LR: Street Approach 2002

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90% der Aufrisse meines Lebens waren sog. "Community-Lays". Damit bezeichne ich Pick-Ups, die im erweiterten Freundeskreis mit viel social proof und oberflächlich gesehen recht konventionell durchgeführt werden.

Mit der Zeit habe ich diesen Weg geradezu perfektioniert.

Die restlichen 10% waren Street Approaches.

Ich werd mal nen alten Street Approach hier reinstellen. Vielleicht könnt ihr was damit anfangen.

April 2002. Ich spaziere über den Herbert-von-Karajan-Platz, an der Wiener Staatsoper vorbei. Vor dem Haupteingang verkaufen als Mozart verkleidete Witzfiguren Tickets für die Oper, weiter hinten versuchen drei junge Personen Stadtrundfahrten an den Touristen zu bringen.

Eine der Verkäuferinnen ist eine glatte 9; Typ osteuropäische Schönheit. Hohe Wangenknochen, makelloses Gesicht und ein Körper derart geschaffen zur Sünde, dass man meinen könnte, sie hätte sich eben sämtliche Äpfel des Paradiesgartens einverleibt. Alter? Etwa 19.

Ich gehe an ihr vorbei.

Sie (dicke Verkaufsmappe in der Hand, erwartungsgemäß): "Sightseeing?"

Enigma (sie bemerkend, grinsend): "Den Job hab ich auch mal gemacht, aber nicht lang. Ich nehme an, du bist jung und brauchst das Geld ...?"

Sie (lächelt, wirkt leicht unsicher, spricht mit dem minimalen Akzent eines Mädchens, das in jungen Jahren eingewandert ist): "Ja ... eigentlich studiere ich."

In diesem Moment taucht ein Typ von der Sightseeing-Konkurrenz auf ("Bei uns 10 Euro günstiger!"). Ich wehre kurz ab ("Danke, nein"), doch er gibt sich so schnell nicht geschlagen und redet weiter auf mich ein - in dem Glauben, ich würde mich für Stadtrundfahrten interessieren und wäre im Begriff, bei HBOsteuropa eine zu buchen. Schließlich:

Enigma: "Guter Mann, das Einzige, was ich heute noch brauche ist die Abendzeitung und ein Blowjob. Die Zeitung kauf ich mir selbst und bei zweiterem wollen sie mir gewiss auch nicht helfen ... Sie verschwenden ihre Zeit." [Ein Standardsatz, den ich seit Mittelschulzeiten bringe, wenn mir jemand auf die Nerven geht]

Er gibt endlich auf, HBOsteuropa lacht.

Enigma: "Läuft das hier immer so?"

Sie: "Ja. Wenn jemand stehenbleibt, kommt sofort einer von "Hop-On" [der andere Sightseeing-Anbieter] und mischt sich ein ..."

Wir reden kurz über miese Jobs. Sie fragt mich, was ich arbeite. Ich antworte wahrheitsgemäß (Studium und Gelegenheitsjournalist). Sie fragt mich, was ich schreibe, etc. (kann mich nicht mehr perfekt erinnern). Sie wirkt gebildet, klug; liebt Filme des italienischen Neorealismus und die blauen Augen von Peter O'Toole.

Enigma: "So, ich gehe. Du weißt schon, Abendzeitung und so. (halte ihr mein Handy hin) Tipp deine Nummer ein, dann machen wir mal was zusammen." [Kurz bevor ich um eine Nummer bitte, mache ich fast reflexhaft das stärkste verfügbare Call-Back]

Sie (lächelnd): Ok. (tippt)

Ich verabschiede mich und gehe.

Über einen Monat später lade ich sie per SMS ins Theater ein. ("Heute Abend, 19 Uhr, Volkstheater: Dramatisierung von Sandor Marais 'Die Glut'. Begleite mich. Grüße, Enigma")

Sie schreibt zurück und gibt bekannt: Ich komme mit.

Sie erscheint tatsächlich. Wir warten vor dem Volkstheater und unterhalten uns. Ich gebe mich ruhig, selbstbewusst und mache das, was ich immer "Souveränes Kino" nenne. Damit meine ich Körperkontakt, wie ihn Menschen einsetzen, die andere führen (Z.b. Hand an ihren Rücken, Blick Richtung Theater, "So, gehen wir rein."). Sie erzählt schüchtern von einer Theatervorstellung, die sie auf Gras erlebt hat und redet auch sonst witziges Zeug. Was für eine Frau!

Nach der Vorstellung schlage ich vor, in den Park zwischen NHM und KHM zu gehen. Wir reden über Lieblingsfilme. Kino. Ich erfahre, dass sie gebürtige Rumänin ist. Wir setzen uns ins Gras. Ich lasse mir ein paar Sätze ins Rumänische übersetzen. Plötzlich, aus dem Nichts:

Sie: "... und mein Freund, also der kifft auch, und ..."

Ich ignoriere die Offenbarung, dass sie in einer Beziehung lebt, vollständig, und rede ganz normal weiter. Nur wenige Minuten später bringt sie das Thema nochmal auf und erzählt völlig unaufgefordert, dass ihr Freund für sie "im Moment keine große Rolle mehr spielt" [wörtliches Zitat]. Meine Güte, wie feucht muss die hier schon gewesen sein? Ich habe Erbarmen und ziehe sie zu mir. *kiss*

Dann nehme ich sie an der Hand und gehe mit ihr nach Hause. An der U-Bahn-Station gab es noch ein bisschen resistance von ihr. Kann mich aber nicht genau erinnern. Kein Problem jedenfalls.

In meiner Studentenbude spiele ich dann mein Standard-Spielchen (kommt irgendwo in der Literatur vor, glaub ich): Sobald sie auf meinem Bett sitzt, weiche ich Küssen aus und fordere sie auf, mich um einen Kuss zu bitten.

Kurz: Die Nacht war lang, Leute.

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Bravo! Sehr guter Report und wirklich poetisch geschrieben!

Hast gleich beim ersten Satz die Kommunikation zwischen euch beiden auf ein viel höheres und persönliches Niveau als ein Verkaufsgespräch umgeleitet. Hast sehr souverän den anderen Schwätzer abserviert (das mit der Abendzeitung und dem Blowjob werde ich mir merken - wer weiß, wann die Zeugen Jehovas bei mir das nächste mal klingeln :D ). Das Gespräch hast du vertieft, guten Rapport geschaffen. Als du die Nummer genommen hast noch ein Wink mit dem Zaunpfahl in Form einer Abendzeitung und allem, was sonst so dazu gehört - nicht schlecht!

Was ich nicht ganz verstehe - EIN MONAT?! Ist das bei euch da unten üblich? :D

Naja, schließlich war es soweit! Theater-Vorstellung, ein Spaziergang mit ein bisschen Resistance (mal ehrlich - ohne Resistance macht es doch gar keinen Spass :) !) und eine lange nacht mit allem, was dazu gehört. STRIKE!

Ach ja - die Typen an der Oper mit den Kostümen und Perrücken sind mir sofort aufgefallen, als ich Wien im Sommer einen Besuch abgestattet habe. Sowas gibt es hier in Kölle nur zu Karneval :D .

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Hey Rabbit, danke.

Was ich nicht ganz verstehe - EIN MONAT?! Ist das bei euch da unten üblich? :D

Hatte eine Menge zu tun und war einige Wochen in einem anderen Bundesland. Außerdem war ich sexuell, wie soll ich sagen, mehr als ausgelastet. Das verringert das Engagement.

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Dass - dass ihr Freund für sie "im Moment keine große Rolle mehr spielt" - das entscheidende IOI zum KC war, leuchtet im nachhinein 100%ig ein. Ich hoffe, ich game auch bald mal so schnörkellos.

Deine Fieldreports geben mir neben rein praktischen Tips und gelegentlichen Lachanfällen immer sehr viel Energie.

Bitte bitte mehr! Wann kommt Dein nächstes Buch?

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Enigma könnte ruhig nen ganzes Buch mit Lay Reports, Rhetorik Tipps und guten Sprüchen schreiben - sofort gekauft :lol:

Ich liebe Deinen Stil, beim Lesen von LdS habe ich mich mehrmals auf dem Boden gerollt :huh:

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