Der Beruf des Psychotherapeuten und die Stellung der eigenen Ansichten und Meinungen über die des Patienten

8 Beiträge in diesem Thema

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Hi,

stellen wir uns doch einmal vor, wir wären Psychotherapeuten. Das bedeutet das Menschen entweder freiwillig zu uns kommen weil sie sich bewusst sind das es ihnen schlecht geht, oder Menschen kommen zu uns weil sie als "verrückt" gelten.

Mit Patienten aus der ersten Kategorie hätten wir wohl keinerlei Probleme weil sie sich einem Defizit bewusst sind und aus eigenem Willen heraus nach Hilfe suchen.

Patienten aus der 2. Reihe sind sich vielleicht aber keinerlei Problem bewusst und denken das es so wie es ist und so wie sie sind ganz normal ist. Es wird aber eine psychische Störung diagnostiziert. Nun hält sich dieser Mensch für Tot oder für Jesus oder hat ne multiple Persönlichkeits"störung".

Nun kann ich doch in einem solchen Fall niemals das Gegenteil beweisen. Und vielleicht will ich das auch gar nicht eben weil ich es nicht kann. Trotzdem wird sich das Recht herausgenommen den Menschen einzusperren weil er als "verrückt" gilt.

Hat es Sinn mit diesen Ansichten diesen Beruf anzustreben? Oder wird man durchgehend nur mit hochgezogenen Augenbrauen angesehen?

Wenn du dir selbst bewusst bist das du Probleme hast und mir das Vertrauen schenkst dir helfen zu dürfen. Stehe ich dir gerne immer zur Seite. Denkst du jedoch das alles normal ist glaube ich dir weil es aus deiner Sicht auf jeden Fall richtig ist und lasse dich ziehen. <--- zusammengefasst.

Grüße,

Passerby

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Also ich bin Sozialpädagoge das geht ein bisschen in die Richtung.

Ja mit diesen Ansichten kannst du gerade! in die Richtung gehen.

Deine Meinung wird sich aufjedenfall im Laufe des Studiums noch differenzieren (Wie und Was auch immer du jetzt studieren willst)

Es ist aber definitv immer noch Gegenstand der wissenschaftlichen Diskussion... du scheinst dich sehr für das Thema zu interessieren mach ruhig.

Hochkomplexes Thema könnte jetzt 5 Seiten dazu schreiben.

Literaturtipps:

Antipsychatrie

Schwule in der Psychatrie der 60er Jahre

Akzeptierende Drogenberatung

Medizinische Sichtweisen vs. aktuelle soziale Perspektive.

Erich Fromm "Anatomie der Menschlichen Destruktivität" (Gerade der Ausschnitt über das Menschenbild)

etc. pp.

Grundsätzlich ist alles was die Generativität bedroht Krankheit(Medizinisch), aber das muss halt in einigen Punkten differenzierter betrachtet werden.

Systemische Ansätze und auch der erwähnte Fromm bieten differenzierte Sichtweisen.

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Hey Passerby,

betrachte das Wort doch einmal etymologisch. Ver-rückt bedeutet so viel wie nicht mehr am richtigen Platz oder außerhalb der Norm. Die betreffende Person zeigt also ein Verhalten, dass nicht dem Standardrepertoire eines norm-alen, also der Norm entsprechenden Menschen entspricht. Nun kann man sich fragen: Wer definiert diese Norm? Daraus ergibt sich, dass "Verrücktsein" ein durchaus relativer Zustand ist. Objektivität kann da gar nicht so einfach sein.

Krankheitswert bekommt ein Verhalten halt dann, wenn der Betroffene darunter leidet. Das muss aber kein Grund für eine Einweisung sein, oft erfolgt ein stationärer Aufenthalt sogar freiwillig. Zwang erfolgt in der Regel nur, wenn akute Gefahr für sich und andere besteht oder bereits entsprechende Dinge vorgefallen sind. Dann kann durchaus eine Zwangseinweisung erfolgen oder im härtesten Fall auch Maßregelvollzug. Dies ist aber eher die Ausnahme. Jemand mit einer offenen TB oder einem hämorrhagischen Fieber würde man ja auch nicht auf dem Hauptbahnhof herumhusten lassen.

Und es gelten durchaus harte Regeln, beispielsweise darf nur ein Richter eine Anordnung solcher Maßnahmen verfügen. Der Arzt kann das nicht bestimmen, obwohl er natürlich gewisse Macht aufgrund seines Gutachtens und Fachkompetenz hat.

Wie es mit den Beweisen ausschaut, klar das kann mitunter schwammig werden. Doch wenn ein Patient beispielweise Stimmen hört, die ihm befehlen, seine Mutter mit einer Axt zu erschlagen oder er plötzlich euphorisch wird und sein gesamtes Hab und Gut verprasst, selbst maßlos überschätzt und alle sozialen Hemmungen über Bord wirft, kann man schon davon ausgehen, dass da etwas im Busch ist, was für den Patienten und sein Umfeld gefährlich werden könnte. Hier liegt es klar beim Fachmann, entsprechende Symptome zu erkennen und zu bewerten, und es gibt ja schließlich auch entsprechende Klassifizierungen (ICD-10, DSM-5), nach der sich der Arzt zu richten hat.

Und selbstverständlich kann auch das ein heikles Feld sein. Die Geschichte der Psychiatrie und auch aktuelle Situationen wie beispielsweise der Fall Mollath zeigen ja auch, dass das System seine Schwachstellen hat.

Herzliche Grüße,

Tsukune

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Gast

stellen wir uns doch einmal vor, wir wären Psychotherapeuten. Das bedeutet das Menschen entweder freiwillig zu uns kommen weil sie sich bewusst sind das es ihnen schlecht geht, oder Menschen kommen zu uns weil sie als "verrückt" gelten.

Ich halte diese Vorannahme für eine grobe Vereinfachung, die die Situation nicht so wieder spiegelt, wie ich sie erlebe... Das Unbewusste lässt nur selten zu, dass Klienten ihre Probleme bewusst werden. Wohl weil das Bewusste in der Regel nicht so viel ausrichten kann und weil es auf das Selbstbild des Menschen zurückwirkt, seine Selbstwirksamkeit und damit sein Selbstvertrauen untergräbt. Die erste von Dir beschriebene Situation ist letztendlich die, dass die Kienten in der Regel wegen bestimmten Symptomen kommen, die ich-dyston sind. Solche treten aber nur bei einem kleinen Prozentsatz der Menschen auf, die von Beratung profitieren würden. Bevor ich-dystone Symptome entstehen, gibt es aber bereits erkennbare charakterliche Besonderheiten, die in bestimmte Richtungen ausgeprägt sind und bereits die Lebenqualität einschränken. Die wird - und das sind weitaus die meisten Menschen - von ihnen nicht als Einschränkung erlebt.

Und so sieht es auch mit den von dir "verrückt" genannten aus. Ihr Erleben ist ich-synton. Sie suchen idR keine Hilfe. Natürlich gibt es auch Kombinationen.

Im Grunde finde ich, dass die Kategorie, ob jemand bewusst leidet, keine wirklich hilfreiche Unterscheidung bietet.

Daher ist es auch eine der ersten Aufgaben in der Beratung, die bewusste Motivation zu erhalten bzw. erst zu installieren.

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Also ich bin Sozialpädagoge das geht ein bisschen in die Richtung.

Ja mit diesen Ansichten kannst du gerade! in die Richtung gehen.

Deine Meinung wird sich aufjedenfall im Laufe des Studiums noch differenzieren (Wie und Was auch immer du jetzt studieren willst)

Es ist aber definitv immer noch Gegenstand der wissenschaftlichen Diskussion... du scheinst dich sehr für das Thema zu interessieren mach ruhig.

Hochkomplexes Thema könnte jetzt 5 Seiten dazu schreiben.

Literaturtipps:

Antipsychatrie

Schwule in der Psychatrie der 60er Jahre

Akzeptierende Drogenberatung

Medizinische Sichtweisen vs. aktuelle soziale Perspektive.

Erich Fromm "Anatomie der Menschlichen Destruktivität" (Gerade der Ausschnitt über das Menschenbild)

etc. pp.

Grundsätzlich ist alles was die Generativität bedroht Krankheit(Medizinisch), aber das muss halt in einigen Punkten differenzierter betrachtet werden.

Systemische Ansätze und auch der erwähnte Fromm bieten differenzierte Sichtweisen.

Danke dafür. schreib ruhig 5 Seiten^^ Meinst du am ende systematische Therapie? Also Watzlawick/Erickson...? Bei Erickson bin ich mir z. B. ziemlich sicher das das ganze auf nem hohen Grad an Empathie bzw. Systematisierungsvermögen beruht. Davon bekommt jeder Mensch jedoch nur unterschiedlich viel mit. Wenn man z. b. ließt das er bestimmte Patienten als hoffnungslose Fälle abgetan hat fragt man sich schon warum und kommt nur auf diese eine Antwort.

Hey Passerby,

betrachte das Wort doch einmal etymologisch. Ver-rückt bedeutet so viel wie nicht mehr am richtigen Platz oder außerhalb der Norm. Die betreffende Person zeigt also ein Verhalten, dass nicht dem Standardrepertoire eines norm-alen, also der Norm entsprechenden Menschen entspricht. Nun kann man sich fragen: Wer definiert diese Norm? Daraus ergibt sich, dass "Verrücktsein" ein durchaus relativer Zustand ist. Objektivität kann da gar nicht so einfach sein.

Krankheitswert bekommt ein Verhalten halt dann, wenn der Betroffene darunter leidet. Das muss aber kein Grund für eine Einweisung sein, oft erfolgt ein stationärer Aufenthalt sogar freiwillig. Zwang erfolgt in der Regel nur, wenn akute Gefahr für sich und andere besteht oder bereits entsprechende Dinge vorgefallen sind. Dann kann durchaus eine Zwangseinweisung erfolgen oder im härtesten Fall auch Maßregelvollzug. Dies ist aber eher die Ausnahme. Jemand mit einer offenen TB oder einem hämorrhagischen Fieber würde man ja auch nicht auf dem Hauptbahnhof herumhusten lassen.

Und es gelten durchaus harte Regeln, beispielsweise darf nur ein Richter eine Anordnung solcher Maßnahmen verfügen. Der Arzt kann das nicht bestimmen, obwohl er natürlich gewisse Macht aufgrund seines Gutachtens und Fachkompetenz hat.

Wie es mit den Beweisen ausschaut, klar das kann mitunter schwammig werden. Doch wenn ein Patient beispielweise Stimmen hört, die ihm befehlen, seine Mutter mit einer Axt zu erschlagen oder er plötzlich euphorisch wird und sein gesamtes Hab und Gut verprasst, selbst maßlos überschätzt und alle sozialen Hemmungen über Bord wirft, kann man schon davon ausgehen, dass da etwas im Busch ist, was für den Patienten und sein Umfeld gefährlich werden könnte. Hier liegt es klar beim Fachmann, entsprechende Symptome zu erkennen und zu bewerten, und es gibt ja schließlich auch entsprechende Klassifizierungen (ICD-10, DSM-5), nach der sich der Arzt zu richten hat.

Und selbstverständlich kann auch das ein heikles Feld sein. Die Geschichte der Psychiatrie und auch aktuelle Situationen wie beispielsweise der Fall Mollath zeigen ja auch, dass das System seine Schwachstellen hat.

Herzliche Grüße,

Tsukune

Ich verstehe. Sollte ich also jemals Psychotherapeut werden gibt es Systeme in denen ich entscheiden muss wie von dir gesagt (ICD-10) z. B.. Was wenn ich meine persönlichen Einsichten nicht damit vereinbaren kann?

Denke ich richtig das ich bei sowas in einer Privatpraxis Eber Drumherum komme als z. B. als Angestellter?

Mir ist natürlich kla, das es ohne bestimmte Klassifizierungen im totalen Chaos endet. Aber es ist schwer für den "Individualisten"^^ Danke dir

stellen wir uns doch einmal vor, wir wären Psychotherapeuten. Das bedeutet das Menschen entweder freiwillig zu uns kommen weil sie sich bewusst sind das es ihnen schlecht geht, oder Menschen kommen zu uns weil sie als "verrückt" gelten.

Ich halte diese Vorannahme für eine grobe Vereinfachung, die die Situation nicht so wieder spiegelt, wie ich sie erlebe... Das Unbewusste lässt nur selten zu, dass Klienten ihre Probleme bewusst werden. Wohl weil das Bewusste in der Regel nicht so viel ausrichten kann und weil es auf das Selbstbild des Menschen zurückwirkt, seine Selbstwirksamkeit und damit sein Selbstvertrauen untergräbt. Die erste von Dir beschriebene Situation ist letztendlich die, dass die Kienten in der Regel wegen bestimmten Symptomen kommen, die ich-dyston sind. Solche treten aber nur bei einem kleinen Prozentsatz der Menschen auf, die von Beratung profitieren würden. Bevor ich-dystone Symptome entstehen, gibt es aber bereits erkennbare charakterliche Besonderheiten, die in bestimmte Richtungen ausgeprägt sind und bereits die Lebenqualität einschränken. Die wird - und das sind weitaus die meisten Menschen - von ihnen nicht als Einschränkung erlebt.

Und so sieht es auch mit den von dir "verrückt" genannten aus. Ihr Erleben ist ich-synton. Sie suchen idR keine Hilfe. Natürlich gibt es auch Kombinationen.

Im Grunde finde ich, dass die Kategorie, ob jemand bewusst leidet, keine wirklich hilfreiche Unterscheidung bietet.

Daher ist es auch eine der ersten Aufgaben in der Beratung, die bewusste Motivation zu erhalten bzw. erst zu installieren.

Okay. Das ist wirklich hilfreich°! Das bedeutet aber doch auch, sofern ich das richtig verstanden habe, das nur ich-dystone Menschen den Weg zum Therapeuten finden und Menschen die glauben sie seien ich-synton, es aber "eigentlich nicht sind" eher unter einer Art "zwang" zum Therapeuten gelangen? Kann man das so sagen?

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tut mir leid Bruder aber ich hab hier bestimmt noch 2 Meter Literatur liegen die gelesen werden will. Kommt auf jeden Fall in meine Bestellliste aber im Moment ist keine Zeit dafür. Daher frage ich hier im Forum um zusammenfassende Antworten zu bekommen die mir vorübergehend schon mal weiterhelfen :)

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Gast

"Das bedeutet aber doch auch, sofern ich das richtig verstanden habe, das nur ich-dystone Menschen den Weg zum Therapeuten finden und Menschen die glauben sie seien ich-synton, es aber "eigentlich nicht sind" eher unter einer Art "zwang" zum Therapeuten gelangen? Kann man das so sagen?"

Sprachlich nicht ganz sauber, aber sonst zutreffend. Nicht Menschen sind synton oder dyston, sondern ein bestimmter Ausschnitt ihres Erlebens, den einige Menschen als Krankhaft normieren.

Im sozialpädagogischen Kontext, in dem die Berater auch staatliche Aufgaben des Jugendschutzes beispielsweise ausüben, gibt es häufiger den von dir angesprochenen Zwangskontext. Das führt dann eben zu völlig anderen Beratungssituationen als wenn jemand aus eigener Motivation zur Beratung kommt.

In der Regel greift der Staat ja auch nur zwangsweise ein, wenn entweder eine Fremd- oder eine Selbstgefährdung vorliegt. Beispiel Jugendschutz: Kinder einer alleinerziehenden Mutter mit massiven depressiven Phasen, in denen die Kinder eher die Mutter versorgen als umgekehrt. Die Grenzen sind natürlich fließend und der Missbrauch der staatlichen Macht lauert dort an jeder Ecke. Leider hab ich auch schon einige Supervisionsgepräche erleben müssen, in denen ich den Eindruck hatte, dass der Berater dem Klienten mit dem Argument des Kinderschutzes einfach seine persönlichen Werte aufgezwungen hat. Und das hat nichts mehr mit gutem Coaching zu tun. Wenn du, wie es aussieht, da sehr zurückhaltend damit bist, andere Weltsichten als minderwertig einzustufen, dann sage ich, dass es nicht genug von solchen Therapeuten geben kann.

M.H.Erickson ist übrigens DER Vertreter der Hypnotherapie.

bearbeitet von Gast

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