Der Tapfere 266 Beitrag melden Februar 2, 2014 erstellt Hallo Leute,ich bräuchte mal ein paar reife und objektive Meinungen.Ich bin jetzt (bald) 33 und werde mit dem Studium in 2 Monaten fertig sein. Ich will aus meinem Studenten-Kaff weg nach Berlin. Das ist für mich ent-schieden.Ich habe diverse Pläne und Träume, die ich in Berlin angehen will. Es zieht mich dahin.Ich habe eine sehr komische Beziehung zu meiner Familie. Meine Eltern und meine Oma verarbeiten nichts, sondern verdrängen. TV-Opfer. Wenn ein Problem da ist, wird nicht diskutiert usw. Es wird ignoriert und das Unterbewusstsein und die Dummheit wird als Vorwand vorgeschoben. Ich hatte vor ein paar Jahren HEFTIGE Konflikte mit meinen Eltern. Ich hatte mich von Ihnen nicht verstanden gefühlt, und benutzt gefühlt. Zu dieser Zeit war ich auf einem Anarcho-Trip, u.a. wegen Fight Club: Scheiß Gesellschaft, scheiß Konsum usw. Ihr wisst, was ich meine. Ich war sehr negativ eingestellt. Im Endeffekt war es eine riesen Rebellion ggü. meiner Familie. Ich konnte sie nicht loslassen, wollte sie umerziehen. Beinahe wäre es so gekommen, dass wir uns gegenseitig zerstört hätten - den Kontakt abgebrochen hätten.Es kam aber anders. Mir waren und sind meine Eltern bzw. meine Familie wichtig. Ist, denke ich, gesund. Ich war also nicht mehr auf zerstörerische Konfrontation aus, sondern hatte mich entschlossen, sie so zu lassen, wie sie sind und meine eigene Konsequenzen zu ziehen. Trotzdem waren die "Probleme" nach wie vor vorhanden. Ich bin sehr bewusst und sehr auf Konfrontation aus und vor allem ist Reflektieren eine wichtige Sache für mich - in zwischenmenschlichen Beziehungen ist das für mich das A und O. Naja. Mittlerweile haben wir ein gutes Verhältnis und wir können auch manchmal streiten, ohne dass wir uns zerstören.Es ist da aber etwas. Ich bin der Zweitgeborene. Mein Bruder ist 2,5 Jahre älter als ich und hat sich viel früher losgelöst. Ich war ja noch als "Hobby" vorhanden. Mein Studium geht jetzt zu Ende und ich möchte ENDLICH finanziell unabhängig werden, mein Ding machen. Ich merke aber, dass meine Eltern mich kontrollieren möchten. Das ging über die Jahre mit dem Geld. Ich habe deswegen oft zurückgesteckt - und natürlich wegen der Vorgeschichte, als es schlimm zwischen uns stand. Ich spüre, dass sie mich nicht loslassen können. Jedesmal wenn ich zu Besuch bin bekomme ich ca. 100 Milliarden Prozent Aufmerksamkeit. Es ist erdrückend. Ich weiß, dass das irgendwie aus Liebe ist. Auf der anderen Seite tut es mir weh und ich kann nicht atmen. Ich sage das ihnen auch.So war es dann mal gestern wieder. Ich wünsche mir eine innige Beziehung zu meinen Eltern. Ich weiß nicht, wie ich es beschreiben soll, aber ich möchte Frieden und keinen Ärger mit ihnen. Ich möchte, dass sie wirklich einfach das akzeptieren, was ich in MEINEM Leben entscheide und mich dann da unterstützen - vor allem emotional. Ich war also gestern bei ihnen und teilte ihnen mit, dass ich nach Berlin gehen werde. Dass es für mich entschieden ist. Ich für mich fühle mich bei diesem Gedanken einfach HERRLICH. Ich kann es kaum abwarten und möchte am liebsten jeden in meinem Kreis mit diesem Gefühl anstecken. Es ist aber so: Wie Orlando Owen in einem seiner Workshops so schön erzählt hat: Du lebst in einer Masse - der Gesellschaft. Die meisten sind einfach arm dran, weil sie sich nicht trauen das zu machen, was sie wollen und werden dann wieder heruntergezogen. Wie in einem Kochtopf mit Hummern. Wenn da einer versucht rauszukrabbeln, wird dieser tatsächlich von den anderen wieder runtergezogen! So fühle ich mich mit meinen Eltern.Ich erzählte also von meiner Ent-Scheidung. Es ist Fakt. Punkt. Alles fängt mit einer Entscheidung an - auf der Basis des Herzens. Und ich merkte, dass vor allem meine Mutter Einfluss nehmen will. Und sie benutzt negative Anker: Bist Du so alt? Weißt doch gar nicht, ob es das richtige ist? Vor ein paar Wochen hast Du noch was anderes gesagt? Es läuft alles implizit ab. Ich spüre direkt ein Korsett um meinen Brustkorb. Mein Vater projiziert sich selbst auf mich. Er wollte unbedingt dass seine 2 Söhne studieren, weil er es nicht tat oder konnte. Eigentlich sehr edel. Aber für ihn gab es nie eine Alternative. Ich z.B. bin eher der Kreative und der Künstler. Aber das sieht er nicht. Im Endeffekt habe ich wegen ihm studiert.Ich habe gestern genau das angeprochen, weil mir fast der Kragen platzte. Ich hab meiner Mutter vor allem gegenüber klar gemacht, dass ich keine negativen Gedanken von ihr möchte, sondern ihre Unterstützung. Mir alles Gute wünscht. Dass sie und mein Vater mich loslassen. Dass sie da sind, wenn ich es wirklich benötigen sollte und sie sich nicht aufzwingen. Die Diskussionsdynamik ist aber so, dass da überhaupt NULL KOMMA NULL (eigentlich eher minus 10) an Reflektion geschweige denn sachliche, reife und tiefe Einsichten gehen. Nicht mal ansatzweise. Weil das so ist, habe ich klipp und klar gesagt, dass ich ihre Einflussnahme nicht akzeptiere und wenn sie nicht SOFORT damit aufhören, ich lauter werden kann, was ich aber nicht will und dass ich dann gehe. Also eine Grenze aufgezeigt. Es hat sich GUUUUUT angefühlt, für mich einzustehen und meine eigene Macht für mich zu gebrauchen. Es hat funktioniert.Sie hören aber nicht auf. Heute morgen (habe übernachtet) geht es einfach weiter. Es ist implizit und subtil. Wie der schwarze Schatten von Mordor. Meine Oma toppt einfach alles. Sie macht sich nur Sorgen und will mich immer in den Negativ-Strudel reinreißen. Ich stehe dann als einfach auf und beende das Gespräch. Mir bleibt nichts anderes übrig. Ich versuchte es mit Liebe, mit Hass und mit gutem Willen, mit diskutieren. Jetzt sind die Zeiten der Konsequenzen gekommen. Ich bin mit meinem Latein am Ende.Naja, ich könnte wirklich noch mehr darlegen, aber ich denke, ihr könnt ein grobes Bild von der "Problemlage" erfassen. Mein Ziel ist: Ich möchte ENDLICH finanziell unabhängig werden. Ich werde nach Berlin gehen. Das werde ich machen. Ich möchte aber auch die emotionale Unterstützung meiner Eltern. Das Absegnen. Ihr wisst, dieses Bild: "Sohn, geh Deinen Weg, wir sind stolz auf Dich. Egal was Du machst. Wenn Du Hilfe brauchst, dann melde Dich. Wir werden Dich nie mehr drängen. Gehe nun, junger Padwan und lebe Deine Träume und Deinen Lebenszweck."Dieses Bild ist übertrieben, aber so die Richtung.Was kann ich machen? Ich glaube einfach, dass ich es einfach machen muss, weil ich alles probiert habe. Ich bin eh alleine mit mir - ich kann mir die Motivation schon selbst geben. Sollte ich mehr die Meditation von Robert Betz machen (Die Mutter bzw. der Vater meiner Kindheit)?Taten sprechen lassen und "drauf" scheißen, weil YOLO?Es fühlt sich halt einfach so hart an. Ich fühle mich so, als müsste ich meinen Eltern gegenüber hart bleiben, was ich eigentlich nicht will. Habt ihr sonstige Inputs?Vielen Dank! Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag Auf anderen Seiten teilen
SimoneB 4447 Beitrag melden Februar 2, 2014 geantwortet Einiges kommt mir sehr bekannt vor. Ich denke du hast da viele Punkte sehr gut reflektiert. An einer Stelle bleibst du aber stecken.Die Loslösung von deinen Eltern muss sich auch in deinem Inneren vollziehen. Du kannst dich nicht innerlich Abgrenzen und reagierst deshalb auch so emotional. Sie werden sich immer Sorgen um dich machen und festhalten wollen, es sind nun mal deine Eltern! Sie werden dich nicht losschicken, du musst den Schritt machen.Du musst von ihrem Segen und ihrer Meinung frei werden. Akzeptiere sie als Ratgeber aber gehe deinen Weg ohne Schuldgefühle. 3 Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag Auf anderen Seiten teilen
Aldous 9590 Beitrag melden Februar 2, 2014 geantwortet Ich fühle mich so, als müsste ich meinen Eltern gegenüber hart bleiben, was ich eigentlich nicht will. Willow schreibt es schon. Du bist dabei, dich von deinen Eltern zu lösen. Ist völlig normal und richtig so. Immer weitermachen damit. 1 Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag Auf anderen Seiten teilen
Spargeltarzan 70 Beitrag melden Februar 2, 2014 geantwortet (bearbeitet) Ich verstehe deine Probleme all zu gut. Auch ich hatte viel und oft Streit mit meinen Eltern. Der Input ist, ich sage mir immer wieder "Es sind deine Eltern. Sie lieben dich. Aber sie werden sich nicht verändern" Allein deswegen schon, weil wir eine völlig andere Generation sind, aufgewachsen in einer dynamischeren Welt mit Internet, Medienrummel und dem einflussreichen Informationsaustausch durch das Internet. Wir mögen Vieles aus einem anderen Blickwinkel betrachten - nicht nur weil wir es wollen, vor allem aber weil wir es KÖNNEN. (siehe z.B. das PU Forum und der Persönlichkeitsentwicklung) Wenn ich könnte würde ich alles dafür geben meinen Eltern, vor allem vorran meinem Vater einen Teil des Forums zu zeigen um ihm zu signalisieren, dass Persönlichkeitsentwicklungen vielfach komplex sind und es noch andere Weisheiten außerhalb seiner Philosophie gibt.Die Generation unserer Eltern hingegen hat sich nie aus solch einen freien Gedankenkonstrukt etablieren können, daher herrschen auch oft dogmatische Ansätze und Verhaltensmuster innerhalb im Kreise der Familie. Aber diese Differenzen existieren doch auch schon seit je her. (schon die Griechen beschrieben damals den göttlichen Familienkonflikt)Es ist ein Kultur Clash zweier unterschiedlich aufgewachsener Generationen mit unterschiedlichen Wertvorstellungen.Du wirst sie nicht verändern können. Aber du kannst sie akzeptieren und lieben. Ihre Worte verinnerlichen, darüber nachdenken, dich versuchen in ihre Rolle zu versetzen und versuchen den inneren Wall der Rebellion abzusetzen. Akzeptanz und Toleranz. Sie werden sich nicht verändern, dafür ist die Zeit schon verflogen - gerädert. Aber DU kannst dich verändern und sie mit deiner positiven Veränderung mitnehmen, inspirieren. Auch wenn die Akzeptanz ihrerseits anfänglich schwer fällt, so werden sie dich immer lieben. Loslassen bedeutet aber auch, dass du ab einem gewissen Punkt in deinem Leben deinen eigenen Weg gehen MUSST. Es bedeutet auch, dich von deiner emotionalen Abhängigkeit gegenüber deinen Eltern loszuseilen. Und damit meine ich nicht die Zuneigung ihnen gegenüber, sondern die Abhängigkeit deiner Entscheidungsfähigkeit für dich selbst.Es ist doch so, dass man sich immer die eigene Realität erschafft und es ist immer wieder bewundernswert wieviel Macht und Einfluss man doch mit seinen eigenen Handlungen und Mindset auf andere Menschen verzeichnen kann. Deine Reflexionen sind gut. Lass aber los und erwarte nicht, dass deine Eltern den ersten Schritt wagen werden. Eines Tages, wenn du auch mal Kinder haben solltest wirst du vielleicht in der Lage sein ein Empathievermögen zu besitzen, um die Handlungen die deiner Eltern zu verstehen. Viel Glück in Berlin! Februar 2, 2014 bearbeitet von Spargeltarzan 1 Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag Auf anderen Seiten teilen
Aldous 9590 Beitrag melden Februar 2, 2014 geantwortet Es ist ein Kultur Clash zweier unterschiedlich aufgewachsener Generationen mit unterschiedlichen Wertvorstellungen. Die Unterschiede in Werten, Kultur, Generation, usw. gibts nicht wirklich. Die sind bei dem Clash nur der Aufhänger. Worum es eigentlich geht, ist persönliche Autonomie. In der Regel übernimmt man die Werte früherer Generationen sowieso. Sozusagen als Erfahrungschatz. Die persönliche Autonomie liegt darin, selbst zu entscheiden, welche Teile dieser Erfahrungen man wann wie nutzt. Dazu gehört auch, dass man das eine oder andere anders macht, als die Eltern. Also die Regeln der Eltern bricht. Das tut allen Beteiligten erstmal weh - muss aber sein. Meist pendelt sich danach ein neues Gleichgewicht ein, mit dem dann alle wieder zufrieden sind. Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag Auf anderen Seiten teilen
Individualchaotin 10236 Beitrag melden Februar 2, 2014 geantwortet Du möchtest von deinen Eltern als Erwachsener akzeptiert werden? Dann beginn doch erstmal damit, deine Eltern zu akzeptieren. Warum willst du immer noch eine Okay und Bestätigung von ihnen? Du bist alt genug um endlich zu lernen, dich selber zu motivieren. 1 Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag Auf anderen Seiten teilen
Spargeltarzan 70 Beitrag melden Februar 5, 2014 geantwortet Es ist ein Kultur Clash zweier unterschiedlich aufgewachsener Generationen mit unterschiedlichen Wertvorstellungen.Die Unterschiede in Werten, Kultur, Generation, usw. gibts nicht wirklich. Die sind bei dem Clash nur der Aufhänger. Worum es eigentlich geht, ist persönliche Autonomie.In der Regel übernimmt man die Werte früherer Generationen sowieso. Sozusagen als Erfahrungschatz. Die persönliche Autonomie liegt darin, selbst zu entscheiden, welche Teile dieser Erfahrungen man wann wie nutzt.Dazu gehört auch, dass man das eine oder andere anders macht, als die Eltern. Also die Regeln der Eltern bricht. Das tut allen Beteiligten erstmal weh - muss aber sein. Meist pendelt sich danach ein neues Gleichgewicht ein, mit dem dann alle wieder zufrieden sind.Woher nimmst du den Glauben, es gäbe keine gravierenden Differenzen in Werten, Kultur und dem damit verbundenen Generationsunterschied? Persönliche Autonomie ist lt. meiner Auffassung noch immer ein Teil der Differenz und des Andersdenkens. Es ist hinweg eine Folge der unterschiedlichen Wertvorstellung. Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag Auf anderen Seiten teilen
Aldous 9590 Beitrag melden Februar 6, 2014 geantwortet Persönliche Autonomie ist lt. meiner Auffassung noch immer ein Teil der Differenz und des Andersdenkens. Es ist hinweg eine Folge der unterschiedlichen Wertvorstellung. Andersrum: Du bist um so autonomer, je eigenständiger und unabhängiger du bist. Würde man sagen: "Ich denke dann autonom, wenn ich anders denke.", dann würde man sich davon abhängig machen, anders zu denken. Wäre nicht autonom, sondern am Denken Anderer ausgerichtet. Das Rebellieren gegen Eltern, ist ein richtiger Schritt in Richtung Autonomie - es ist aber noch keine Autonomie. Das kann witzig sein. Gibt Altpunker, die rückblickend ihre Zeit als Punk als die spiessigste Phase ihres Lebens sehen. Die haben gegen Spiessigkeit rebelliert, indem sie jeden spiessig fanden, der das nicht tat. Was nichts Neues ist. War bei den alten Griechen im Prinzip genauso. Ein älterer Kollege -sehr cooler Typ- hat mir mal erzählt, wie er völlig baff war, als seine Söhne ihm in der Pubertät die wortwörtlich gleichen Sprüche reindrückten, wie er damals seinem Vater. Er hat sich dann erstmal bei seinem Vater für seine damaligen Sprüche entschuldigt. Ist einer der autonomsten Männer, die ich kenne. Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag Auf anderen Seiten teilen