Die Werte eines Mannes

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Hi,

meine Frage ist eigentlich nicht direkt PU-relevant. Ich möchte aber keine Antworten alà "Halt deinen Frame, sonst wirst du betaisiert!" oder dergleichen, deshalb stelle ich sie hier rein.

Folgende Situation:

Vor zwei Jahren habe ich mit meinem Großvater gebrochen. Ich mochte ihn schon früher nicht besonders, aber damals wurde mir klar, dass er charakterlich kein guter Mensch ist.

In meinen Augen ist er verantwortlich für das mangelnde Selbstbewusstsein meiner Mutter, er unterdrückte sie zeitlebens und nutzte jede ihrer Schwächen gnadenlos aus. Meine Großmutter tyrannisierte er jahrzehntelang, bis sie in eine tiefe Depression verfiel, die sie heute und seit Jahren zum Pflegefall macht.

Er ist sozusagen der Familienpatriarch, und er kontrolliert die komplette Verwandtschaft, inklusive meiner Eltern.

Mich persönlich ignorierte er meist, manchmal stellte er mich bloß, und jetzt, mit einigen Jahren Abstand, wird mir klar dass er einer der Hauptgründe meiner jahrzehntelangen Unsicherheiten war.

Vor zwei Jahren beleidigte er meiner Mutter so sehr, dass sie in Tränen ausbrach. Ich konnte die Situation nicht mehr ertragen, und stellte ihn zur Rede. Ich verlor fast die Kontrolle, und war kurz davor ihn physisch anzugreifen, konnte mich aber beherrschen. Er suchte Ausreden wie ein kleines unsicheres Kind.

Damals erkannte ich seinen wirklichen Charakter: er war zutiefst verunsichert, und er unterdrückte meine Familie nur, um sich selbst selbssicherer zu erscheinen. Im Rückblick erschienen mir alle seine Handlungen unter dieser Perspektive Sinn zu ergeben.

Seit diesem Abend an Weihnachten vor zwei Jahren habe ich kein Wort mehr mit ihm geredet. Ich ignoriere ihn, obwohl ich ihn alle zwei Wochen sehe, grüße ihn nicht mal mehr (Seit dieser Zeit auch habe ich Erfolg bei Frauen. Bis dahin litt ich immer unter dieser Unsicherheit, die daraus resultierte, immer Respekt jemanden gegenüber vorspielen zu müssen, den ich eigentlich verachtete.)

Nächsten Samstag hat er nun Geburtstag, wird 80 Jahre alt. Sogar mein (mittlerweile sehr verunsicherter) Vater bat mich nun, in zu besuchen und ihm zu gratulieren. Primär wohl des "lieben Familienfriedens" und des "Familienansehens" wegen, nicht aufgrund innerer Überzeugtheit.

Ohne diesen Anruf meines Vaters hätte ich den Geburtstag einfach ignoriert, warum sollte ich auch jemandem gratulieren, den ich verachte?

Jetzt aber frage ich mich, ob ich mich beugen sollte?!

.

Wie gesagt, ich sehe in den Handlungen meines Großvaters die eines zutiefst unsicheren Mannes, der seine Familie (Frau und vier Töchter) nur Zeit seines Lebens unterdrückte und verunsicherte um sich selbst etwas Selbstbewusstsein aus der Unsicherheit anderer abzuleiten (Nach dem Motto: "Wenn alle anderen noch unsicherer sind als ich selbst, bin ich dann nicht selbstbewusst?!"). Und eigentlich bemittleide ich ihn. Gleichzeitig verachte ich ihn aufgrund der Demütigungen, die er anderen antat.

Deshalb auch meine Frage hier: Wie soll ich mich verhalten? Würdet ihr scheinheilig gratulieren, um des Familienfriedens willen? Und wenn es euren Eltern sehr viel bedeutete? Und es euch nur "etwas" Selbstachtung kostete?

Oder bliebet ihr bei eurer Einstellung, und währt auch hier ehrlich zu euch selbst, und euren Prinzipien treu? Auch um den Preis der "Exkommunikation" aus der Familie?

Noch eine Anmerkung: Ohne Pickup wäre ich wohl genauso geworden wie er! Auch bei mir habe ich im Rückblick die Tendenz entdeckt, noch Schwächere zu unterdrücken, um die eigene Unsicherheit zu verbergen. Und ich hätte mir nur sehr schwache Frauen zugetraut, denen gegenüber ich mir dann verhältnismäßig selbstbewusst vorgekommen wäre. Ich kann also auch sein Verhalten nachvollziehen, und mich in ihn hineinversetzen. Es mag also durchaus sein dass ich meine frühere Unsicherheit auf ihn projeziere und ihn als Projektion meines früheren Ichs verachte. Aber sollte das an meiner Entscheidung etwas verändern?

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Das sind immer solche Threads bei denen ich mich frage ob ich das posten soll was ich denke, aber ich hoffe das es dich vielleicht weiter bringt oder zum denken anregt.

Also persönlich kann ich deine Situation nur schwer nachvollziehen, denn meinen einen Opa hab ich nie kennengelernt und der andere ist als ich ca. 4 war gestorben, kann mich also kaum an ihn erinnern. Ich denke jedoch, dass du dich nicht deiner Familie beugen solltest. Wenn du dich jedoch wirklich mit ihm versöhnen willst wäre das der richtige Zeitpunkt. Ich würde aber nicht für ein trockenes "Hallo" auf seinem Geburtstag erscheinen (außer du willst ihn ihm versauen).

p-boy

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Das du dein Leben geändert hast, ist dein Verdienst, nicht der von PU. Wenn du nicht bereit gewesen wärst, hättest du das neue Wissen nicht angenommen.

Zum Erwerb eines guten Inner Game gehört es auch, allen zu verzeihen, die einem wehgetan haben, aus der Einsicht heraus, dass sie es aus ihrer Situation heraus nicht besser konnten. Das bedeutet nicht, alles durchgehen zu lassen - damit tätest du niemandem einen Gefallen -, sondern selbst deinen Großvater so zu nehmen, wie er eben ist.

Das bedeutet nicht, dass du dich mit ihm aussprechen musst oder ähnliches. Ihn ändern kannst du nicht mehr, es ist auch nicht deine Aufgabe. Es ist dein gutes Recht, ihn aus deinem Leben zu streichen - es spricht sogar für ein gesundes Selbstbild, dies auch zu wollen. Scheinveranstaltungen kannst du dir daher schenken. Wenn du ihm nicht ehrlich zum Geburtstag gratulieren willst, und das willst du ja verständlicherweise wohl nicht, solltest du auch nicht hingehen.

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Ich kann mich nicht wirklich gut in deine Lage versetzen. Allerdings gibt es in meinem Verwandenkreis einen Mann, der irgendwann mal mit meiner Oma gebrochen hat. Er ist nie wieder gekommen, Geburtstage usw. haben ihn nicht interessiert. Selbst bei der Beerdigung meiner Oma ist dieser Mensch nicht aufgetaucht. Seit dem gibt es immernoch keinen Kontakt zwischen Ihm und dem Rest meiner Familie. Er ist übrigens mein Onkel, besser gesagt der Mann meiner Tante.

Am Anfang war es vielleicht noch in Ordnung, wenn er seinen Standpunkt durchgesetzt hat, indem er unsere Familie ignoriert hat. Allerdings war seit da das Leben meiner Tante die Hölle. Mittlerweile ist diese sache schon fast 20 Jahre her und er ignoriert uns immer noch. Es hat jetzt überhaupt nichts mehr damit zu tun, was mal war, oder was der Auslöser dieser Geschichte war. Es ist vorbei, es war ein Streit, den überhaupt keine lebende Person mehr betrifft, mittlerweile macht er sich richtig lächerlich. In meinen Augen ist er überhaupt keine starke Persönlichkeit mehr, weil er nicht die Courage besitzt zu sagen "Ok, was damals war ist vorbei, es ist vergessen"

Jetzt ist er schwer Krank. Eine eigene Familie hat er nicht, weil er aus dem Heim kommt. Seine Frau (meine Tante) wendet sich mehr und mehr von ihm ab. Einer seiner Söhne will überhaupt nichts mehr mit ihm oder dem Rest der Familie zu tun haben. Dieser Sohn wurde massivst von ihm beeinflusst. Er hat jetzt auch keine wirkliche Familie mehr. Der andere Sohn wendet sich von ihm ab, hat erkannt was er für eine Person ist und sucht jetzt vermehrt den Kontakt zu seiner Familie. Er hat sich durch diese eine kleine Tat (ignoranz) sein komplette Leben verdorben und wird als einsamer verbitterter Mann sterben, wenn er nicht endlich mal die Kraft besitzt einen kleinen Schritt auf uns zuzugehen.

Selbst wenn ich meine Tante besuche sucht er das Weite. Ich habe in deren nähe gewohnt bin also auch öfters mal spontan zu besuch gekommen. Kaum war ich da gab es etwas sehr wichtiges zu tun und wenn es dann nur darum ging in den Keller zu verschwinden und so lange dort zu hocken, bis ich wieder weg war.

Ich möchte dir damit sagen, daß es mehr Kraft kostet auf einen gehassten Menschen zuzugehen und ein Gespräch zu suchen, als rumzuhocken und ihn zu ignorieren. Es Zeugt von Stärke, wenn du diesen Schritt gehst. Was dann bei dem Gespräch rauskommt, bei dem du ihm Sachlich deine Hintergründe näher bringst liegt an euch beiden. Vielleicht sieht er ja auch ein, daß er Fehler gemacht hat und entschuldigt sich dafür. Dein Opa ist ein Mensch, der einer komplett anderen Generation entspringt, vielleicht war er sogar aktiv am Krieg beteiligt. Wenn nicht ein Nachkriegskind. Diese Zeit prägt einen Menschen. Verurteil ihn also nicht für eine menschliche Schwäche, die man ihm auch aufzeigen kann und ihm helfen kann den richtigen Weg zu finden.

Wenn er dein Gesprächsangebot nicht annimmt oder trotz alledem uneinsichtig bleibt, hast du immernoch die Möglichkeit dich ganz offiziell von ihm abzuwenden. Das kannst du ihm dann auch sagen.

Vergeben ist göttlich, hast du das gecheckt, 
vergeben ist göttlich, oder bist du perfekt,
das ist schon korrekt, oder willst du erzählen
du wärst noch nie angeeckt.

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Ich würde hingehen.

Folgende Gründe sprechen dafür:

- Die Familie ist wohl der wichtigste soziale Haufen in meinem Leben.

- Der Wunsch meines Vaters ist mir wichtiger, als jemandem, den ich nicht mag eine reinzuwürgen.

- Es gibt an dem Geburtstag viele Leute, mit denen ich mich gerne unterhalte.

- Dem Grossvater zum Geburtstag zu gratulieren hat was mit Tradition zu tun, das ist kein Liebesgeständnis.

fatB

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