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Hallo an alle,

ich (34) habe derzeit (vermutlich) eine Art Mindset Problem und mich würde es interessieren, ob es hier vielleicht gleichaltrige oder etwas ältere Mitglieder gibt, die schon einmal Strategien zum Umgang entwickelt haben.

Kurz zur Vorgeschichte: Ich hatte nach Ende meines Studiums 2017 bis Mitte 2020 einen Arbeitgeber, bei dem ich meine Berufslaufbahn gestartet habe. Hier war jedoch von Anfang an klar, dass die Zeit begrenzt sein wird (zunächst auf 2 Jahre befristet, dann nochmals um 1.5 verlängert). Die Tätigkeit war für mich auch nicht sonderlich erfüllend, für einen Einstieg war es aber durchaus sinnvoll. Wir wissen nun alle, was dann ausgerechnet 2020 los war, ich hatte natürlich trotzdem einen (erfolglosen) Bewerbungsmarathon hingelegt, bei dem es immerhin einige (Webcam) Interviews gab, zumindest hat das etwas Erfahrung gebracht. Ich bin letztendlich in einem "systemrelevanten" Job gelandet, der erstmal "ok" war zum Geld verdienen, den man mit meiner Qualifikation jedoch an jeder Ecke findet bzw. wo es eigentlich nur darum ging, wann man anfangen kann. Gehaltstechnisch war das Ganze auch am unteren Ende und von der Tätigkeit und den Entwicklungsmöglichkeiten war eigentlich auch sofort klar, dass ich dort nicht bleiben werde. Am Anfang war ich relativ froh, so gut durch die Krise zu kommen, jedoch entwickelte ich mit der Zeit eine regelrechte Aversion gegen diese Arbeit. Ich kann mich nicht erinnern, dass ich jemals so große Schwierigkeiten hatte, mich mit einer Tätigkeit zu identifizieren und mich morgens aufzuraffen. Ich bin in dieser Hinsicht eigentlich eher opportunistisch, d.h. für mich ist Arbeit eher Mittel zum Zweck, als mich dort komplett selbst verwirklichen zu wollen. Dennoch wurde es Tag für Tag unerträglicher. Ich habe dann im Frühjahr 2021, als ein Ende der größten Einschränkungen absehbar war, den nächsten Anlauf in Sachen Bewerbungen gestartet. Die Abneigung gegen meine damalige Arbeit war dabei eine sehr gute Triebfeder. Ich entwickelte ganze Strategien für Vorstellungsgespräche und neue Vorgehensweisen bei der Jobauswahl. Ich hatte diverse Bewerbungsgespräche, dann auch Zweitgespräche vor Ort und letztendlich habe ich dann eine Zusage bekommen. Der Moment des Telefonanrufs war sicher einer meiner Top 3 Moments der letzten 10 Jahre und irgendwie auch eine Bestätigung, dass sich die Mühen gelohnt haben. Ich konnte dann Mitte 2021 also endlich kündigen bzw. die neue Stelle antreten.

Nun kommen wir zum Problem: Vielleicht sei zunächst erwähnt, dass es sich hier um einen sehr regulierten und anspruchsvollen Bereich handelt, man jedoch im Vorfeld auf die Idee kommen konnte, dass der Job relativ entspannt ist. Mir war klar, dass dem nicht so ist. Ich habe mich allerdings von Anfang an sehr unter Druck gesetzt, da ich niemals wieder zurück in meinen vorherigen Job will. Einen derartigen würde ich aber theoretisch jederzeit bekommen, d.h. eine wirtschaftliche Notlage muss ich eigentlich nicht fürchten. Verbessert hat sich die Situation nicht unbedingt, indem ich mit als erstes in Nebensätzen erfuhr, dass bereits drei Vorgänger schon die Segel gestrichen hätten bzw. gehen mussten, weil sie eben vermutlich den Anspruch unterschätzt hatten. Trotzdem passen insgesamt die Rahmenbedingungen, die Tätigkeit und das Gehalt individuell sehr gut zu meinem Charakter und meiner Lebensführung, daher war diese Stelle für mich auch Prio 1 unter allen Bewerbungen. Dennoch habe ich ständig mit Zweifeln und Versagensängsten zu kämpfen. Ich habe dies so noch nie gekannt. In meinem ersten Job hat sich nie wirklich jemand dafür interessiert, was ich eigentlich mache, daher musste ich meine Arbeit in erster Linie vor mir selbst rechtfertigen. Meinen zweiten Job hätte man genau wie die Jobs, die ich vor meinem Studium hatte, vom Anspruch her theoretisch einen dressierten Affen machen lassen können. Daher war ich einfach kein hohes Level an Genauigkeit und Zeitdruck gewohnt. Derzeit darf ich im aktuellen Job noch nicht vollständig eigenverantwortlich arbeiten, ich muss viele Dinge noch mit meiner Vorgesetzten abstimmen. Diese ist sehr genau bzw. aber auch absolut kompetent und damit das komplette Gegenteil meines vorherigen Jobs. Grundsätzlich weiß ich das auch sehr zu schätzen, dass ich jetzt endlich etwas Produktives tun kann und wirklich zu einem "Fachmann" werden. Jedoch ist es mir nie möglich dahin zu kommen, dass sie absolut keinen Kritikpunkt an meinen Ergebnissen hat, jedoch ist sie dabei stets fair, aber auch sehr direkt. Im Herbst letzten Jahres gab es eine Phase, in der ich mich wirklich überfordert gefühlt habe, da ich erstmalig alles zumindest eigenverantwortlich bearbeiten bzw. die Ergebnisse dann abstimmen sollte. Wir hatten aber bereits einmal einen Termin festgesetzt, ab dem ich dann eigenverantwortlich hätte arbeiten dürfen. Dies wurde dann jedoch ausgesetzt, da ich im Rahmen der Überforderung einen (im Nachhinein) wirklich unglücklichen Fehler gemacht habe und sie der Meinung war, ich sei noch nicht so weit. Ich muss dazu sagen, dass die Überforderung auch teilweise selbst verschuldet war, da ich mich teilweise stundenlang an Details aufgehalten habe, wo ich mir unsicher war, weil ich eben fehlerfrei werden wollte. Dazu habe ich die Abläufe vielleicht auch noch nicht optimal organisiert bekommen.

Diese Phase ist nun einigermaßen vorüber und ich konnte im Dezember alles einigermaßen aufarbeiten. Kürzlich hat mir meine Vorgesetzte dann gesagt, dass der nächste Stichtag voraussichtlich im März sein wird, ab dem ich dann eigenverantwortlich sein werde. Ich merke allerdings, dass ich mich immer noch nicht 100% sicher fühle. Ich habe nun 4 Wochen Urlaub. In dieser Zeit werden meine Mails von meiner Vorgesetzten und einem weiteren Kollegen gelesen. Ich sitze hier nun an meinem Rechner, neben mir steht mein zugeklappter Arbeitslaptop und ich muss mich wirklich beherrschen, nicht selbst in die Mails zu schauen und zu prüfen, ob ich vielleicht vor dem Urlaub doch noch einen Fehler gemacht habe. Ich habe mir alle Mühe gegeben, alles bestmöglich zu organisieren, sodass es nach dem Urlaub reibungslos weitergeht. Ich habe jedoch auch an meinem letzten Tag abends noch eine Mail an meine Vorgesetzte geschrieben, da sie von mir eine Sichtweise zu ein paar Fragestellungen wollte. Jetzt habe ich ständig Sorgen, dass ich dort wieder trotz umfassender Recherche so einen (in ihren Augen) völlig klaren Fehler gemacht habe und damit meine Fähigkeiten erneut in Frage stelle. Ich hatte solche Gedanken bereits in meinem Urlaub im Sommer letzten Jahres, dort war es jedoch noch nicht ganz so schlimm, da ich dort noch nicht das meiste selbst gemacht habe und der erste Kardinalsfehler noch nicht geschehen war.

Ich werde jetzt wirklich versuchen, den Laptop nicht anzuschalten und meinen Urlaub zu genießen, jedoch fällt es mir echt schwer. 2022 war sonst eigentlich ein echt gutes Jahr für mich, hinsichtlich LTR, Wohnsituation, Umfeld etc. bin ich so langsam wirklich "angekommen", beruflich ja nun eigentlich auch. Ich kann mir gut vorstellen, diese Tätigkeit bis zur Rente auszuüben. Daher irritiert mich dieser Mindfuck, den ich der Hinsicht noch gar nicht von mir kannte, umso mehr. Vielleicht hat hier ja jemand ähnliche Erfahrungen und kann mir ein paar Strategien zum Umgang geben.

 

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@Jamesblond 

Kann deinen Ausführungen folgen und deine Situation zu einem gewissen Grad verstehen. War in meiner Vergangenheit auch mal ein einer Situation in der Mein Job grundsätzlich sehr gemütlich war bis eine Kollegin aus dem Team in die Ferien gefahren ist und ich mich dann neben meiner Arbeit auch noch um Ihren Scheiss kümmern musste weil gemäss Ihrer Aussage ihr Bereich der Wichtigeste im ganzen Team war. (Kundenspezialprojekte / Kleinstserien) 

Bei der Einführung habe ich von ihr einige inputs und anweisungen bekommen was zu machen ist und wie sie das ganze in etwa erwartet wenn jemand in "Ihrem Bereich" arbeitet damit sie im Anschluss nicht mehr aufzuräumen hat als gemacht worden ist. Nach ihren ersten Ferien war dann jedoch grundsätzlich alles falsch was ich gemacht habe und hätte so nie abgeliefert werden sollen... Kunden haben sich jedoch keine Beschwert und intern habe ich auch nichts gehört.
nach dem die Situation zum dritten mal nach einer ihrer Ferienabwesenheiten aufgekommen ist war ich völlig am zweifeln ob ich überhaupt fähig sei den Job zu machen und habe mir mal überlegt wie ich Transparenz über meine Arbeit schaffen konnte. Es war für mich initial einen gröberen Aufwand aber nach und nach habe ich erreicht das jeder schritt mehr oder weniger dokumentiert worden ist und es keine "Angriffsfläche" mehr gegeben hat. 

als die Dame dann nach den Ferien zurück gekommen ist und wieder damit angefangen hat was alles nicht nach ihrem Sinne gelaufen ist, habe ich sie mal zur Seite genommen, und ihr einerseits aufgezeigt was ich in den drei Wochen neben meinem eigentlichen Job alles gemacht und zusätzlich von ihr noch aufgeräumt habe. Ihr klar gemacht das ich ihren Job als stellvertreter nicht zu 100% machen kann weil ich noch einen eigenen zu erledigen habe und sie sich sonst gernen einen anderen Stellvertreter beschaffen kann. 

Was mir in der ganzen "Hilflosigkeit und Angst vor Fehler" geholfen hat war für mich klar sagen zu können ich habe mein Bestes getan um Fehler und Missverständnisse zu vermeiden, habe Transparenz für meine Arbeit geschaffen und somit meine Entscheidungen und Arbeiten nachvollziehbar dokumentiert...
Nach diesen ganzen Arbeiten waren einerseits die Fehler nahe zu nicht mehr existent weil ich jederzeit wusste wo ich was gemacht habe und welches Resultat ich damit erziehlen konnte und falls doch mal etwas passiert ist, war es mir egal weil ich wusste wo der Fehler lag und wie ich daraus lernen konnte den Fehler nicht mehr zu machen.

Was auch immer eine wichtige Komponente in der Führung darstellt ist die gelebte Fehlerkultur und wie man mit Fehler umgeht. Wenn es sich um eine sehr hoch regulierte Arbeit handelt, dann ist ja mindestens ein vier Augen Prinzip zwingend denn es gibt niemand der ohne Fehler arbeitet und der immer 100% perfekte arbeit abliefert.
du bist noch am Lernen und hast noch nicht 10 Jahre Erfahrung in dem Job. Also ist es ja auch völlig normal noch fehler zu machen. Sieh einfach zu, dass du den selben Fehler nicht mehrmals machst... 

Würde an deiner Stelle versuchen mir selber den Druck etwas raus zu nehmen und an meiner Methodenkompetenz zu arbeiten um mir mehr Sichherheit im Abreitsprozess zu erarbeiten. Das beruhigt und hilft auch transparent gute Leistungen zu bringen... 

Ich hoffe du kannst damit etwas anfangen und findest für dich einen Weg zu mehr sichherheit und einem entspannteren Mindset!

Grüsse HardballS4

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Wäre interessant zu wissen, wie schwerwiegend diese Fehler denn überhaupt sind? Was ist die Konsequenz daraus, dass sie deine Fehler bemängelt?

Da ich nicht herauslese, in welchem Bereich du arbeitest, ist es dann auch schwer die Situation einzuschätzen. 

Also ich wurde von meinem Vorgänger eingearbeitet und wir haben uns darüber in die Haare bekommen, wie man eine Datei verschiebt. Der war auch sehr genau und wollte immer das letzte Wort haben. Da konnte ich aber auch nicht mehr mitspielen (was man von mir bis zu seiner Rente verlangte) und bin geplatzt. 

Kommt eben darauf an, ob Kritik berechtigt und hilfreich oder kleinlich und peinlich ist. 

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vor 1 Stunde, Greyback123 schrieb:

Wäre interessant zu wissen, wie schwerwiegend diese Fehler denn überhaupt sind? Was ist die Konsequenz daraus, dass sie deine Fehler bemängelt?

Da ich nicht herauslese, in welchem Bereich du arbeitest, ist es dann auch schwer die Situation einzuschätzen. 

Also ich wurde von meinem Vorgänger eingearbeitet und wir haben uns darüber in die Haare bekommen, wie man eine Datei verschiebt. Der war auch sehr genau und wollte immer das letzte Wort haben. Da konnte ich aber auch nicht mehr mitspielen (was man von mir bis zu seiner Rente verlangte) und bin geplatzt. 

Kommt eben darauf an, ob Kritik berechtigt und hilfreich oder kleinlich und peinlich ist. 

Es geht garnicht darum, ob oder dass der/die Fehler schwerwiegend sind. In dem einen konkreten Fall ging es eher darum, dass ich das ggf. hätte wissen können/müssen und im Rahmen meiner (teilweise selbstverschuldeten) Überforderung eben aus Frust etwas nicht vollständig Durchdachtes produziert habe, weil ich es "aus dem Kopf" haben wollte. Ein Schaden dadurch wäre aber nicht entstanden, es ging nur um meinen Wissensstand. Ich respektiere alle meine Kollegen sehr und bin sehr motiviert, selbst auf einen hohen Wissensstand zu kommen, da wird auch stets konstruktiv diskutiert.

Mir ging es hier eigentlich darum, wie ich meinen eigenen Gedanken bzw. meiner Angst davor, Fehler zu machen Herr werde und es auch am Wochenende/im Urlaub mal schaffen kann, abzuschalten. Stand jetzt bin ich wie gesagt immer wieder mal in Sorge, dass ich etwas falsch gemacht habe und wenn ich aus dem Urlaub zurückkomme, ein Berg aus Problemem auf mich wartet. Das wird wahrscheinlich nicht eintreten, trotzdem kann ich meine Gedanken in dieser Hinsicht nicht steuern.

vor 8 Stunden, HardballS4 schrieb:

@Jamesblond 

Was mir in der ganzen "Hilflosigkeit und Angst vor Fehler" geholfen hat war für mich klar sagen zu können ich habe mein Bestes getan um Fehler und Missverständnisse zu vermeiden, habe Transparenz für meine Arbeit geschaffen und somit meine Entscheidungen und Arbeiten nachvollziehbar dokumentiert...

Nach diesen ganzen Arbeiten waren einerseits die Fehler nahe zu nicht mehr existent weil ich jederzeit wusste wo ich was gemacht habe und welches Resultat ich damit erziehlen konnte und falls doch mal etwas passiert ist, war es mir egal weil ich wusste wo der Fehler lag und wie ich daraus lernen konnte den Fehler nicht mehr zu machen.

Was auch immer eine wichtige Komponente in der Führung darstellt ist die gelebte Fehlerkultur und wie man mit Fehler umgeht. Wenn es sich um eine sehr hoch regulierte Arbeit handelt, dann ist ja mindestens ein vier Augen Prinzip zwingend denn es gibt niemand der ohne Fehler arbeitet und der immer 100% perfekte arbeit abliefert.
du bist noch am Lernen und hast noch nicht 10 Jahre Erfahrung in dem Job. Also ist es ja auch völlig normal noch fehler zu machen. Sieh einfach zu, dass du den selben Fehler nicht mehrmals machst... 

Würde an deiner Stelle versuchen mir selber den Druck etwas raus zu nehmen und an meiner Methodenkompetenz zu arbeiten um mir mehr Sichherheit im Abreitsprozess zu erarbeiten. Das beruhigt und hilft auch transparent gute Leistungen zu bringen... 

Ich hoffe du kannst damit etwas anfangen und findest für dich einen Weg zu mehr sichherheit und einem entspannteren Mindset!

Danke übrigens für diese guten Ideen @HardballS4!

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Daran denken, dass wen du so scheiße wärst, du nicht mehr auf dem Platz sitzen würdest, so wie es deine 3 Vorgänger laut dir ergangen ist. Also entspannt bleiben, dir kann sowieso nichts großes passieren. Zur Not suchst du dir halt wieder einen anderen Job. Deine Furcht lähmt dich. Es ist nur eine Arbeit, ja das ist manchmal schwer zu verstehen. Aber distanziere dich mal gedanklich und schaue auf den Sachverhalt aus entfernter Perspektive.

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