Wie stark ist die Prägung während der Jugend?

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Hallo Leute,

ich brauche fundierten psychologischen Rat, studiere selbst Psychologie, aber erwische leider meinen Professor für Entwicklungspsychologie nicht mehr in nächster Zeit, deswegen hoffe ich, dass sich jemand von euch auskennt und mir helfen kann.

Wir haben folgende hypothetische Situation:

Ein Mädchen (Alter 18-20) hat ziemliche psychische Probleme. Die Ursache ist unklar, könnte aber soziale Ausgrenzung gewesen sein. Die Symptome sind die folgenden:

Karikatur der sozialen Unterschicht: Ausbildung abgebrochen, seit langem nichts Neues in Aussicht, Alkoholabstürze (nicht krankhaft oder regelmäßig, aber dafür ein paar heftige), die Sprache, die eigentlich normal war, ans Kanackische angelehnt ("Ich geh heute Polizei"), Sympathie mit einer Schwangerschaft trotz Jugend, häufige cholerische Aggressionsausbrüche, Angst vor der Zukunft (bildliches, aber auch wortwörtliches Wegrennen vor ihr), ungesunde und unstrukturierte Lebensweise, hat schon extrem viele Typen gehabt, bevorzugt bei Männern immer Ausländer (aber nur Türken, Osteuropäer etc.), überdurchschnittlich viele Piercings, Unzuverlässigkeit und noch viel mehr Kleinigkeiten.

ABER: Kommt aus gutem Elternhaus, alle haben es zu etwas gebracht

UND sie ist ziemlich selbst-reflektiert, will etwas ändern, sogar die Charakterschwächen an sich.

Jetzt meine Frage:

Angenommen, es würde mit einer Ausbildung klappen, sie hätte einen Job und dadurch gezwungenermaßen ein geregeltes Leben, sowie einen Freund, der kein Assi ist, wie bisher, sondern ebenfalls ein gutes, geregeltes Leben und guten Einfluss auf sie hat (anderes Lebensumfeld für sie).

Wie wirkt sich das auf ihre Psyche aus?

Man passt sich natürlich immer den neuen Bedingungen an, aber wie viel hat die Jugend geprägt, wie weit ändern sich die Einstellungen zu sozialen Problemen wie frühe Schwangerschaft, Alkoholismus, Aggression und Gewalt?

Können die Erfolgserlebnisse einen Menschen komplett von diesen Einstellungen und dem Denken wegbringen, wenn es von der Veranlagung eigentlich passen müsste?

Oder die prägen die Eskalationen in der Jugend so sehr, dass man sein ganzes Leben lang zum Großteil dieser Mensch bleibt?

Ich bin mir selber im Unklaren, weil ich es bei mir selbst gemerkt habe: Solang ich zu Hause gewohnt habe, war ich von dem "du musst dein Zimmer sauber halten", "du musst jeden Tag diszipliniert zum Job/zur Schule" immer genervt, aber seitdem ich auf mich allein gestellt bin, mach ichs ähnlich wie es mir eingetrichtert wurde, weil ich dieses geradezu penible Leben einfach gewöhnt bin, und es nicht haben kann, wenn nen Tag lang ein benutzter Teller rumsteht und ähnliches.

Ist eher ein theoretisches Thema, aber hat mich extrem interessiert, als ich heute bei Aldi so eine junge "Hartz 4-Mutter" (klingt abwertend, aber soll nur plakativ sein) gesehen habe, und dann den ganzen Tag überlegt hab, wie man so wird, und ob ein Erfolgserlebnis die Situation verbessern würde.

Danke für alle Antworten und Diskussionen!

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Auf jeden Fall ein interessantes Thema!

Wenn sich qualifizierte Leute dazu aüßern könnten umso besser!

Finde das es sich bei deinem Fall schon um einen Härtefall handelt. Problem ist meiner Meinung nach das Umfeld mit dem Sie zu tun hat. Der harte Gangster, der mit Gewalt und Drogenerfahrung zum Vorbild mutiert bzw die Gruppendynamik es von ihr verlangt sich dem anzupassen ansonsten ist Sie der Aussenseiter. Natürlich aufgrund von fehlendem Selbstwert, aber in dieser Lebens-periode/phase ist man noch weit davon entfernt nur im Ansatz einen Gedanken an Persönlichkeitsentwicklung zu verschwenden. Vor allem nicht unter diesen Umständen

Ein kleines Beispiel zum Thema aus der Rütli-Schule in Berlin:

"Der Intensivtäter wird zum Vorbild. Es gibt für sie in der Schule keine positiven Vorbilder. Sie sind unter sich und lernen Jugendliche, die anders leben, gar nicht kennen. Hauptschule isoliert sie, sie fühlen sich ausgesondert und benehmen sich entsprechend." (http://www.spiegel.de/schulspiegel/dokumentiert-notruf-der-ruetli-schule-a-408803.html)

Klare Empfehlung vom schlechten Umfeld trennen! Wie man das anstellt? Es gibt bestimmt Programme, Gemeinschaftsprojekte für Jugendliche die dies unterstützen, aber damit habe ich zu wenig Erfahrung. Stichwort: Perspektiven schaffen ;-) Aus Erfahrung kann ich sagen, dass sowas enorm hilft Selbstbewusstsein aufzubauen gerade wenn man so wie du sagts: dass Sie sehr selbstreflektiert ist und was ändern will. Angemerkt sei es dürfen keine Drogen im Spiel sein und wenn doch, muss unbedingt eine Therapier her!

Leider ist unsere Jugend heutzutage von dem ganzen Raphurensohnzeug verseucht (nicht das ich Rap schlecht finden, Ausnahmen bestätigen die Regel, aber vieles ist hirnloser Müll), jeder muss hart sein, respektlos und am besten noch Drogen konsumieren. Strengst du dich in der Schule an bist du der Streber und wirst ausgegrenzt weil du nicht cool bist. Ein grundsätzlich Problem unserer heutigen Zeit finde ich. Rocker waren bei weitem nicht so krumm im Kopf.

Aber man sieht an Beispielen von "die strengsten Eltern der Welt" .... ja ja ich weiss Hartz4 TV.... trotzdem wie gut und vor allem schnell ein Umdenken stattfinden kann.

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Pickup sollte doch das beste Beispiel dafür sein, wie man die Prägung der Jugend überwinden kann: Für viele wurde ja der Traum war vom AFC-Nerd zum Alphamännchen zu werden und sie haben dabei ihre alten Beliefs komplett über den Haufen geworfen.

Zum Thema Einstellung zu sozialen Problemen:

Der Bruder einer Freundin war wohl früher in der Hooligan-Szene unterwegs, ständig Schlägereien, Vorstrafen und Schule in der 11. Klasse abgebrochen. Die Eltern haben ihn dann nach ein paar Jährchen irgendwann versucht da rauszuholen (auch normale, anständig Leute, sie trinken vielleicht ab und an etwas viel) und das mit Erfolg: Er hat seine Schule nachgeholt, irgendwas mit Elektrotechnik studiert und hat jetzt eine kleine Familie. Will heißen: Wenn die Person mitzieht und sich auch ändern will, dann kann es durchaus Erfolg haben. Gibt wahrscheinlich auch genügend Gegenbeispiele, wo sich nichts geändert hat, aber das ist halt individuell verschieden.

fundierten psychologischen Rat kann ich dir zwar keinen liefern hier, aber das reale Beispiele sollte zeigen, dass es möglich ist.

Und dafür, dass es rein theoretischer Natur ist beschreibst du das Mädel aber ganz schön genau :D

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Gast

Warum es zu solchen Fehlanpassungen kommt, kann viele Gründe haben, meistens ist der Auslöser eine Art Prostest, der z.B. das Resultat von einem größeren Minderwertigkeitsgefühl sein kann.

Ich denke du kannst rein hypothetisch betrachtet, dem Mädchen am besten helfen, wenn du übers Wochenende auf ihr Kind(er) aufpassen würdest, ihr zusätzlich noch etwas Geld gibst, damit sie ohne Probleme bei ihrer evangelischen Pfadfinderfreundin übernachten kann und dir ihre ganzen Probleme anhörst und ihr immer die besten Tipps gibst.

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Klare Empfehlung vom schlechten Umfeld trennen! Wie man das anstellt? Es gibt bestimmt Programme, Gemeinschaftsprojekte für Jugendliche die dies unterstützen, aber damit habe ich zu wenig Erfahrung. Stichwort: Perspektiven schaffen ;-) Aus Erfahrung kann ich sagen, dass sowas enorm hilft Selbstbewusstsein aufzubauen gerade wenn man so wie du sagts: dass Sie sehr selbstreflektiert ist und was ändern will. Angemerkt sei es dürfen keine Drogen im Spiel sein und wenn doch, muss unbedingt eine Therapier her!

Genau so ein Gangster-Gehabe ist es.

Vom schlechten Umfeld zu trennen ist nicht das Problem, das kann man anstellen. Ich frage mich halt, wie anfällig solche Menschen, die eh kein gesundes Selbstbewusstsein und Selbstregulationsfähigkeiten besitzen, sind, wieder in die Bequemlichkeit abzurutschen, selbst wenn sie den Willen haben es zu ändern.

Drogen sind keine im Spiel. Unser Sozial-Professor meinte zum Thema "Raucher sterben früher"-Plaketten auf Zigarettenschachteln:

"Das ist nicht genug. Um Menschen zum Handeln zu bringen, muss man drei Voraussetzungen schaffen. Erstens: Motivation, das wäre z.B. das Angst einjagen durch den Aufdruck, zweitens: den Weg zeigen, wie man es machen könnte, um es zu schaffen, und drittens brauchen sie den Glauben, es tatsächlich schaffen zu können, und zwar nicht, dass es generell möglich ist, sondern, dass genau ICH als Individuum es schaffen kann."

Die Angst wird von Zuhause gemacht, der Weg wird auch aufgezeigt. Aber Punkt drei ist am Schwierigsten umzusetzen.

fundierten psychologischen Rat kann ich dir zwar keinen liefern hier, aber das reale Beispiele sollte zeigen, dass es möglich ist.

Und dafür, dass es rein theoretischer Natur ist beschreibst du das Mädel aber ganz schön genau :D

Reale Beispiele helfen auch weiter!

Tja :) Darfst dir gerne deinen Teil dazu denken.

Warum es zu solchen Fehlanpassungen kommt, kann viele Gründe haben, meistens ist der Auslöser eine Art Prostest, der z.B. das Resultat von einem größeren Minderwertigkeitsgefühl sein kann.

Der Auslöser der Probleme ist ein Protest? Eher das Minderwertigkeitsgefühl ist der Auslöser des Protestes, der in Form der oben aufgelisteten Symptome einhergeht.

bearbeitet von KingJohn

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Gast

Ja.

In vielen (akademischen) Familien dominieren männliche Vorbilder, wenn man in so einer Familie ein Mädchen ist und z.B. Brüder hat, die viel besser in die Rollen der Vorbilder passen, sind Minderwertigkeitskomplexe schon fast vorprogrammiert, weil man oft aufgrund von vielen Faktoren den Erwartungen der Eltern nicht gerecht wird. Also kommt es oft zu einem Protest, indem sich die junge Dame z.B. dumm stellt oder im besseren Fall sich für Dinge interessiert, die nichts mit den Erwartungen der Eltern zutun haben. Einige Eltern verstärken die gesamte Situation zusätzlich, indem sie versuchen der jungen Dame zu helfen, meistens helfen sie falsch und bauen so nur noch mehr Druck bzw. Spannungen auf.

In der Protestphase kann man sehr schnell an Leute geraten, die einem nicht wirklich positiv bei der Charakterentwicklung helfen, trotzdem haben sie den Vorteil einem das Gefühl zu vermitteln akzeptiert zu werden, was im guten Elternhaus immer fehlte.

Wenn es die Dame wirklich geben sollte, wäre es am klügsten du würdest sie wirklich zu jemandem bringen der ihr professionell helfen kann und dann fang mit deinen eigenen Problemen an. Schau dir mal in deinen Semesterferien die Länder der Ausländer (aber nur Türken, Osteuropäer etc.), deren Kulturen und wie die Leute sich dort verhalten an.

bearbeitet von Swashbuckler

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Ja.

In vielen (akademischen) Familien dominieren männliche Vorbilder, wenn man in so einer Familie ein Mädchen ist und z.B. Brüder hat, die viel besser in die Rollen der Vorbilder passen, sind Minderwertigkeitskomplexe schon fast vorprogrammiert, weil man oft aufgrund von vielen Faktoren den Erwartungen der Eltern nicht gerecht wird. Also kommt es oft zu einem Protest, indem sich die junge Dame z.B. dumm stellt oder im besseren Fall sich für Dinge interessiert, die nichts mit den Erwartungen der Eltern zutun haben. Einige Eltern verstärken die gesamte Situation zusätzlich, indem sie versuchen der jungen Dame zu helfen, meistens helfen sie falsch und bauen so nur noch mehr Druck bzw. Spannungen auf.

In der Protestphase kann man sehr schnell an Leute geraten, die einem nicht wirklich positiv bei der Charakterentwicklung helfen, trotzdem haben sie den Vorteil einem das Gefühl zu vermitteln akzeptiert zu werden, was im guten Elternhaus immer fehlte.

Wenn es die Dame wirklich geben sollte, wäre es am klügsten du würdest sie wirklich zu jemandem bringen der ihr professionell helfen kann und dann fang mit deinen eigenen Problemen an. Schau dir mal in deinen Semesterferien die Länder der Ausländer (aber nur Türken, Osteuropäer etc.), deren Kulturen und wie die Leute sich dort verhalten an.

Ah, okay, so hab ich das noch nicht betrachtet, aber schon davon gehört, klingt sehr stimmig.

Das mit dem Druck und den Spannungen stimmt 100%, aber ich frag mich, was man sonst machen könnte? Den Mittelweg (kein Druck, aber Hilfe) hat man am Anfang bereits gemacht, was eher zu Faulenzerei führt(e), das andere Extrem ("mach, was du willst") resultiert vielleicht auch in Perspektivlosigkeit, außerdem ist es für viele Eltern nahezu unmöglich, ihr Kind so "vor die Tür zu setzen" im übertragenen Sinn, und wenn man es dann nicht "durchzieht", denkt man sich als Betroffener auch: "Achso, das sagen sie nur, sie kümmern sich trotzdem um mich, also muss ich nichts machen."

Mit meinen eigenen Problemen? :) Verstehe gerade nicht, was du meinst.

Ja, bin in den Semesterferien eh im Ausland, vielleicht werde ich in irgend eines von diesen Ländern geschickt., kann es aber schlecht selbst bestimmen.

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