Unten. Ein Erfahrungsbericht.

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Gast selfrevolution

Normalerweise post ich meine pseudo-literarischen Ergüsse in einem anderen Forum, wo sich hauptsächlich linksaltivernatives Volk herumtreibt. Aber mir ist gerade danach, diesen Schrott einmal euch hinzuschmeißen, und zu schauen, was passiert.

Unten. Ein Erfahrungsbericht.

1. So schaut's aus...

"Hallo?"

"Tagen Tag Herr selfrevolution, Kundmann hier, vom Sozialamt Wien 15. Ich habe ihr Berufungsschreiben bekommen und gelesen."

"Ja..."

"Also ich erkläre ihnen das noch einmal..."

Es sind die kleinen Dinge, die zählen. So sagt man. Der Herr am Telefon erklärt mir, also was Sache ist. Inhalt des Gesprächs ist, dass mein Antrag auf Sozialhilfe abgewiesen wurde, weil ich derzeit in Ausbildung stehe.

"...und mit 27 kann man wirklich schon langsam fertig sein mit dem Studium."

Ich werde angegriffen. In Frage gestellt. Meine erste Reaktion: in die Abwehr gehen.

"Ich mache ein Doppelstudium..."

"Ja, aber wie kommt der Steuerzahler dazu..."

Der Steuerzahler. Mein Wert auf dieser Welt, mein Wert in dieser Gesellschaft beläuft sich scheinbar darauf, wie viele Steuern ich zahle. Wobei, ganz richtig ist das auch nicht. Es gibt unter Firmen diesen kleinen aber feinen Trick, sich eine leere Niederlassung in einem anderen Staat zu besorgen und die Umsätze dort abzuschreiben. So zahlen manche Firmen weniger Steuern als der gemeine Hilfsarbeiter. Ich bin nicht einmal Hilfsarbeiter. Ich zahle keine Einkommenssteuer. Also bin ich wertlos.

Es gibt dieses Sprichwort, dass die besten Knechte diejenigen sind, die sich selbst welche halten dürfen. Ganz nach Tarantino formuliere ich um: die herablassendsten Herren sind die, die Knechte sind. Wer bist du, kleiner Mann, der du mir am Telefon erzählst, ich hätte keinen Wert für die Gesellschaft? Ich bleibe ruhig.

"Also wir machen Folgendes..."

Gut. Ich soll also einen neuen Antrag stellen für ihn(?), mein Gesuch beim Arbeitsamt auf Vollzeit stellen. Ich will nicht. Ich studiere. Ich suche einen Nebenjob. Ich bin glücklich und zufrieden mit 20 Stunden. Aber es muss sein.

2. Nummer 714

Ich gehe zum Sozialamt. Es sind schätzungsweise fünfzehn Leute im Warteraum. Ich gehe zum Schalter.

"Könnte ich bitte ein Antragsformular haben?"

"Ziehen Sie eine Nummer."

"Nur für ein Formular?"

"Ja."

Ich ziehe eine Nummer 714. Die Frau an der Rezeption ruft Nummer 701 auf. Nummer 701 steht auf und geht zum Schalter. Eine junge Frau steht auch auf und macht sich bereit. Sie dürfte bald dran sein. Ich spreche sie an.

"Hey, bist du gleich dran?"

"Ja."

"Kannst du einen Gefallen tun und mit ein Formular mitnehmen?"

"Einfach nur ein Formular?"

"Ja."

"Ich werde schauen, was ich tun kann."

Sie kommt dran und erledigt ihre Sachen. Ich hoffe, sie vergisst nicht auf mein Formular. Vom Weiten höre ich das Gespräch mit.

"Und könnten sie mir noch ein Antragsformular geben?"

"Wofür?"

"Für einen Kollegen."

"Der Kollege könnte ruhig selbst kommen. aber meinetwegen. Hier."

Die junge Frau kommt auf mich zu und gibt mir versteckt das Formular. Ich weiß nicht, wieso sie das versteckt macht. Ich bedanke mich und gehe raus. Draußen schmeiße ich meine Nummer in den Mistkübel. Nummer 714.

3. Der Rückruf

"Guten Tag Herr selfrevolution. Hier spricht Katja Macher vom Sozialamt Wien 15. Sie haben gestern um einen Rückruf gebeten."

"Ehm,... ja. Den habe ich heute eigentlich schon bekommen. Ich habe heute Vormittag mit meinem Sachbearbeiter telefoniert."

"Ihre Sachbearbeiterin bin ich."

"Achso. Haben Sie mein Berufungsschreiben bekommen?"

"Ja. Und ich habe es auch schon gelesen."

Stille. Als wäre nicht klar, was ich mit meinem Berufungsschrieben wollte.

"Ja und was ist ihre Antwort darauf?"

"Das hat Ihnen mein Kollege schon gesagt."

"Ehm,... ja. Mit dem ist alles besprochen."

Zum Glück tut sie irgendetwas. Sie wiederholt nicht nur, was ihr Kollege gesagt hat, sondern meint, sie wird meinen Antrag vorziehen, wenn ich ihn ihr heute persönlich bringe, gemeinsam mit einer Handvoll anderer Dokumente, und außerdem an der Rezeption etwas abgebe. Ich bin ihr dankbar und lasse mir einen Termin für 17:00 geben, sodass noch genug Zeit ist, alle Dokumente zu besorgen.

4. Warten

Wenn man unten lebt, dann kennt man das Warten sehr gut. Unten ist Zeit kein Geld. Wer um Unterstützung ansucht, dessen Zeit hat keinen Wert. Sie kann mit Warten vergeudet werden.

Ich kommt um 14:04 bei der Wohnbehilfenbehörde an. Ich weiß, dass ich keinen Anspruch habe. Aber das Sozialamt braucht eine Bestätigung, dass ich um Wohnbeihilfe eingereicht habe. Es ist genau eine Person um Warteraum. Tatsächlich ist es nicht mein erster Besuch hier. Ich habe noch nie so wenige Leute im Wartezimmer der MA 50 gesehen. Ich gehe zum Nummernautomaten und drücke auf den Knopf. Nichts kommt raus. Ich lese einen Zettel:

"14:00 bis 15:15 Mittagspause."

In der Mittagspause kann man keine Nummern ziehen. Ich möchte derweil ein Antragsformular nehmen und ausfüllen. Es gibt keinen Ständer mit Formularen. Die Rezeption ist unbesetzt. Natürlich. Es ist ja auch Mittagspause. Ich gehe wieder und erledige andere Dinge. Um 15:10 komme ich wieder. Es befinden sich so viele Leute im Wartezimmer, dass ich gar nicht auf die Idee komme zu zählen. Ich gehe zum Automaten. Er funktioniert noch immer nicht. Ich setze mich.

Ein junger Mann steht auf und geht zu dem Automaten, wo ein paar andere Leute stehen.

"Machen wir eine Reihe. Weil ich warte schon seit einer halben Stunde. Die Dame wartet schon länger. Sie sind gerade erst gekommen, und das ist nicht fair. Und wenn der Automat geht, werden sich alle gleich drauf stürzen."

Ich stimme ein.

"Ja, das ist eine gute Idee! Machen wir die Schlange so entlang."

Es kommt keine Schlange zustande, aber als um 15:15 wird der Automat wieder funktioniert, werden die, die schon lange da sind irgendwie vorgelassen. Ich lasse viele vor, weil ich eben erst gekommen bin. Ich ziehe eine Nummer. Nummer 987. Ich schaue auf die Anzeigetafel.

946 -> Zimmer 714

Fast 40 Nummer. Ich hoffe, dass ich das mit meinem Termin beim Sozialamt ausgeht. Ich möchte derweil ein Antragsformular ausfüllen. Er gibt keine Formulare. Die Rezeption ist unbesetzt. Ich beschließe, essen zu gehen.

45 Minuten später komme ich wieder. Zu zählen, wie viele Leute da sind, ist sinnlos. Ich schaue auf die Anzeigetafel.

980 -> Zimmer 714

Die Rezeption ist unbesetzt. Davor stehen zwei junge Männer. Einer beschwert sich, weil er für diesen Antrag zu viel herumlaufen muss. Ich frage ihn, ob er weiß, wo es hier Anträge gibt.

"Der Kollege hat gerade den letzten genommen. Musst du warten, bis die Frau kommt."

Eine Frau mischt sich ein.

"Schau einmal runter, bei der Abteilung für die anderen Bezirke. Vielleicht ist da etwas."

Ich bedanke mit für den Tipp und gehe hinunter. Die Rezeption ist unbesetzt, aber es liegen Anträge dort. Ich nehme einen und gehe hinauf. Oben ist kein Tisch frei, also knie ich mich auf den Boden und fülle den Antrag auf einem Sessel aus. Jetzt wird die Zeit knapp und ich muss mich beeilen.

987 -> Zimmer 713

Ich gebe meinen Antrag ab, beantworte ein paar Fragen, lasse mir eine Bestätigung geben, dass ich hier war und bin nach drei Minuten wieder weg.

5. Danke

16:50. Ich komme zum Sozialamt und ziehe eine Nummer. Nummer 1084. Es sind schätzungsweise 15 Leute hier. Ich setze mich hin und lese in einem Buch von Bourdieu. Die verborgenen Mechanismen der Macht. Ich suche gezielt das Kapitel "die feinen Unterschiede", das ich vor Jahren schon einmal gelesen habe, und lese vier Seiten.

"Nummer 1084"

"Ich habe einen Termin bei meiner Sachbearbeiterin. Jetzt um 17:00.

Dann brauche ich erst einmal einen Ausweis."

...wieso? Ich reiche ihr meinen Ausweise und frage mich, ob sie befürchtet, dass jemand anderer als ich meinen Termin wahrnimmt. Und was wäre wenn?

"Sie sind aber ganz schön knapp dran. Drei Minuten."

"Fick dich!"

Nein... das habe ich nicht gesagt.

"Ja."

Abgesehen davon, dass ich zehn Minuten vorher da war, geht sie das einen Scheißdreck an. Vielen Dank für diese Information. Ich wusste nicht, dass ich so knapp bin. Das heißt... ich wusste es schon. Aber ich habe ihre Bestätigung gebraucht, dass ich knapp dran bin. Also,... weil ich jetzt weiß, dass ich unzuverlässig bin. Da verpasse ich doch das ganze Warten.

Ich setzt mich und warte darauf, aufgerufen zu werden. Wenige Minuten später ertönt ein leiser, undeutlicher Lautsprecher, durch den etwas klingt, das leichte Ähnlichkeit mit meinem Namen und Zimmer 16 hat.

Ich betrete das Zimmer meiner Sachbearbeiterin. Eine junge, durchschnittlich attraktive Frau. Sie ist beschäftigt. Die anderen Schreibtische im Zimmer sind unbesetzt und das Licht dort ist abgedreht, sodass es eigenartig dunkel im Raum wirkt. Ich setzt mich einfach.

"So,... ja, da haben wir die Unterlagen. Und dies und jenes... ich werde die Unterstützung einmal bis Oktober bewilligen, und im Oktober dann erneut überprüfen, ob sie immer noch 40 Stunden beim AMS gemeldet sind."

Das hatte ich in der Früh, bei dem Gespräch mit dem Kollegen bereits. Diese Angst, dass ich studiere und deshalb dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehe. Diese Angst, dass ich Unterstützung beziehe, ohne wirklich arbeiten zu wollen. Nach ein paar weiteren Worten steht sie auf.

"Kommen Sie mit zum Kopierer? Wir dürfen nämlich niemanden alleine im Raum lassen."

Ich komme mit. Ich wurde schon oft alleine in einem Raum gelassen. In einer Bank. Bei einer Prüfung. Hier nicht. Wer beim Sozialamt um Unterstützung ansucht ist nicht vertrauenswürdig. Und tatsächlich würde ich es wohl auch so machen. Vielleicht.

Beim Kopierer fällt mir auf, wie klein sie eigentlich ist. Vielleicht 1,50m oder noch kleiner. Sie trägt einen knielangen Rock. Ihre Beine sind glatt rasiert. Sie erscheint mir so normal. Wären wir uns um drei in der Früh im Zipp begegnet, hätte es sein können dass wir einander kennengelernt hätten. Sie ist zwar vielleicht ein, zwei Jahre älter als ich, aber um drei in der Früh im Zipp ist das völlig egal.

Wir gehen zurück und regeln noch ein paar Sachen.

"Ich werde ihren Antrag hm,.... vielleicht heute noch bearbeiten. Ansonsten morgen. Danke dass sie heute noch gekommen sind."

"Gut, ja. Also, einen schönen Abend noch."

Ich habe vergessen, mich dafür zu bedanken, dass sie sich so beeilt mit meinem Antrag.

bearbeitet von selfrevolution
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Mehr Nebensätze und subtilere Bemerkungen machten Deinen Schreibstil deutlich fesselnder zu lesen. ;)

So ist das schülerzeitungsmäßig von jmd., der auf pfiffig macht, aber nicht durchhalten kann über viele Zeilen. Darin liegt die Kunst des Schreibens.

Ruhig in einer Art Lautschrift, wie die Personen sprechen in Dialekt bzw. Mundart. Das ist ja auch spannend.

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Normalerweise post ich meine pseudo-literarischen Ergüsse in einem anderen Forum, wo sich hauptsächlich linksaltivernatives Volk herumtreibt. Aber mir ist gerade danach, diesen Schrott einmal euch hinzuschmeißen, und zu schauen, was passiert.

Unten. Ein Erfahrungsbericht.

1. So schaut's aus...

"Hallo?"

"Tagen Tag Herr selfrevolution, Kundmann hier, vom Sozialamt Wien 15. Ich habe ihr Berufungsschreiben bekommen und gelesen."

"Ja..."

"Also ich erkläre ihnen das noch einmal..."

Es sind die kleinen Dinge, die zählen. So sagt man. Der Herr am Telefon erklärt mir, also was Sache ist. Inhalt des Gesprächs ist, dass mein Antrag auf Sozialhilfe abgewiesen wurde, weil ich derzeit in Ausbildung stehe.

"...und mit 27 kann man wirklich schon langsam fertig sein mit dem Studium."

Ich werde angegriffen. In Frage gestellt. Meine erste Reaktion: in die Abwehr gehen.

"Ich mache ein Doppelstudium..."

"Ja, aber wie kommt der Steuerzahler dazu..."

Der Steuerzahler. Mein Wert auf dieser Welt, mein Wert in dieser Gesellschaft beläuft sich scheinbar darauf, wie viele Steuern ich zahle. Wobei, ganz richtig ist das auch nicht. Es gibt unter Firmen diesen kleinen aber feinen Trick, sich eine leere Niederlassung in einem anderen Staat zu besorgen und die Umsätze dort abzuschreiben. So zahlen manche Firmen weniger Steuern als der gemeine Hilfsarbeiter. Ich bin nicht einmal Hilfsarbeiter. Ich zahle keine Einkommenssteuer. Also bin ich wertlos.

Es gibt dieses Sprichwort, dass die besten Knechte diejenigen sind, die sich selbst welche halten dürfen. Ganz nach Tarantino formuliere ich um: die herablassendsten Herren sind die, die Knechte sind. Wer bist du, kleiner Mann, der du mir am Telefon erzählst, ich hätte keinen Wert für die Gesellschaft? Ich bleibe ruhig.

"Also wir machen Folgendes..."

Gut. Ich soll also einen neuen Antrag stellen für ihn(?), mein Gesuch beim Arbeitsamt auf Vollzeit stellen. Ich will nicht. Ich studiere. Ich suche einen Nebenjob. Ich bin glücklich und zufrieden mit 20 Stunden. Aber es muss sein.

2. Nummer 714

Ich gehe zum Sozialamt. Es sind schätzungsweise fünfzehn Leute im Warteraum. Ich gehe zum Schalter.

"Könnte ich bitte ein Antragsformular haben?"

"Ziehen Sie eine Nummer."

"Nur für ein Formular?"

"Ja."

Ich ziehe eine Nummer 714. Die Frau an der Rezeption ruft Nummer 701 auf. Nummer 701 steht auf und geht zum Schalter. Eine junge Frau steht auch auf und macht sich bereit. Sie dürfte bald dran sein. Ich spreche sie an.

"Hey, bist du gleich dran?"

"Ja."

"Kannst du einen Gefallen tun und mit ein Formular mitnehmen?"

"Einfach nur ein Formular?"

"Ja."

"Ich werde schauen, was ich tun kann."

Sie kommt dran und erledigt ihre Sachen. Ich hoffe, sie vergisst nicht auf mein Formular. Vom Weiten höre ich das Gespräch mit.

"Und könnten sie mir noch ein Antragsformular geben?"

"Wofür?"

"Für einen Kollegen."

"Der Kollege könnte ruhig selbst kommen. aber meinetwegen. Hier."

Die junge Frau kommt auf mich zu und gibt mir versteckt das Formular. Ich weiß nicht, wieso sie das versteckt macht. Ich bedanke mich und gehe raus. Draußen schmeiße ich meine Nummer in den Mistkübel. Nummer 714.

3. Der Rückruf

"Guten Tag Herr selfrevolution. Hier spricht Katja Macher vom Sozialamt Wien 15. Sie haben gestern um einen Rückruf gebeten."

"Ehm,... ja. Den habe ich heute eigentlich schon bekommen. Ich habe heute Vormittag mit meinem Sachbearbeiter telefoniert."

"Ihre Sachbearbeiterin bin ich."

"Achso. Haben Sie mein Berufungsschreiben bekommen?"

"Ja. Und ich habe es auch schon gelesen."

Stille. Als wäre nicht klar, was ich mit meinem Berufungsschrieben wollte.

"Ja und was ist ihre Antwort darauf?"

"Das hat Ihnen mein Kollege schon gesagt."

"Ehm,... ja. Mit dem ist alles besprochen."

Zum Glück tut sie irgendetwas. Sie wiederholt nicht nur, was ihr Kollege gesagt hat, sondern meint, sie wird meinen Antrag vorziehen, wenn ich ihn ihr heute persönlich bringe, gemeinsam mit einer Handvoll anderer Dokumente, und außerdem an der Rezeption etwas abgebe. Ich bin ihr dankbar und lasse mir einen Termin für 17:00 geben, sodass noch genug Zeit ist, alle Dokumente zu besorgen.

4. Warten

Wenn man unten lebt, dann kennt man das Warten sehr gut. Unten ist Zeit kein Geld. Wer um Unterstützung ansucht, dessen Zeit hat keinen Wert. Sie kann mit Warten vergeudet werden.

Ich kommt um 14:04 bei der Wohnbehilfenbehörde an. Ich weiß, dass ich keinen Anspruch habe. Aber das Sozialamt braucht eine Bestätigung, dass ich um Wohnbeihilfe eingereicht habe. Es ist genau eine Person um Warteraum. Tatsächlich ist es nicht mein erster Besuch hier. Ich habe noch nie so wenige Leute im Wartezimmer der MA 50 gesehen. Ich gehe zum Nummernautomaten und drücke auf den Knopf. Nichts kommt raus. Ich lese einen Zettel:

"14:00 bis 15:15 Mittagspause."

In der Mittagspause kann man keine Nummern ziehen. Ich möchte derweil ein Antragsformular nehmen und ausfüllen. Es gibt keinen Ständer mit Formularen. Die Rezeption ist unbesetzt. Natürlich. Es ist ja auch Mittagspause. Ich gehe wieder und erledige andere Dinge. Um 15:10 komme ich wieder. Es befinden sich so viele Leute im Wartezimmer, dass ich gar nicht auf die Idee komme zu zählen. Ich gehe zum Automaten. Er funktioniert noch immer nicht. Ich setze mich.

Ein junger Mann steht auf und geht zu dem Automaten, wo ein paar andere Leute stehen.

"Machen wir eine Reihe. Weil ich warte schon seit einer halben Stunde. Die Dame wartet schon länger. Sie sind gerade erst gekommen, und das ist nicht fair. Und wenn der Automat geht, werden sich alle gleich drauf stürzen."

Ich stimme ein.

"Ja, das ist eine gute Idee! Machen wir die Schlange so entlang."

Es kommt keine Schlange zustande, aber als um 15:15 wird der Automat wieder funktioniert, werden die, die schon lange da sind irgendwie vorgelassen. Ich lasse viele vor, weil ich eben erst gekommen bin. Ich ziehe eine Nummer. Nummer 987. Ich schaue auf die Anzeigetafel.

946 -> Zimmer 714

Fast 40 Nummer. Ich hoffe, dass ich das mit meinem Termin beim Sozialamt ausgeht. Ich möchte derweil ein Antragsformular ausfüllen. Er gibt keine Formulare. Die Rezeption ist unbesetzt. Ich beschließe, essen zu gehen.

45 Minuten später komme ich wieder. Zu zählen, wie viele Leute da sind, ist sinnlos. Ich schaue auf die Anzeigetafel.

980 -> Zimmer 714

Die Rezeption ist unbesetzt. Davor stehen zwei junge Männer. Einer beschwert sich, weil er für diesen Antrag zu viel herumlaufen muss. Ich frage ihn, ob er weiß, wo es hier Anträge gibt.

"Der Kollege hat gerade den letzten genommen. Musst du warten, bis die Frau kommt."

Eine Frau mischt sich ein.

"Schau einmal runter, bei der Abteilung für die anderen Bezirke. Vielleicht ist da etwas."

Ich bedanke mit für den Tipp und gehe hinunter. Die Rezeption ist unbesetzt, aber es liegen Anträge dort. Ich nehme einen und gehe hinauf. Oben ist kein Tisch frei, also knie ich mich auf den Boden und fülle den Antrag auf einem Sessel aus. Jetzt wird die Zeit knapp und ich muss mich beeilen.

987 -> Zimmer 713

Ich gebe meinen Antrag ab, beantworte ein paar Fragen, lasse mir eine Bestätigung geben, dass ich hier war und bin nach drei Minuten wieder weg.

5. Danke

16:50. Ich komme zum Sozialamt und ziehe eine Nummer. Nummer 1084. Es sind schätzungsweise 15 Leute hier. Ich setze mich hin und lese in einem Buch von Bourdieu. Die verborgenen Mechanismen der Macht. Ich suche gezielt das Kapitel "die feinen Unterschiede", das ich vor Jahren schon einmal gelesen habe, und lese vier Seiten.

"Nummer 1084"

"Ich habe einen Termin bei meiner Sachbearbeiterin. Jetzt um 17:00.

Dann brauche ich erst einmal einen Ausweis."

...wieso? Ich reiche ihr meinen Ausweise und frage mich, ob sie befürchtet, dass jemand anderer als ich meinen Termin wahrnimmt. Und was wäre wenn?

"Sie sind aber ganz schön knapp dran. Drei Minuten."

"Fick dich!"

Nein... das habe ich nicht gesagt.

"Ja."

Abgesehen davon, dass ich zehn Minuten vorher da war, geht sie das einen Scheißdreck an. Vielen Dank für diese Information. Ich wusste nicht, dass ich so knapp bin. Das heißt... ich wusste es schon. Aber ich habe ihre Bestätigung gebraucht, dass ich knapp dran bin. Also,... weil ich jetzt weiß, dass ich unzuverlässig bin. Da verpasse ich doch das ganze Warten.

Ich setzt mich und warte darauf, aufgerufen zu werden. Wenige Minuten später ertönt ein leiser, undeutlicher Lautsprecher, durch den etwas klingt, das leichte Ähnlichkeit mit meinem Namen und Zimmer 16 hat.

Ich betrete das Zimmer meiner Sachbearbeiterin. Eine junge, durchschnittlich attraktive Frau. Sie ist beschäftigt. Die anderen Schreibtische im Zimmer sind unbesetzt und das Licht dort ist abgedreht, sodass es eigenartig dunkel im Raum wirkt. Ich setzt mich einfach.

"So,... ja, da haben wir die Unterlagen. Und dies und jenes... ich werde die Unterstützung einmal bis Oktober bewilligen, und im Oktober dann erneut überprüfen, ob sie immer noch 40 Stunden beim AMS gemeldet sind."

Das hatte ich in der Früh, bei dem Gespräch mit dem Kollegen bereits. Diese Angst, dass ich studiere und deshalb dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehe. Diese Angst, dass ich Unterstützung beziehe, ohne wirklich arbeiten zu wollen. Nach ein paar weiteren Worten steht sie auf.

"Kommen Sie mit zum Kopierer? Wir dürfen nämlich niemanden alleine im Raum lassen."

Ich komme mit. Ich wurde schon oft alleine in einem Raum gelassen. In einer Bank. Bei einer Prüfung. Hier nicht. Wer beim Sozialamt um Unterstützung ansucht ist nicht vertrauenswürdig. Und tatsächlich würde ich es wohl auch so machen. Vielleicht.

Beim Kopierer fällt mir auf, wie klein sie eigentlich ist. Vielleicht 1,50m oder noch kleiner. Sie trägt einen knielangen Rock. Ihre Beine sind glatt rasiert. Sie erscheint mir so normal. Wären wir uns um drei in der Früh im Zipp begegnet, hätte es sein können dass wir einander kennengelernt hätten. Sie ist zwar vielleicht ein, zwei Jahre älter als ich, aber um drei in der Früh im Zipp ist das völlig egal.

Wir gehen zurück und regeln noch ein paar Sachen.

"Ich werde ihren Antrag hm,.... vielleicht heute noch bearbeiten. Ansonsten morgen. Danke dass sie heute noch gekommen sind."

"Gut, ja. Also, einen schönen Abend noch."

Ich habe vergessen, mich dafür zu bedanken, dass sie sich so beeilt mit meinem Antrag.

Ganz ehrlich?

Der Sachbearbeiter hat richtig gehandelt. Ich hätte genauso gehandelt.

Warum?

Mit 27 hat man in der Regel schon Einiges auf die Beine gestellt und ist keine ewiger Student. Was studierst Du eigentlich, was so lange geht?

Hier mal paar Beispiele, was man mit 27 geschafft haben kann:

Ein Freund hat nen eigenes Unternehmen.

Ein Freund hat gerade ausstudiert und ein sehr guten Posten bekommen.

Ich selbst war mit 27 Jahren schon seit einem Jahr in meinen Traumjob Lokführer. Vorher habe ich 4 Jahre als Kfz-Elektriker gearbeitet, davor ein Jahr Bundeswehr und davor 3,5 Jahre Ausbildung zum Industriemechaniker.

Dazwischen bzw. zusätzlich habe ich als Pizzabäcker/-Bote, Aushilfe, Gogotänzer ( als Agenturchef mit eigener Agentur) und als Komparsse/Kleindarsteller gearbeitet.

In meinen ganzen Leben war ich insgesamt ca.1 Jahr arbeitslos gemeldet.

Und nun kommst Du, und willst mir was von " Unten" erzählen.

Geh mal zu nen Obdachlosen und unterhalte Dich mit ihm. Das, was er erlebt ist Unten! Nicht das, was Du derzeit erlebst!

Darum mein Rat an Dich: Sehe zu, dass Du Dein Studium beendest und in Vollzeitarbeit kommst und hör auf zu Jammern bzw. Dich über Obrigkeiten zu beschweren!

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Gast selfrevolution

Hey Tom. Freu mich, dass du auf den Inhalt eingehst, allerdings finde ich, dass du dich an einem sehr unwichtigen Punkt aufhängst. Was ich versucht habe zu illustrieren ist ein Stück weit, diese Trockenheit und Wertlosigkeit des Daseins derer, die Unten sind. Wertlos zumindest in der Hinsicht, dass sie gesellschaftlich missachtet werden. Dass ich Student bin, der um Sozialhilfe eingereicht hat ist eine Nebensache.

Ich selbst war mit 27 Jahren schon seit einem Jahr in meinen Traumjob Lokführer. Vorher habe ich 4 Jahre als Kfz-Elektriker gearbeitet, davor ein Jahr Bundeswehr und davor 3,5 Jahre Ausbildung zum Industriemechaniker.

Dazwischen bzw. zusätzlich habe ich als Pizzabäcker/-Bote, Aushilfe, Gogotänzer ( als Agenturchef mit eigener Agentur) und als Komparsse/Kleindarsteller gearbeitet.

In meinen ganzen Leben war ich insgesamt ca.1 Jahr arbeitslos gemeldet.

Und nun kommst Du, und willst mir was von " Unten" erzählen.

Ja, will ich. In der Tat kann man mit 27 schon einiges erreicht haben. Unten aber, ist dort, wo die Leute sind, die mit 27 nichts erreicht haben. Es stimmt, Obdachlos sind noch weiter unten. Das ändert nichts daran, dass Sozialhilfebewerber abgewertet werden bzw. ihnen das Recht auf Anerkennung als Mensch genommen wird.

Ihre Wartezeit wird enorm strapaziert. Die dahinter liegende Annahme ist die, dass ihre Zeit nichts wert ist. Ihrem Wesen werden von Vornherein negative Eigenschaften wie Faulheit, Dummheit oder mangelnde Vertrauenswürdigkeit unterstellt. Ihre Ansuchen stellt eine Belastung dar, dazu diese enorme Furcht, dass dieses illegitim ist. Und letztlich werden Differenzen nicht bloß rechtlich eingeebnet, sondern auch im Denken. Denn der Herr vom Sozialamt hat genauso wenig Ahnung, ob ich Student bin, weil ich 24/7 Party mache, weil ich mich die letzten 4 Jahre nebenbei um die kranke Tante Friede gekümmert habe, die sich keine Heimhilfe leisten kann, oder weil ich überhaupt erst vor einem Jahr begonnen habe, wie der Automat im Wartezimmer eine Ahnung davon hat ob ich eine Alleinerzieherin bin, deren 4jährige Tochter krank zuhause liegt oder ob ich mich auf das letzte Angebot, das mir das Arbeitsamt geschickt hat, nicht beworben habe und mir die Arbeitslose gestrichen wurde.

Geh mal zu nen Obdachlosen und unterhalte Dich mit ihm.

Schonmal gemacht? Obdachlose, das sind diejenigen, die kein Geld haben und keine Sozialhilfe bekommen.

Wer auf's Sozialamt geht und um Unterstützung ansucht, der hat für gewöhnlich einen Grund dafür. Natürlich ist es nicht so, dass alle, die um Sozialhilfe ansuchen, davon bedroht sind, obdachlos zu werden. Manche haben Freude oder Eltern, zu denen sie ziehen könnten. Manche nicht.

Ich wollte in den Erfahrungsbericht selbst, als pseudo-literarisches Erbrochenes, nicht konkret auf meine Situation eingehen. Mir selbst geht's soweit ganz gut. Für mich persönlich ist das Anliegen nicht: "Ich bin Student und kann daher nicht arbeiten. Bitte nehmen sie Rücksicht darauf und geben Sie mir Geld," sondern eine viel ursprüngliche Nachricht: "Ich habe kein Geld. bitte gebt mir etwas."

Mein Studium ist ziemlich einfach, für den Arbeitsmarkt unnötig, und ich könnte schon längst fertig sein. Ich hab' mir sogar eine gemütliche Auszeit von einem Semester gegönnt, in dem ich nichts gemacht habe. Ich kann mir den Luxus leisten, hier auf einem funktionstauglichem Schreibtisch zu sitzen und einen Post zu schreiben, der über's Internet auf einem anderen Server gespeichert wird. Das ändert nichts daran, dass ich, wenn ich nicht entweder einen Job oder Sozialhilfe bekomme, sehr bald nicht mehr hier sitzen kann.

Aber um mich braucht man sich wenig Sorgen machen. Ich bin erst seit Anfang Juli auf Jobsuche, habe läppische fünf bis sechs Bewerbungen abgeschickt, und wenn ich mich morgen beim Schnuppertag nicht blöd anstell', sollte ich Ende August meine Stelle haben (30 Stunden) und vor dem Problem stehen, dass ich für Oktober eigentlich eine andere Stelle so gut wie zugesagt bekommen habe (10-15 Stunden, noch nicht bekannt). Beiden geht schwer v.a. weil die 30-Stunden-Stelle von de Arbeitszeit her keinen Spielraum bietet (schlichtweg nicht möglich). Beide Jobs möchte ich unbedingt machen, wobei der, der mir lieber ist, eben nur 10-15 Studnen sind und finanziell nciht ausreichend ist; und wie ich so mein Studium abschließen will, das frage ich mich auch. Die Frage stellt sich aber hoffentlich (erst) morgen. :starwars:

Hatte an dem Tag bloß eine kleine "Heimreise" (im übertragenen Sinne). Dass ich am Sozialamt das Kapitel zum Habitusbegriff bei Bourdieu gelesen habe, macht die Ironie einfach so komplett. Zusammengefasst: ich bin in der Sozialhilfe-Schicht aufgewachsen (Alleinerzieherin (Witwe) ohne Schulabschluss, körperlich leicht behindert: knapp über 1000 Euro für drei Personen, beständig verschuldet), und trotz (böse Zungen würden "wegen" behaupten) "abgeschlossenem" (Bachelor halt nur) Studium und guten sozialen Kontakten finde ich mich genau an dem Ort wieder, vor dem ich eigentlich davonlaufe: dem Sozialamt.

Ich war immer ziemlich stolz drauf, dass ich von dort komme und letztlich nicht bloß "irgendwo" an der Uni gelandet bin, sondern als Studienassistent namhafter Professoren. Und dann legt man sich kurz nieder um wacht zuhause (am Sozialamt) auf, als wäre alles nur ein Traum gewesen. Okay,... wahrscheinlich hab' ich mich nur ein Bisschen verirrt und bin dort hingegangen, wo ich immer hinfinde, warum verzeiht's mir mal das Schmalz. Ich hatte eine insgesamt durchaus positive Kindheit und bin ziemlich froh, erfahren zu haben, was man alles nicht zum Leben braucht. ;-)

Mehr Nebensätze und subtilere Bemerkungen machten Deinen Schreibstil deutlich fesselnder zu lesen. ;)

So ist das schülerzeitungsmäßig von jmd., der auf pfiffig macht, aber nicht durchhalten kann über viele Zeilen. Darin liegt die Kunst des Schreibens.

Ruhig in einer Art Lautschrift, wie die Personen sprechen in Dialekt bzw. Mundart. Das ist ja auch spannend.

Danke auch für das Feedback, Itzi. Ich steh' eigentlich schon auf Mundart und wundere mich gerade, dass ich die kaum benutzt hab'. Aber dass der Bericht dadurch weniger Spannend wird ist eigentlich ganz gut. Ich wollte gar keine Spannung aufbauen, sondern alles gleichbleibend trocken und monoton haben.

Zur Subtilität hab' ich ein gespaltenes Verhältnis. Ich bin selten so direkt, wie ich es gerne wäre. Auf der einen Seite seh' ich mich definitiv als Intellektuellen und kaum etwas bringt Intellektualität so gut rüber, wie Subtilität, andererseits will ich eben äußerst direkt sein und mich nicht hinter dieser Intellektualität verstecken, weil es kaum etwas gibt, das mich mehr nervt als wenn Künstler eine Nachricht haben, die sie simpel ausdrücken könnten, die sie aber so ausdrücken, dass nur die cleveren oder gebildeten sie verstehen. Das schließt nämlich eine ganze Menge Leute aus bzw. fördert eine differenzierte, elitäre Gesellschaft (Anitdemokratisch). Ich schaff' es leider kaum, das aufzulösen, wobei das Problem oft das ist, dass ich meinen Stolz nicht überwinden kann.

bearbeitet von selfrevolution
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Hey Tom. Freu mich, dass du auf den Inhalt eingehst, allerdings finde ich, dass du dich an einem sehr unwichtigen Punkt aufhängst. Was ich versucht habe zu illustrieren ist ein Stück weit, diese Trockenheit und Wertlosigkeit des Daseins derer, die Unten sind. Wertlos zumindest in der Hinsicht, dass sie gesellschaftlich missachtet werden. Dass ich Student bin, der um Sozialhilfe eingereicht hat ist eine Nebensache.

Ich weiß nicht, ob das wirklich ein Ausschließlichkeitsmerkmal des Sozialamtes oder ob es nicht generell ein Problem der Einstellung des staatlichen Verwaltungsapparates und seiner Mitarbeiter gegenüber ihren ‚Kunden‘ ist. Wenn ich mir die Stories anhöre, die andere Leute vom Finanzamt erzählen, unterscheiden die sich im Grundtenor nicht unbedingt von deiner Geschichte. Dass da die Rollen vertauscht sind und es der Staat ist, der Geld haben möchte, scheint auch keinen wirklichen Unterschied zu machen.

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Gast selfrevolution

Hm,... ich hab' damit weder eigene Erfahrungen, noch fällt mir jetzt konkret ein, dass mir jemand davon erzählt hat, aber ich kann mir das schon ziemlich gut vorstellen. Nicht, dass ich grundsätzlich etwas gegen das System habe, immerhin war ich bisher immer Nutznießer. Aber die Mitarbeiter des staatlichen Verwaltungsapparats (fein präziser Ausdruck) legen teilweise schon ein eigenartig unangenehmes Verhalten an den Tag. Vielleicht liegt das an einer Art Retourkutsche, weil sie selbst jetzt auch nicht die beliebtesten sind (Klischees wie "der faule Beamte" gibt's aber über jeden Beruf). Rein von der Rolle her kann ich's beim Finanzamt sogar eher verstehen, dass die Leute unbeliebt sind, als beim Sozialamt. Man bedenke, ich gehe zum Sozialamt und für gewöhnlich ist da jemand, der mir dann Geld gibt. Also eigentlich eine positive Sache. Komisch und verwirrend.

Übrigens passend dazu werden ja auch Leute, die "viel" Geld haben (relativ gesehen), oft neidisch abgelehnt werden bzw. von ihnen eine Rechtfertigung dafür verlangt wird, wieso sie "so reich" sind, und der Schluss daraus gezogen wird, dass man auf deren Bedürfnisse keine Rücksicht nehmen muss, weil "sie eh genug Geld haben". Ein Bisschen wie die fette Gans, die man ruhig ausschlachten kann, weil sie dadurch, dass sie fett ist, sowieso ihr Recht auf Egoismus verloren hat. "Der böse Reiche".

"Der Arme will was von mir, der Reiche hat was, was ich haben will." Hm,... kein Wunder, dass sich gleich und gleich gern zueinander gesellt. Ist jetzt natürlich nicht immer so, es gibt v.a. in den linken Kreisen, in denen ich mich rumtreibe viele die an sich aus keinen schlechten finanziellen Verhältnissen kommen, sich dann aber Dread Locks machen und für eine "Umverteilung" demonstrieren gehen und auf "Reiche" schimpfen,... bis sie mit dem Studium fertig sind und auch 1600 Netto verdienen, und langsam aber doch auch nicht mehr einsehen wollen, wenn "Leute, die nicht einmal arbeiten wollen" von ihren Steuergeldern leben. Keiner mag Leute, die nicht arbeiten wollen, aber es ist meines Erachtens nach schon schwer zu sagen, was "nicht arbeiten wollen" heißt. Ich bin in so einem AMS Kurs gesessen, da gab's einen Kerl, der sein Doktorat in Biomedizin abgeschlossen hat. Es mag unheimlich arrogant erscheinen, wenn er sich zu gut dafür ist, Teller abzuwaschen, aber verständlich ist es dennoch.

...ah, ich glaube, wenn man zu viel Verständnis hat, fällt es einem schwer, Menschen abzulehnen. Außerdem schweife ich enorm ab. Nur eine kurze Erwähnung noch zu den Kindern aus gutem Hause, die mit Dreadlocks für die Rechte der Armen eintreten und zwar während ihres Studiums nur 400 Euro in irgendeinem Nebenjob verdienen und darum mit zwei anderen in einer WG wohnen, nachher aber durchaus ihre 1600 verdienen. Ich find's löblich, dass die sich für andere einsetzen, aber die wissen nicht wirklich, wie es ist so aufzuwachsen: es ist nämlich gar nicht so schlimm. Klar sind unten viele von Neid zerfressen, klar gibt's viel Ablehnung, aber im Grunde braucht sich da keiner in diese advokatorische Rolle stellen und so tun, als wären die Leute aus "bildungsfernen Schichten auf Grund ihrer Lebenssituation dazu prädestiniert, unten zu bleiben und könnten gar keine Bildung erlangen". Nicht, dass ich empirisch-statistische Studien verleugnen will, aber persönlich fühl ich mich schon verarscht, wenn Leute, die mit zwei arbeitenden Elternteilen, er Anwalt, sie Lehrerin und später Schuldirektorin, aufgewachsen sind und dann so tun, als wäre es mir nicht möglich, sozial aufzusteigen, weil die Reichen so böse sind, als wäre ich nicht in der Lage, selbst für meine Rechte einzutreten, und vor allem, als wäre mein Leben sinnlos, weil ... naja mit 1000 Euro zu dritt Leben, das können sie sich derart wenig vorstellen, dass sie bei der Vorstellung alleine schon die Hölle vorstellen und meinen, das Leben hätte so keinen Sinn und keine Freuden. :hi: Hm,... schwieriges Thema,... echt.

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Ich weiß nicht, ob das wirklich ein Ausschließlichkeitsmerkmal des Sozialamtes oder ob es nicht generell ein Problem der Einstellung des staatlichen Verwaltungsapparates und seiner Mitarbeiter gegenüber ihren ‚Kunden‘ ist. Wenn ich mir die Stories anhöre, die andere Leute vom Finanzamt erzählen, unterscheiden die sich im Grundtenor nicht unbedingt von deiner Geschichte. Dass da die Rollen vertauscht sind und es der Staat ist, der Geld haben möchte, scheint auch keinen wirklichen Unterschied zu machen.

Also hier zumindest ist das Finanzamt quasi "Gold" verglichen mit Arge, Arbeitsamt etc. Nur mal erwähnen wollt....

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Gast selfrevolution

Einfach, weil es so schön passt, und mich gerade nervt, ein Randkommentar: das Sozialamt ist auch dann nicht sehr respektvoll, wenn man nicht um Geld bittet.

...da ich ja zumindest die 30-Stunden-Stelle zugesagt bekommen habe und dann keinen Anspruch mehr habe (weil ich ja kein Geld mehr brauche), habe ich um einen Rückruf von meiner Sachbearbeiterin gebeten. Im Übrigen auch, um mich nachträglich zu bedanken, dass sie meinen Antrag so schnell bearbeitet und extra vorgezogen hat.

...zurückgerufen hat ein Kerl, der mir im Grunde keine Auskunft darüber geben wollte, wer er ist bzw. warum nicht meine Sachbearbeiterin zurück ruf, außer, dass er vom Sozialamt ist, und ich um einen Rückruf gebeten habe.

...ein Bisschen Erfahrung habe ich ja bereits mit solchen Institutionen. Da muss man vorsichtig sein, und sollte Worte wie: "Ich habe eine Arbeitsstelle bekommen", nicht leichtfertig in den Mund nehmen, selbst wenn man es melden möchte. Darum habe ich sagt, dass ich wahrscheinlich Ende August anfangen werde und nachfragen möchte, bis wann ich dann Anspruch habe und wann ich das Melden soll. Und ich habe auch gleich bestätigt bekommen, dass es richtig war, sich so vorsichtig auszudrücken.

...sowie mein Satz ausgesprochen war, kamen gleich die Zurechtweisungen, alles sofort melden, und ich soll jetzt sofort meine Unterlagen abschicken (die ich noch nicht habe), und sie überprüfen das jeden Monat und sind mit ganz Europa vernetzt, also kommen sie drauf, wenn ich arbeite; und wenn ich das nicht rechtzeitig melde, dann muss ich eventuell Rückzahlungen leisten und außerdem kann mir ein strafrechtliches Verfahren drohen.

...es ist nicht die Sachlage selbst, die mir aufstößt. Es sind die Informationen, die er mir gibt. Er sagt nicht, wann mein Anspruch genau ausläuft, es sagt auch nicht "einfach nur", wann ich das melden muss, sondern verbindet das sofort mit der Paranoia, dass ich den Staat ausnehme und droht mir geradezu mit einer Klage, nicht nur bevor ein Verbrechen stattfindet, sondern bevor es einen Grund gibt, anzunehmen, ich würde ein Verbrechen begehen, denn immerhin rufe ich ja an, um zu melden, dass sich meine Situation wahrscheinlich ändern wird.

...aber ja. Da ich noch keinen Arbeitsvertrag habe und dergleichen wird erst einmal gar nichts gemeldet. Dann stellen sie die Zahlung nämlich - wie er beständig betont hat - sofort ein.

Wunderschön auch, wenn man Fragen erneut stellt, weil man meint, keine hinreichende Antwort bekommen zu haben. "Das hab' ich ihnen vor zehn Minuten schon gesagt!" ...Ja, vielleicht hast du das wirklich irgendwo zwischen "Zahlung sofort einstellen", "Strafgerichtliches Verfahren", "verstehen sie mich?" und "ich halte sie für einen kriminellen, wertlosen, Vollidioten, der keinen respektvollen Ton verdient hat" mal erwähnt.

Aber zur Verteidigung des Sozialamtes: ich glaub', das war derselbe Typ wie damals. Also vielleicht bekomm' ich in einer halben Stunde oder so nochmal einen Anruf von meiner eigentlichen Sachbearbeiterin, die zwar weiß, dass mir der Typ angerufen hat und was er mir gesagt hat, aber trotzdem irgendwie das Gefühl hat, mir nochmal ein strafgerichtliches Verfahren androhen zu müssen.

Mal am Rande: :lol:

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Was erwartest du eigentlich? Dass der Staat so viele Sachbearbeiter einstellt, dass du da selbst bei Massenandrang immer nur 3 Minuten warten musst? Und dass NICHT versucht wird, den Leuten das Beziehen von Sozialhilfe so unangenehm wie möglich zu machen? Damit die da gerne hingehen - und nicht etwa anfangen sich anzustrengen, um da eben NICHT wieder hinzumüssen (sprich sich Arbeit zu suchen)?

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Gast selfrevolution

Was erwartest du eigentlich? Dass der Staat so viele Sachbearbeiter einstellt, dass du da selbst bei Massenandrang immer nur 3 Minuten warten musst? Und dass NICHT versucht wird, den Leuten das Beziehen von Sozialhilfe so unangenehm wie möglich zu machen? Damit die da gerne hingehen - und nicht etwa anfangen sich anzustrengen, um da eben NICHT wieder hinzumüssen (sprich sich Arbeit zu suchen)?

Ja.

...also, es geht erst einmal nicht darum, was ich erwarte. Kennst du diesen Moment, wenn du dir ein Fußballspiel deiner Lieblingsmannschaft anschaust, und die Gegner punkten nach 7 Minuten mit einem überraschenden, wunderschönen Schuss von weit außerhalb des Strafraums, und dir klappt der Kiefer auf, und du denkst dir einfach nur "Fuck..."?

...in etwa so ist es, wenn man mit einer unheimlich gewissen Respektlosigkeit konfrontiert wird, die gleichzeitig derart selbstverständlich ist, dass es erscheint, als wären man im Unrecht, wenn man Respekt einfordert.

Das Beziehen von Sozialhilfe sollte nicht unangenehmer gemacht werden, als es ohnehin schon ist, richtig, das sehe ich so. "So unangenehm wie möglich", weißt du, man könnte Leute, die Arbeitslos werden auch auspeitschen, dann wäre das noch unangenehmer.

Ich hab' mich im Rahmen meines Studiums nur ein kleines Bisschen mit Arbeitslosigkeit beschäftigt und kann jetzt nur auf ein oder zwei Studien verweisen (könnte sie raussuchen, aber ich denke dass das nicht notwendig ist), die zu dem Schluss kommen, dass Arbeitslose im Schnitt auf Grund ihrer Arbeitslosigkeit im Schnitt weit unglücklicher sind, als Menschen mir Arbeit.

Zwei der größten Probleme, mit denen Arbeitslose zu kämpfen haben (jetzt entferne ich mich von diesen Studien, kann also keine genaue Quelle mehr geben, dennoch bin ich mir sicher, dass dem ungefähr so ist) sind a) soziale Isolation und b) Diskreditierung - beides zusammen geht mit einem Gefühl der Wertlosigkeit einher.

Angenommen, du würdest vom Staat 800 Euro Sozialhilfe bekommen, und du müsstest nichts tun, außer arbeitslos bleiben. Würdest du darauf eingehen? ...nein? Die wenigsten Sozialhilfeempfänger sind stolz darauf, wie schlau sie nicht sind, den Staat auszunehmen, und die meisten würden lieber für 900 Euro arbeiten gehen als 800 Euro Sozialhilfe zu empfangen und dafür Arbeitslos zu sein.

Arbeit hat einen großen Stellenwert für die Identitätsbildung, für den Selbstwert und für die Partizipation am sozialen Leben. Ne,... glaub' mir. Es ist nicht notwendig, Langzeitarbeitslos zu foltern, um ihnen die Arbeitslosigkeit möglichst unangenehm zu machen. Damit will ich nicht so tun, als würden arbeitslose ständig fleißig Job suchen, aber der Grund für die Trägheit ist selten der, dass die Trägheit so angenehm ist.

...ich wette, dass sogar ein Großteil derer, die am Sozialamt sitzen, weil sie gerne 800 Euro Unterstützung hätten lieber für 800 Euro 20 Stunden am Sozialamt arbeiten würden.

...nein, jetzt unabhängig, was ich für gesellschaftspolitisch richtig halte, gibt es eines, das ich erwarte: Respekt.

...und mir von irgendwelchen Leuten angehören zu können, dass ich "ganz schön knapp" bin, wenn ich nach eh nur 10 Minuten warten (was grundsätzlich nicht das Problem ist) 3 Minuten vor meinem Termin bei der Anmeldung erscheine, ist respektlos; dass ich mir, nachdem ich mich telefonisch melde, um Bescheid zu geben, dass ich wahrscheinlich zu arbeiten beginne nicht einmal nebenbei ein "Gratuliere ihnen" höre, sondern man mir gleich etwas von strafgerichtlichem Verfahren und sofortiger Zahlungseinstellung erzählt ist respektlos; dass man mir damit kommt, dass ich dem Steuerzahler auf der Tasche liege ist respektlos - erst Recht, wenn's von einem staatlichen Mitarbeiter kommt, der selbst vom Steuerzahler finanziert wird, und der seinen Job nicht hätte, wenn keinen gäbe, der um Sozialhilfe ansucht; dass man mir nicht zutraut, 5 Minuten alleine im Büro am Sozialamt zu sitzen, weil ich etwas klauen könnte ist respektlos.

...langfristig mit Respektlosigkeit bombardiert zu werden ist nicht motivierend, sondern demotivierend. Ich war zum Glück nur 16 Tage tatsächlich auf Arbeitssuche bzw. einen Monat offiziell (und jetzt halt am Papier seit 16.Juli, wo ich die Zusage bekommen hab'), bis ich grundsätzlich jeden Angriff mit einem schlichten "Ich fang' Ende August an..." abtun kann. Die zwei Monate Sozialhilfe für mich, kann sich der Staat schon leisten. ;-)

...darf ich fragen: magst du deinen Job? ...also gehst du gerne arbeiten? Ich wundere mich immer, wo der Mythos herkommt, dass die meisten Sozialhilfeempfänger darauf stehen.

...ich war eben kurz in einem dieser Pflichtkurse. Dort hat der eine oder wenigere herum gescherzt, aber meine Menschenkenntnis ist nicht so schlecht, wie ich manchmal tu'. Wenn ein Typ lächelnd sagt: "Ich hack'le nichts uns bekomm dafür 800 Euro, voll chillig...", erst Recht, wenn er das von sich ausspricht, dann ist das in den meisten Fällen so authentisch wie das Anruf vom Ex, einen Monat, nachdem das Mädel ihn für einen anderen Verlassen hat, in dem er ihr mitteilt: "Ach mir geht's super, ich hab' voll viel Spaß, genieße das Single-Leben,... und du meintest ja, dass wir noch Freunde sein können, wollen wir auf einen Cafe gehen? ...ja... oh, du magst den Luzifer mitnehmen,... ja passt, ich hab' kein Problem damit. Vielleicht bring' ich auch ein Mädchen mir, da bahnt sich gerade etwas an...".

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Bist du auch sonst so der Typ, der sich grundsätzlich immer schlecht behandelt und übervorteilt fühlt? Egal in welcher Lebenslage?

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Gast selfrevolution

Nö. Ich werd' oft sogar unnötiger Weise bevorzugt. ;)

mir scheint's, als hättest du eine ziemlich persönliche Abneigung gegenüber "Typen wie mich". nur, um die Fronten zu klären - ist dem so?

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Nö. Ich werd' oft sogar unnötiger Weise bevorzugt. ;)

Aber wenn das Arbeitsamt dich "benachteiligt" (deiner Meiung nach), dann schreist du rum.

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Gast selfrevolution

Nö. Ich werd' oft sogar unnötiger Weise bevorzugt. ;)

Aber wenn das Arbeitsamt dich "benachteiligt" (deiner Meiung nach), dann schreist du rum.

Schon,... würdest du dir denn jeden Scheiß gefallen lassen (wollen)?

1) ...ich muss gestehen, den Mut bzw. die Schlagfertigkeit und Spontaneität, denen meine Meinung zu sagen hatte ich bisher nicht. In so fern ist mein "rum Schreien" bedeutungslos für die, die's etwas angeht. Ich ändere die Realität damit nicht - sollte tatsächlich mal an das Sozialamt direkt schreiben. Sich in anonym in einem Internetforum über's Sozialamt zu beschweren is' lahm. Der ursprüngliche Erfahrungsbericht (Startposting) aber ist keine Beschwerde oder Jammerei, sondern stellt literarischen Anspruch. Also da ging's tatsächlich um mehr als in dem Post, in dem ich von dem Telefonat erzählt habe, in dem ich nachgefragt habe, wie das mit dem Antreten einer Arbeitsstelle ist.

2) ..."benachteiligen" ist in diesem Fall ein missverständlicher Begriff. Für mich gelten dieselben Regeln wie für andere auch, ich habe die Sozialhilfe (Mindestsicherung) zumindest vom Zeitpunkt meines zweiten Antrags an zugesichert bekommen und ich finde die rein finanziellen Regelungen weitgehend in Ordnung. Also, einige wirklich beschissene Fehler gibt's im Mindestsicherungsgesetz, aber das sind tatsächlich Fehler, und dessen sind sich die Mitarbeiter, mit denen ich bisher zu tun hatte auch bewusst (ich hatte vor ein paar Jahren schon einmal das Problem, dass meine Ex-Freundin keine Unterstützung und keine Versicherung vom Sozialamt bekommen hat, weil ich keine Arbeit gesucht habe (natürlich nicht, ich hatte ja Geld, und ich wollte gar keine Unterstützung) ... gut, ein Bisschen komplizierter ist das schon, aber im Prinzip sind es nicht die gesetzlichen Richtlinien, die mich hier stören und erst Recht ist es nicht so, dass ich mich hier hinstelle und sage: "Wie gemein! ...der bekommt Geld und ich nicht!"

Mendoza, mir war schon beim Erstellen der Ursprungsbeitrages klar, dass es hier sehr unterschiedliche Perspektiven gibt, und ich diskutiere gerne darüber. Nein, ich akzeptiere nicht jede andere Meinung einfach so, ohne etwas zu sagen, gleichzeitig schalte ich auch nicht einfach auf stur. Ich bitte dich nur darum, ein Bisschen nüchterner an die Sache heranzugehen, bzw. ein Bisschen vorsichtiger zu sein, wenn du mir persönliche Vorwürfe machst.

3) Stell dir folgende Situation vor: Drei Leute kommen auf der Straße auf dich zu und geben dir einfach so 10 Euro,... weil ihnen dein Gesicht gefällt. Dann kommt eine vierte Person auf dich zu, spuckt dir ins Gesicht. Denkst du, du hast das Recht, dich über die vierte Person zu beschweren? Ich denke schon. Nur, weil man oft "ungerechte Vorteile" hat, heißt das nicht, dass man sich nicht beschweren darf, wenn man einmal "benachteiligt" wird bzw. in meinem Fall Respektlosigkeit erfährt.

Und es geht hier - um das noch einmal klar zu stellen - genau darum, nicht darum, dass ich irgendwelches Geld nicht bekomme, dass ich nicht genug Geld bekomme, dass irgendwer anderer mehr bekommt als ich, oder dass ich es unfair finde, dass ich mal eine halbe Stunde warten muss (grundsätzlich habe ich nämlich sowohl die Zeit als auch die Geduld; und außerdem die Routine, die mir hilft, solche Zeiten einigermaßen sinnvoll nutz und/oder angenehm zu verbringen). Es geht um die kleinen Dinge, um den Wert, wer einem Menschen, der "unten" ist, zugemessen wird und die Art, wie man mit ihm umspringt.

...im Übrigen: nicht nur von außen, sondern auch von innen. (Langzeit)arbeitslose empfinden sich selbst nämlich sich oft als wertlos und lassen Respektlosigkeit nicht nur widerstandslos über sich ergehen, sondern haben oft auch nicht allzu viel Respekt vor sich selbst. Wie auch, wenn sie ständig vor Augen geführt bekommen, dass sie eine Belastung sind, die es verdient, dass man "das Beziehen von Sozialhilfe so unangenehm wie möglich [...] machen [sollte]". Da ihre Existenz durch das Beziehen von Sozialhilfe grundgelegt ist, heißt das schließlich, dass versucht wird, ihnen das Leben so unangenehm wie möglich zu machen.

Ich sage nicht, dass diese negative Motivation gar keine Wirkung hat. Für mich persönlich ist es wahrscheinlich eine meiner ursprünglichsten Karrieremotivationen: nicht am unteren Ende der Sozialen Leiter zu stecken. Aber guess what: dennoch bin ich letztens dort gesessen, also scheint diese negative Motivation auch seine grenzen zu haben. Gibt Leute, die haben nie diese negative Erfahrung gemacht und finden meistens einen Job bzw. behalten einen. Bei denen muss die Motivation eine andere sein (denn wie gesagt: sie haben das ja nie erlebt - und einige scheinen ja sogar zu glauben, dass es angenehm ist, vom Staat durchgefuttert zu werden, die dürften also gar nicht von den prekären Situationen abgeschreckt sein, und dennoch gibt es andere Motivationen für sie, die viel effektiver sind).

...letztlich bin ich wohl (und das ist mir erst durch das Verfassen dieses Postings so richtig klar geworden) für einen Zugang zur Thematik der Arbeitslosigkeit und sozialen Krisensituation, der die positive Aspekte sucht: Neugierde beispielsweise ist eine gute Triebfeder. Wenn man jemanden bei seiner Neugierde packt, dann ist er intrinsisch motiviert, was sowohl für ihn schöner ist, als auch wahrscheinlich effektiver. In meinem Kurs beispielsweise gab's einen Typen, der vorher im Kasino gearbeitet hat dort 2000 bis 3000 Euro (Netto) verdient hat. Er fand den Job aber scheiße und wollte etwas neues suchen. Eigentlich könnte man hier wunderbar die Neugierde als Triebfeder nutzen, aber ne. Letztlich wurde bloß diese Art ... "resignativer Stress" gemacht: man kommt zusammen und tut so, als würde man etwas tun. Wie auch immer - ich verlier' mich ziemlich (ist auch schon spät).

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Ich verstehe nicht, warum selfrevolution von manchen Flachzangen hier so angegriffen wird. Keine Ahnung wie das in Österreich ist, aber hier werden mit unseren Steuern unter anderem Militär-U-Boote bezahlt, die dann an Israel verschenkt werden mit einem Kostenpunkt von mehreren Milliarden Euro.

Die politische Idiotie dahinter mal weggelassen ist das einfach finanziell auch eine Verschwendung in so einem Ausmaß, bei der so Leute wie z.B. Langzeitstudenten und deren versäumte Steuerzahlungen einfach irrelevant sind. Und das ist nur ein Beispiel von vielen.

Und irgendeiner von den Lappen hier im Thread meinte auch, dass man mit 27 xy erreicht haben kann.

Guess what, bro? Es gibt Leute, die schon Millionäre sind, bevor sie volljährig werden. Was soll mir das jetzt sagen? Oder sonst irgendwem? Das ist genausoeine oberflächliche Rumwichserei wie von den Leuten, die die Probleme der Menschen in ihrem Umfeld abwerten weil in Afrika Kinder verhungern.

Dieser Pseudo-Moralismus geht mir echt auf den Sack.

@selfrevolution

Ein Stichwort: Korrekturlesen.

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Hi SR,

endlich habe ich ein wenig Zeit gefundenum nochmal näher auf Deinen Tread einzugehen.

Um Dir & auch den Anderen hier zu helfen, werde ich einige Wahrheiten von mir ans Tageslicht bringen.

Hey Tom. Freu mich, dass du auf den Inhalt eingehst, allerdings finde ich, dass du dich an einem sehr unwichtigen Punkt aufhängst. Was ich versucht habe zu illustrieren ist ein Stück weit, diese Trockenheit und Wertlosigkeit des Daseins derer, die Unten sind. Wertlos zumindest in der Hinsicht, dass sie gesellschaftlich missachtet werden. Dass ich Student bin, der um Sozialhilfe eingereicht hat ist eine Nebensache.



Ich selbst war mit 27 Jahren schon seit einem Jahr in meinen Traumjob Lokführer. Vorher habe ich 4 Jahre als Kfz-Elektriker gearbeitet, davor ein Jahr Bundeswehr und davor 3,5 Jahre Ausbildung zum Industriemechaniker.
Dazwischen bzw. zusätzlich habe ich als Pizzabäcker/-Bote, Aushilfe, Gogotänzer ( als Agenturchef mit eigener Agentur) und als Komparsse/Kleindarsteller gearbeitet.
In meinen ganzen Leben war ich insgesamt ca.1 Jahr arbeitslos gemeldet.

Und nun kommst Du, und willst mir was von " Unten" erzählen.



Ja, will ich. In der Tat kann man mit 27 schon einiges erreicht haben. Unten aber, ist dort, wo die Leute sind, die mit 27 nichts erreicht haben. Es stimmt, Obdachlos sind noch weiter unten. Das ändert nichts daran, dass Sozialhilfebewerber abgewertet werden bzw. ihnen das Recht auf Anerkennung als Mensch genommen wird.
Ihre Wartezeit wird enorm strapaziert. Die dahinter liegende Annahme ist die, dass ihre Zeit nichts wert ist. Ihrem Wesen werden von Vornherein negative Eigenschaften wie Faulheit, Dummheit oder mangelnde Vertrauenswürdigkeit unterstellt. Ihre Ansuchen stellt eine Belastung dar, dazu diese enorme Furcht, dass dieses illegitim ist. Und letztlich werden Differenzen nicht bloß rechtlich eingeebnet, sondern auch im Denken. Denn der Herr vom Sozialamt hat genauso wenig Ahnung, ob ich Student bin, weil ich 24/7 Party mache, weil ich mich die letzten 4 Jahre nebenbei um die kranke Tante Friede gekümmert habe, die sich keine Heimhilfe leisten kann, oder weil ich überhaupt erst vor einem Jahr begonnen habe, wie der Automat im Wartezimmer eine Ahnung davon hat ob ich eine Alleinerzieherin bin, deren 4jährige Tochter krank zuhause liegt oder ob ich mich auf das letzte Angebot, das mir das Arbeitsamt geschickt hat, nicht beworben habe und mir die Arbeitslose gestrichen wurde.


Geh mal zu nen Obdachlosen und unterhalte Dich mit ihm.



Schonmal gemacht? Obdachlose, das sind diejenigen, die kein Geld haben und keine Sozialhilfe bekommen.

Wer auf's Sozialamt geht und um Unterstützung ansucht, der hat für gewöhnlich einen Grund dafür. Natürlich ist es nicht so, dass alle, die um Sozialhilfe ansuchen, davon bedroht sind, obdachlos zu werden. Manche haben Freude oder Eltern, zu denen sie ziehen könnten. Manche nicht.


Ich wollte in den Erfahrungsbericht selbst, als pseudo-literarisches Erbrochenes, nicht konkret auf meine Situation eingehen. Mir selbst geht's soweit ganz gut. Für mich persönlich ist das Anliegen nicht: "Ich bin Student und kann daher nicht arbeiten. Bitte nehmen sie Rücksicht darauf und geben Sie mir Geld," sondern eine viel ursprüngliche Nachricht: "Ich habe kein Geld. bitte gebt mir etwas."

Mein Studium ist ziemlich einfach, für den Arbeitsmarkt unnötig, und ich könnte schon längst fertig sein. Ich hab' mir sogar eine gemütliche Auszeit von einem Semester gegönnt, in dem ich nichts gemacht habe. Ich kann mir den Luxus leisten, hier auf einem funktionstauglichem Schreibtisch zu sitzen und einen Post zu schreiben, der über's Internet auf einem anderen Server gespeichert wird. Das ändert nichts daran, dass ich, wenn ich nicht entweder einen Job oder Sozialhilfe bekomme, sehr bald nicht mehr hier sitzen kann.
Aber um mich braucht man sich wenig Sorgen machen. Ich bin erst seit Anfang Juli auf Jobsuche, habe läppische fünf bis sechs Bewerbungen abgeschickt, und wenn ich mich morgen beim Schnuppertag nicht blöd anstell', sollte ich Ende August meine Stelle haben (30 Stunden) und vor dem Problem stehen, dass ich für Oktober eigentlich eine andere Stelle so gut wie zugesagt bekommen habe (10-15 Stunden, noch nicht bekannt). Beiden geht schwer v.a. weil die 30-Stunden-Stelle von de Arbeitszeit her keinen Spielraum bietet (schlichtweg nicht möglich). Beide Jobs möchte ich unbedingt machen, wobei der, der mir lieber ist, eben nur 10-15 Studnen sind und finanziell nciht ausreichend ist; und wie ich so mein Studium abschließen will, das frage ich mich auch. Die Frage stellt sich aber hoffentlich (erst) morgen. :starwars:

Hatte an dem Tag bloß eine kleine "Heimreise" (im übertragenen Sinne). Dass ich am Sozialamt das Kapitel zum Habitusbegriff bei Bourdieu gelesen habe, macht die Ironie einfach so komplett. Zusammengefasst: ich bin in der Sozialhilfe-Schicht aufgewachsen (Alleinerzieherin (Witwe) ohne Schulabschluss, körperlich leicht behindert: knapp über 1000 Euro für drei Personen, beständig verschuldet), und trotz (böse Zungen würden "wegen" behaupten) "abgeschlossenem" (Bachelor halt nur) Studium und guten sozialen Kontakten finde ich mich genau an dem Ort wieder, vor dem ich eigentlich davonlaufe: dem Sozialamt.
Ich war immer ziemlich stolz drauf, dass ich von dort komme und letztlich nicht bloß "irgendwo" an der Uni gelandet bin, sondern als Studienassistent namhafter Professoren. Und dann legt man sich kurz nieder um wacht zuhause (am Sozialamt) auf, als wäre alles nur ein Traum gewesen. Okay,... wahrscheinlich hab' ich mich nur ein Bisschen verirrt und bin dort hingegangen, wo ich immer hinfinde, warum verzeiht's mir mal das Schmalz. Ich hatte eine insgesamt durchaus positive Kindheit und bin ziemlich froh, erfahren zu haben, was man alles nicht zum Leben braucht. ;-)



Mehr Nebensätze und subtilere Bemerkungen machten Deinen Schreibstil deutlich fesselnder zu lesen. ;)

So ist das schülerzeitungsmäßig von jmd., der auf pfiffig macht, aber nicht durchhalten kann über viele Zeilen. Darin liegt die Kunst des Schreibens.

Ruhig in einer Art Lautschrift, wie die Personen sprechen in Dialekt bzw. Mundart. Das ist ja auch spannend.



Danke auch für das Feedback, Itzi. Ich steh' eigentlich schon auf Mundart und wundere mich gerade, dass ich die kaum benutzt hab'. Aber dass der Bericht dadurch weniger Spannend wird ist eigentlich ganz gut. Ich wollte gar keine Spannung aufbauen, sondern alles gleichbleibend trocken und monoton haben.
Zur Subtilität hab' ich ein gespaltenes Verhältnis. Ich bin selten so direkt, wie ich es gerne wäre. Auf der einen Seite seh' ich mich definitiv als Intellektuellen und kaum etwas bringt Intellektualität so gut rüber, wie Subtilität, andererseits will ich eben äußerst direkt sein und mich nicht hinter dieser Intellektualität verstecken, weil es kaum etwas gibt, das mich mehr nervt als wenn Künstler eine Nachricht haben, die sie simpel ausdrücken könnten, die sie aber so ausdrücken, dass nur die cleveren oder gebildeten sie verstehen. Das schließt nämlich eine ganze Menge Leute aus bzw. fördert eine differenzierte, elitäre Gesellschaft (Anitdemokratisch). Ich schaff' es leider kaum, das aufzulösen, wobei das Problem oft das ist, dass ich meinen Stolz nicht überwinden kann.

>> Hey Tom. Freu mich, dass du auf den Inhalt eingehst, allerdings finde ich, dass du dich an einem sehr unwichtigen Punkt aufhängst. Was ich versucht habe zu illustrieren ist ein Stück weit, diese Trockenheit und Wertlosigkeit des Daseins derer, die Unten sind. Wertlos zumindest in der Hinsicht, dass sie gesellschaftlich missachtet werden.<<

Stimmt, solch Leute wie in Deiner Lage werden von der gesellschaft (außer von ihresgleichen) trocken & wertlos behandelt. Auch ich war früher und bin es teilweise auch heute noch, einer von denjenigen, welche Leute wie Dich verachtet haben. einzigste ausnahme (und die trifft auch auf dich zu); sie haben ne arbeit und können nicht davon allein leben oder sie bemühen sich um Arbeit.

>> Unten aber, ist dort, wo die Leute sind, die mit 27 nichts erreicht haben.<<

Es gibt nur sehr wenige Leute, welche mit 27 nicht zumindest schon ein wneig was erreicht haben.

Ok, ich muß gestehen, daß mir auch das Glück großen Anteil an meinen Erfolg hatte.

Als ich in der Lehre war, lernte ich ein mädel kennen und kam mit ihr zusammen.

Als ich die Lehre beendete wurde ich genauso wie alle anderen aus meinen jahrgang arbeitslos. Kein Wunder; schließlich lebte ich im osten und wir schrieben das Jahr 1994 ( die Wende war grad mal 4 Jahre her). ich bemühte mich um Arbeit, fand aber obwohl ich ein topausgebildeter Industriemechaniker war keine Arbeit.

Nun kam das 1 Mal das Glück bei meiner Karriere ins spiel. Der Vater von dem mädel, mit welchen ich inzwischen 1 Jahr zusammen war, hatte sehr gute Beziehungen zu etlichen Firmen. Über diese Beziehung fasste ich Fuß im Arbeitsleben.

5 jahre später ging es mit der Wirtschaft im osten noch weiter abwärts. Der Vater von meiner freundin konnte nix mehr für mich tun und gab mir den rat, möglichst bald wo anders eine stelle zu finden.

Ich schaute Online beim arbeitsamt nach und (ich weiß bis heute nicht, wie es geschah) landete durch Zufall auf einem Stellengesuch der DB. Befristet für 2 jahre.

Hier war das 2. Mal Glück im spiel.

Ich bewarb mich und wurde leider nicht angenommen.

Ein halbes Jahr später bekam ich von DB Arbeit (richtig, die deutsche Bahn hat eine eigene Zeitarbeitsfirma) Post, ob ich immer noch Interesse am Job des Lokführers hätte. Natürlich hatte ich das.

Als ich zum Bewerbungsgespräch wollte, streikte plötzlich meine wagen. eine Bahnkarte konnte ich mir nicht leisten. also bezahlte meine Freundin sie mir.

Man nahm mich an und ich bekam für 2 jahre befristet nen Job.

Inzwischen war ich gut nen Jahr bei der bahn und wurde zum Güterverkehr nach Stuttgart geschickt. Dort lernte ich nen Lokführer kennen und gewann ihn als Freund. Wir schreiben inzwischen Mai 2001. In nen halben Jahr ist meine Arbeitsvertrag abgelaufen und wenn kein wunder geschieht, bin ich dann wieder arbeitslos.

Dieser Lokführer hatte nen sehr guten freund in der Nähe von Münster, welcher ihn übers we in Stuttgart besuchte. Wir unterhielten uns und kamen auch auf mein Problem zu sprechen.

Der Münsteraner meinte zu mir, das die Regionalbahn in münster noch leute sucht. Ich mich sofort beworben und wurde auch im Juni 2001 genommen. zwar nur mit nen Jahresvertrag erstmal, aber immerhin 1 Jahr länger arbeit. Nach einem halben Jahr wurde dieser vertrag jedoch unbefristet.

Hier war das 3.Mal glück im spiel.

Und dies setzte sich auch in meinen weiteren leben so fort. Alles aufzuschreiben, würde den rahmen sprengen.

Aber, man erkennt ein schema dabei: Ich wollte Veränderung bzw. brauchte Veränderung und strengte mich an bzw. nutzt im richtigen Moment meinen Chancen. In verbindung mit ner portion glück, hatte ich Erfolg.

>> Das ändert nichts daran, dass Sozialhilfebewerber abgewertet werden bzw. ihnen das Recht auf Anerkennung als Mensch genommen wird. <<

Warum sollte ich nen H4er anerkennen, wenn er sich nicht um nen Job bemüht?

Deine Aussage hatte vor langer zeit auch mal ein Mädel, welche H4 war auf ner party abgelassen. Sie war die gastgeberin und ich wußte nicht das sie H4er ist. Also ließ ich schon gut angetrunken so Einiges über H4er vom Stapel. Und merkte nicht, wie das klima immer frostiger wurde. Irgendwann sagte sie mir, daß sie H4 empfängt und was mir einfiele so schlecht über sie zu reden. Ich hab voll den fettnapf getroffen.

Ich erklärte ihr, daß ich nicht verstehen könne wie menschen so abgammeln können und sich auf kosten der gemeinscheinschaft ausruhen und aushalten lassen.

Sie erklärte mir, wie sie in diese Lage gekommen ist und das sie gern wieder arbeiten würde. ich entschuldigte mich bei ihr, machte ihr das angebot mich nach arbeit für sie umzuhören und dabei beließen wir es an dem abend erstmal Schließlich hatten wir alle schon gut einen im tee.

Paar tage später war ich im großhandel für meine Gogo-Agentur einkaufen, als ich sah daß Aushilfen fürs lager gesucht werden. ich rief sie sofort an und fragte ob sie daran Interesse hätte. hatte sie und so hatte sie seit langen wieder nen Job. Zwra nen befristeten, aber eben nen Job. Später hatte sie noch etliche andere Jobs, bis sie nen festen job fand.

Mit ihr war ich auch beim sozialamt und weiß wie übel es dort ist. ich möchte niemals dorthin gehen müssen.

>> Schonmal gemacht? Obdachlose, das sind diejenigen, die kein Geld haben und keine Sozialhilfe bekommen.<<

Ja, habe ich. sogar mehrmals. Als ich noch in Dortmund wohnte und mein Arbeitsweg zu fuß durch die city führte habe ich jedes Mal mich mit den obdachlosen unterhalten und mal was zum essen, zum Trinken oder auch mal 1- 5 euro ( zu weihnachten auch mal 20 euro) dort gelassen. Kleidung, welche ich nicht mehr mochte, bekamen sie direkt von mir.

warum habe ich dies gemacht? Weil ich auch schon einmal fast obdachlos war. Und das obwohl ich als Lokführer gut verdiente/verdiene. Der Grund dafür: ich konnte mit Geld nicht umgehen und hielt die frauen damit aus, in der hoffnung Sex zu bekommen. Ging natürlich nach Hinten los. Und so stapelten sich die rechnungen und ich bezahlte auch nicht die Miete. Ich stand ganz knapp vor dem Rausschmiss. Und durch verhandlungsgeschick konnte ich es abwenden und vorallem weil ich enorm einsparte.

Mir war klar, daß wenn ich aus diesme Kreis herauskommen möchte, ich mehr verdienen & gleichzeitig weniger ausgeben mußte.

also machte ich überstanden, ging nicht mehr weg und ernährte mich wochenlang nur von Reis mit Ketschup, manchmal bißchen hähnchen, Brot und wasser, Haferflocken mit Obst & Milch.

Und schaffte damit aus dem Kreislauf auszubrechen.

Von daher weiß ich, wie schnell es gehen kann, daß man obdachlos ist.

>>
Ich wollte in den Erfahrungsbericht selbst, als pseudo-literarisches Erbrochenes, nicht konkret auf meine Situation eingehen. Mir selbst geht's soweit ganz gut. Für mich persönlich ist das Anliegen nicht: "Ich bin Student und kann daher nicht arbeiten. Bitte nehmen sie Rücksicht darauf und geben Sie mir Geld," sondern eine viel ursprüngliche Nachricht: "Ich habe kein Geld. bitte gebt mir etwas." <<

Ich hatte damals selbst kaum geld und mußte mit 5 Euro pro Tag klarkommen. Und es ging. Von daher finde ich, daß du es dir mit " ich habe kein Geld. bitte gebt mir etwas." verdammt einfach machst. Kreativität wie du zu Geld kommst und /oder günstig leben kannst ist gefragt. Dann brauchst du auch nicht zum sozialamt.

Einfach, weil es so schön passt, und mich gerade nervt, ein Randkommentar: das Sozialamt ist auch dann nicht sehr respektvoll, wenn man nicht um Geld bittet.

...da ich ja zumindest die 30-Stunden-Stelle zugesagt bekommen habe und dann keinen Anspruch mehr habe (weil ich ja kein Geld mehr brauche), habe ich um einen Rückruf von meiner Sachbearbeiterin gebeten. Im Übrigen auch, um mich nachträglich zu bedanken, dass sie meinen Antrag so schnell bearbeitet und extra vorgezogen hat.
...zurückgerufen hat ein Kerl, der mir im Grunde keine Auskunft darüber geben wollte, wer er ist bzw. warum nicht meine Sachbearbeiterin zurück ruf, außer, dass er vom Sozialamt ist, und ich um einen Rückruf gebeten habe.

...ein Bisschen Erfahrung habe ich ja bereits mit solchen Institutionen. Da muss man vorsichtig sein, und sollte Worte wie: "Ich habe eine Arbeitsstelle bekommen", nicht leichtfertig in den Mund nehmen, selbst wenn man es melden möchte. Darum habe ich sagt, dass ich wahrscheinlich Ende August anfangen werde und nachfragen möchte, bis wann ich dann Anspruch habe und wann ich das Melden soll. Und ich habe auch gleich bestätigt bekommen, dass es richtig war, sich so vorsichtig auszudrücken.

...sowie mein Satz ausgesprochen war, kamen gleich die Zurechtweisungen, alles sofort melden, und ich soll jetzt sofort meine Unterlagen abschicken (die ich noch nicht habe), und sie überprüfen das jeden Monat und sind mit ganz Europa vernetzt, also kommen sie drauf, wenn ich arbeite; und wenn ich das nicht rechtzeitig melde, dann muss ich eventuell Rückzahlungen leisten und außerdem kann mir ein strafrechtliches Verfahren drohen.
...es ist nicht die Sachlage selbst, die mir aufstößt. Es sind die Informationen, die er mir gibt. Er sagt nicht, wann mein Anspruch genau ausläuft, es sagt auch nicht "einfach nur", wann ich das melden muss, sondern verbindet das sofort mit der Paranoia, dass ich den Staat ausnehme und droht mir geradezu mit einer Klage, nicht nur bevor ein Verbrechen stattfindet, sondern bevor es einen Grund gibt, anzunehmen, ich würde ein Verbrechen begehen, denn immerhin rufe ich ja an, um zu melden, dass sich meine Situation wahrscheinlich ändern wird.

...aber ja. Da ich noch keinen Arbeitsvertrag habe und dergleichen wird erst einmal gar nichts gemeldet. Dann stellen sie die Zahlung nämlich - wie er beständig betont hat - sofort ein.

Wunderschön auch, wenn man Fragen erneut stellt, weil man meint, keine hinreichende Antwort bekommen zu haben. "Das hab' ich ihnen vor zehn Minuten schon gesagt!" ...Ja, vielleicht hast du das wirklich irgendwo zwischen "Zahlung sofort einstellen", "Strafgerichtliches Verfahren", "verstehen sie mich?" und "ich halte sie für einen kriminellen, wertlosen, Vollidioten, der keinen respektvollen Ton verdient hat" mal erwähnt.
Aber zur Verteidigung des Sozialamtes: ich glaub', das war derselbe Typ wie damals. Also vielleicht bekomm' ich in einer halben Stunde oder so nochmal einen Anruf von meiner eigentlichen Sachbearbeiterin, die zwar weiß, dass mir der Typ angerufen hat und was er mir gesagt hat, aber trotzdem irgendwie das Gefühl hat, mir nochmal ein strafgerichtliches Verfahren androhen zu müssen.

Mal am Rande: :lol:

Man weckt keine schlafende Hunde. Falls man es doch tut; so hast du ja gesehen, was passiert.

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Der ursprüngliche Erfahrungsbericht (Startposting) aber ist keine Beschwerde oder Jammerei, sondern stellt literarischen Anspruch.

Es ist aber nur ein Pamphlet, wo man vorher schon weiß, was du mit deiner linken Ideologie sagen willst und was du anprangern wirst. Also schlichtweg langweilig für den Leser. Deswegen taugt es auch weder literarisch (außer eben politisch), noch als Reportage.

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Gast a1b2c3

Was erwartest du eigentlich? Dass der Staat so viele Sachbearbeiter einstellt, dass du da selbst bei Massenandrang immer nur 3 Minuten warten musst? Und dass NICHT versucht wird, den Leuten das Beziehen von Sozialhilfe so unangenehm wie möglich zu machen? Damit die da gerne hingehen - und nicht etwa anfangen sich anzustrengen, um da eben NICHT wieder hinzumüssen (sprich sich Arbeit zu suchen)?

Bist du auch sonst so der Typ, der sich grundsätzlich immer schlecht behandelt und übervorteilt fühlt? Egal in welcher Lebenslage?

Aber wenn das Arbeitsamt dich "benachteiligt" (deiner Meiung nach), dann schreist du rum.

Es ist aber nur ein Pamphlet, wo man vorher schon weiß, was du mit deiner linken Ideologie sagen willst und was du anprangern wirst. Also schlichtweg langweilig für den Leser. Deswegen taugt es auch weder literarisch (außer eben politisch), noch als Reportage.

Was ist in deinem Leben nur schief gelaufen, dass du so ein unbarmherziger, missgünstiger, unangenehmer, einfach nur schrecklich unsympathischer Mensch bist.

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Du hast schon mitgekriegt, wie der TE über die Sachbearbeiter im Jobcenter redet?

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Es gibt dieses Sprichwort, dass die besten Knechte diejenigen sind, die sich selbst welche halten dürfen. Ganz nach Tarantino formuliere ich um: die herablassendsten Herren sind die, die Knechte sind. Wer bist du, kleiner Mann, der du mir am Telefon erzählst, ich hätte keinen Wert für die Gesellschaft?

Das ist das Menschenbild unseres Sozialhelden... er ist eben auch nur ein Partikularist, dem es nur um seine eigenen Interessen geht.

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Gast a1b2c3

Verzeih mir bitte, ich habe überreagiert.

Ich weiß nicht, ob du mal selber so eine Situation erlebt hast wie selfrevolution, bei mir war es bei einer Zeitarbeitsfirma: Eine Person die dort gearbeitet und es gemanagt hat (aber keine leitende Funktion inne hat) und - weswegen auch immer - einem mehr oder weniger versucht hat, das Leben zur Hölle zu machen und jede Kontaktaufnahme zur Zeitarbeitsfirma zu verweigern, quasi so Pawlowschers-Hund mäßig mit verbalen Angriffen.

Blöd nur, dass ich absolut auf diesen Job angewiesen war und dieser Person im Prinzip ausgeliefert war und ich mich nicht wirklich wehren konnte. Dieses Gefühl ist doch recht unangenehm und hat mir - mächtigen PUF-NPL-Techniken zum Trotz - den halben Tag verdorben.

In diesem Sinne kann ich SF sehr gut verstehen und bin über seine gelassenen-amüsiertes Erzählen überrascht, ich wäre wohl etwas verärgerter; so empfinde ich auch seine Gedanken über den Sachbearbeiter nicht als hart.

Wobei seiner nur als ungenehm rüberkommt und ihm seine Anträge erschweren aber ermöglichen muss, bei mir war das etwas härter und die Person deutlich unangenehmer schätze ich.

Naja ist auch eine Erfahrung fürs Leben und Motivation fürs Studium bzw. für die Ausbildung;)

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P.S.:


Was ist in deinem Leben nur schief gelaufen

In meinem Leben ist sicher mehr schiefgelaufen als bei dir und dem TE zusammen. Dummerweise zahlt MIR der Staat nix dafür.

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