^ Spaß beiseite, du hast vollkommen Recht .. aber momentan weiß ich noch nicht, was nach meiner jetzigen Einsicht passieren muss.

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