Guten Abend allerseits.
Eingangs möchte ich direkt ein großes Danke aussprechen. 
Fürs aufmerksame Lesen meiner Zeilen. Und das Mitdenken und -fühlen, das eventuell erfolgen wird. Ich nutzte den langen Lockdown für meine weitere Persönlichkeitsentwicklung. Dabei kam ich insbesondere durch Gespräche mit Freunden und eine therapeutische Gesprächsgruppe gut voran. An den Sechs Säulen des Selbstwertgefühls bin derzeit dran, Lektüre von Stefanie Stahl hab ich verschlungen, ebenso ein Buch über Angst und Panikstörungen von Roger Baker... Soweit so gut. Heute nahm ich mir die Zeit, um meine ersten Threads im Forum (und eure Antworten) nochmal zu lesen. Dabei stellte ich fest, dass sich in diesen sechs Monaten Dinge zum Guten wandelten. Und dass ich nun in einigen Bereichen genauer um meine (unbewussten) Muster und Beweggründe weiß. Ein Muster ist mir aber nach wie vor recht schwer zugänglich und damit auch nur schwer auflösbar: Meine Selbstschutz Strategie des Nice Guys. Davon möchte ich euch anhand mehrerer Beispiele schildern. Teil I Im letzten Jahr datete ich ein süßes Ösi Girl (23). Sie kaufte mir über Kleinanzeigen etwas ab, ich besorgte mir ihre Handynummer, wir verbrachten drei Nachmittage miteinander, dann fragte sie mich - in Textform - was das denn für mich sei. Sie hatte das Gefühl, dass wir uns daten würden. Ich verneinte. Nein, nein, ganz entspannt. Keine Ahnung, was ich will. (Und blubberte anderen Scheiß daher...) Damit hatte ich diese Sache relativ zuverlässig zu Grabe getragen. (Die Kleine war bis dahin praktisch on fire, sonst hätte sie mir nicht ihre Zeit geschenkt.) Dann, auch letztes Jahr:
Ich knutschte mit einem Mädel (27) das ich während eines Klinikaufenthaltes kennenlernte. Der Aufenthalt war psychotherapeutisch orientiert, wir beide wegen Depression dort. Unsere Verbindung war ziemlich tief, und verständnisvoll. Unsere Gespräche freundschaftlich. Nach dem Geknutsche folgten Tage am See mit mehr Knutscherei, gemeinsames Sternegucken, Kuscheln, Streicheln und nächtliches Rumgeknutsche. Meine Hand wanderte mal unter ihr Shirt... Ihr ginge das zu schnell. Ich: Direkt im Fehlersuche Modus, was alles gegen sie spricht. Ich suchte, und fand. Und teilte ihr mit: Du, ich fände es besser, wenn wir einfach so befreundet bleiben würden. Sie stimmte dem zu. 3 Monate später hatte sie einen Freund. Wir sind auch am heutigen Tag befreundet, ich kann ihr Auto benutzen, wir sehen uns einmal im Monat. Weiterhin:
Meine ehemalige Mitbewohnerin (24) lag mir förmlich zu Füßen. Mehr Attraction konnte ich im Grunde durch mein bloßes Sein (und authentisches Storytelling) gar nicht mehr generieren. Ich war einfach ich, wie auch schon bei den obigen Mädels. Bei ihr war jedoch immer der Gedanke: Mensch Bernd, kannst doch nicht deine Mitbewohnerin scherbeln. Das gibt tausend Prozent Drama. (Ich lebte mit fünf jungen Frauen zusammen.) Das tat ich dann auch nicht. Im Sommer letzten Jahres holte ich sie mal abends zum Spaziergang ab. Wir saßen am Fluss, die Glühwürmchen summten um uns herum und eigentlich war das ein ziemlich romantischer Moment. Sie erzählte mir was von einem Typen und ich spielte brav Freundin, gab Tipps und Ratschläge. Wie ich das eben immer mache. Behilflich sein, Interesse zeigen... Aber eben auch: Meine Männlichkeit wegsperren, mich verbiegen, wider meiner Natur. Schnell waren dann aber auch da wieder Gedanken wie: "Ach, eigentlich finde ich sie gar nicht sooo heiß" und "Zuhause einen wichsen, dann ist´s auch okay" Eine Andere (26) lernte ich vor zwei Jahren auf einem Festival kennen. Wir tauschten Nummern, sie lebt in der selben Stadt wie ich. Wir verbrachten viel Zeit miteinander, freundschaftlich. Auf einer Party sagte sie zu mir Ich frage mich, wie es wohl wäre, dich zu küssen. Ich erwiderte, dass ich eigentlich ziemlich müde bin und gar nicht in Kusslaune. (Mir ging es psychisch tatsächlich nicht gut.) Küsste sie aber doch. Verhielt mich also inkongruent. Danach entschloss ich für mich, dass sie mir zu hektisch, zu trubelig sei, und eben ganz allgemein auch nicht mein Typ... Kurze Zeit später hatte sie einen 7 Jahre jüngeren Freund. Letztes Beispiel:
Auch vor zwei Jahren sprach ich eine Kommilitonin (27) in einem Seminar an. Wir saßen zusammen im übervollen Raum, schworen uns gegenseitig, dass wir den Platz nicht räumen, ehe wir an der Veranstaltung offiziell teilnehmen dürfen. Ich ging am Abend mit Freunden zu einem Konzert im Viertel, und lud sie ein. Später stieß sie hinzu, ich brachte sie nachts nach Hause. Wir standen eine Stunde vor ihrer Tür, ihre Augen flimmerten regelrecht, ganz so wie die einer Katze. Groß und voller Erwartung. Sie erzählte mir aber auch, dass sie aktuell in Trennung von ihrem Ex sei und gerade jemand neues kennengelernt hätte. Ich entschied in Windeseile und in diesem Moment, dass ich auf Ménage-à-trois keine Lust habe. Über die Zeit freundeten wir uns an und sie gestand mir, dass ich sie den Abend sowas von hätte haben können. Auch heute bin ich mit ihr befreundet und genoss die gesamte Zeit unserer Freundschaft, dass ich sie dadurch irgendwie "besaß" und nicht verlieren konnte. Ich könnte diese Liste tatsächlich noch um einige Einträge fortführen. Es hat nichts mit Prahlerei zu tun, wenn ich sage, dass ich in meinem Leben einige Muschis gesehen habe, Zeit und unvergessliche Momente mit wirklich attraktiven Frauen verbrachte. Jedoch habe ich eben auch nicht wenige (attraktive) links liegen gelassen (wie oben auch schon beschrieben). Wobei ich nun glaube, dass bei mir eine Selbstschutz Strategie am werkeln war und auch ist. Vielleicht mag nun jemand denken "Luxusproblem". Aber mich belastet es eben schon. Für vieles in meinem Leben die Stellschrauben entdeckt zu haben, in diesem Thema jedoch (noch) nicht. Dafür nun noch etwas Historie.
Ich vermute, dass hier ein Zusammenhang zu finden ist. Teil II Ich befand mich für drei Jahre (2017 - 2020) in einer Affäre mit einer Freundin. Heiße Frau, klug, liebevoll... Wir hatten uns über Instagram kennengelernt und warm geschrieben. Nach vier Monaten des Textens, unser erstes Date und ein riesiger Haken: Sie hat einen Freund. Mir war das damals egal, da ich gerade frisch aus einer 2 1/2 Jahre Beziehung kam. Mein Credo: Ihr Freund, ihr Leben. Ich genoss und fuhr mehrgleisig. Sie versuchte mich zum Warmwechseln zu animieren. Ohne Erfolg. Es blieb ein ewiges Hin und Her bei uns. Ich hatte neben ihr gute Alternativen am Start. Sie versuchte mich zu binden, ohne Erfolg. So ging das eine ganze Weile. Irgendwann kamen Gefühle auch bei mir ins Spiel und es wurde hässlich. So bekräftigte ich, dass ich nur weitermachen könne, wenn sie wirklich single wäre. Sie gab mir Lippenbekenntnisse und es änderte sich nichts. Er will sich umbringen wenn ich gehe, seine Oma ist gerade gestorben, er hat seine Arbeitsstelle verloren usw. Tausend Gründe, warum sie ihn nicht abschießen konnte. Zu diesem Zeitpunkt rieten mir Freunde und Familie längst, dass ich dieses sinkende Schiff verlassen sollte. Mehr Rote Flaggen gingen schon fast gar nicht mehr. (Jetzt mal auch vollkommen ausgeklammert, dass ich sie immer fleißig ohne Schützenhilfe geballert habe.) Anderen Frauen konnte ich mich nur noch rein physisch annähern, denn emotional war ich total broke bzw. abhängig von ihrer Gunst. (Werden wir uns dieses Wochenende wiedersehen, oder kommt wieder etwas dazwischen?) Rückblickend denke ich: DAS WAR HÖLLE, DAS WAR ONETIS - Was 1 Abfuck! Jedenfalls:
Mir wurde damals so oft von ihr gesagt oder von ihren Freundinnen zugetragen, dass ich ihr ja überhaupt nicht gut tue. So viel Drama, so viel Achterbahn. Ich erfuhr im Grunde (neben geilen Ficks und schönen beziehungsähnlichen Momenten) ein dauerhaftes Wechselbad der Gefühle. Heiß, kalt, heiß, kalt, heiß, kalt... (2 Stunden Distanz zwischen uns, ewig lange Telefonate, viele Getexte, alle drei Wochen für zwei Tage sehen, Heimlichkeit und andere Schwierigkeiten) Das Verhältnis habe ich dann in Summe ganze vier (!) mal zu ihr beendet, ehe es dann wirklich beendet war. Ohne Rückfälle, ohne "Ach, einmal noch in die Kiste geht schon". Mein bestimmendes Mindset war nach dieser strapaziösen Zeit: Von Frauen habe ich genug. Ich bin geheilt.
Dazu: Ich finde Emanzipation und Frauenrechte sehr wichtig. Nach der Zeit mit ihr habe ich mich jedoch regelrecht auf die Frauenseite in Themen und Diskussionen geschlagen. (So als wollte ich in Stellvertreterposition meine alten "Schandtaten" irgendwie ausgleichen. Diese wurden mir ja immer wieder von ihr und Freundinnen präsentiert. Dass ich mich verletzend verhalte, dass ich doch mal zu ihr stehen müsste, mit mehr Verständnis und und und... Ich war doch ein Mensch, der geliebt und akzeptiert werden möchte.) Ich war damals SO OFT SO WÜTEND, auf diese abgefuckte Situation. Heute weiß ich, dass meine Angst vor Ablehnung und Einsamkeit bzw. dem Verlassenwerden für viele Dinge in meinem Leben Triebfeder war.
Bei dieser Frau habe ich über drei Jahre erfahren, dass mir mein Mannsein Leid und Negativgefühle bescheren kann, die mich unendlich schmerzen. Denn eigentlich will ich doch geliebt, nicht abgelehnt werden. Ich konnte mir das Abgrenzen und für-mich-einstehen aber nicht zugestehen. Denn das hätte Liebesentzug bedeutet. So nahm ich Zuckerbrot und Peitsche in Kauf. Teil III 2021 weiß ich nun um meine ungeheure Selbstwertproblematik, die ich über 30 Jahre mit mir herumschlepp(t)e. Viele (Lebens-)Geschichten kann ich mit meinem neu erworbenen Wissen nun nochmal ganz neu lesen. Und das ist spannend. Wie aber finde ich wieder die Eier, die ich mal hatte, einer Frau zu kommunizieren, was mein Anliegen mit ihr ist. Klar zu machen, dass auch ich ein sexuelles Wesen bin. Und dass das absolut okay und gesund ist und dass mich kein Verstoßen und keine Ablehnung erwartet? Und vor allem auch: Wie bekomme ich meinen Bock aufs Daten wieder? Unbefangen und leicht sein? Vielleicht ist das ja schon eine Antwort, aber...
Ich muss es wohl einfach wieder probieren, was?
Rauf auf die Piste, Erfahrungen sammeln, Fehler machen, Körbe riskieren... Oder?