Geradezu kindisches Anerkennungsbedürfnis

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Hallo Leute,

ich hab hier längere Zeit nur mitgelesen und mir auch ne Menge rausholen können. Hier mal ein großes Dankeschön an das Forum und die Teilnehmer. :)

Obwohl ich an der Oberfläche so einiges hinbekomme, habe ich festgestellt, dass ich ein dickes innergame-Problem habe. Schildere das mal so fokussiert wie möglich:

Bin Anfang 30 und selbstständig in nem ziemlich anspruchsvollen Job. In letzter Zeit merke ich eine extreme Hürde, über die ich einfach nicht hinwegkomme.

In der Schulzeit war ich der totale soziale Looser, wurde (auch wegen körperlichen Defiziten, die sich mittlerweile normalisiert haben) heftigst gemobbt, hatte keine Freunde. Hab das durch ziemliches Strebertum kompensiert auch im drauffolgenden Studium. Über gute Noten, Bestätigung der Lehrer/Profs habe ich mir meine Anerkennung geholt, die mich auf der akademischen Ebene auch gut weitergebracht hat.

Im Job ging das so weiter, habe Kunden/Vorgesetzte beeindruckt, aber nie so richtig guten, geschweige denn freundschaftlichen Kontakt mit Kollegen aufbauen können. Hab mich dabei aber stets hilfsbereit/loyal verhalten, Unterstützung gegeben etc. Aber meine schlechten Erfahrungen im sozialen Bereich haben sich irgendwie so eingebrannt, dass ich mich nicht so richtig locker emotional öffnen konnte.

Privat habe ich dann doch so seit mitte 20 nette Leute kennengelernt, aus denen auch einige teils wirklich gute Freundschaften wurden. Beziehung hatte ich, bitte nicht lachen, bisher nur eine, die auch ziemlich dramatisch in die Hose gegangen ist vor ein paar Jahren. Affären sind eher kein Problem, wenn auch nicht wirklich erfüllend für mich.

Nun ist mir seit so ca. einem Jahr klar geworden, dass ich ob beruflich oder privat, der Anerkennung anderer Menschen förmlich hinterherrenne. Ich brauche so sehr die Bestätigung anderer, dass es mir als erwachsener Mann vor mir selbst peinlich ist. Ich bin da aber so bedürftig, dass ich das einfach nicht abschalten kann, mit welchen Techniken ich es auch versuche. Das macht den Umgang mit mir für andere ziemlich anstrengend und eine Beziehung auf Augenhöhe ist schon gar nicht möglich.

Das bringt mich zu einem wichtigen Punkt: meine Familie hat mich seit der Kindheit nie wirklich akzeptiert. Trotz aller Erfolge nie das Gefühl, das ich wirklich "wahrgenommen" werde (grundsätzlich sollte das ja auch ohne besondere Leistungen möglich sein...). Meine Familie hat schon immer Gefühle verdrängt, da nicht drüber gesprochen und mittlerweile ist der Kontakt unschön abgebrochen.

Kurz: eine "natürliche" Anerkennung habe ich in der Phase der Persönlichkeitsbildung nicht erfahren. Das habe ich über die Jahre komplett verdrängt und mir die Anerkennung darüber geholt, dass ich versuche, allen Menschen das zu geben, was sie sich wünschen. "Dummerweise" kann ich das ziemlich gut, wodurch mir mein Problem erst vor einiger Zeit so richtig bewusst wurde... Ich weiss gar nicht, was mich selbst ausmacht, da ist quasi ein großes Loch, das mit Leistung jeder Art gestopft wird. Wenn ich mich mal öffne, dann bin ich so ängstlich und voller überzogener Erwartungen, dass die Menschen um mich herum berechtigterweise die Krise bekommen. Ich habe das Gefühl, ich falle zunehmend in dieses Loch, ziehe mich von Menschen zurück, die es eigentlich gut mit mir meinen, hab keinen Antrieb mehr und muss arg an mich halten, nicht dem Alkohol zu verfallen. Ich habe das Gefühl, ich muss nachholen, was andere so ganz normal in der Pubertät durchgezogen haben und keinen Plan, wie ich das als persönlichkeitsschwacher Erwachsener machen soll. Betrete ich dieses Feld bin ich (ganz anders als meine Fassade, die im Job und auf oberflächlicher privater Ebene super funktioniert) komplett dünnhäutig und verhalte mich wie ein bedürftiges Kind.

Wie überwinde ich dieses überzogene Anerkennungsbedürfnis? Leistungstechnisch habe ich schon so viel gerissen und durchgezogen, auf das ich auch stolz sein kann, aber das füllt diese Leere nicht, von der ich das Gefühl habe, das nur ein ANDERER Mensch mir das geben kann... Also quasi ohne Leistung bringen zu müssen anerkannt zu werden. Da ich mich gerne mal in Theorie einbuddel, würde es mir helfen, konkrete praktische Tipps zu erhalten. Kopf waschen etc. alles erwünscht, bin kein wehleidiger Typ, aber vielleicht versink ich grad in 0815-Selbstmitleid?

Danke für's Lesen und freu mich auf Eure Kommentare!

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Was hast du für Hobbys? Dein post klingt als ob du 24/7 arbeiten würdest - wovon ich als Student natürlch keinen Schimmer hab^^. Wenn man in anderen Bereichen was "leistet" als im Job kann man auch stolz auf sich sein - und das is gut fürn Selbstwert. Leute kennenlernen kamma so auch - haben dann ja was gemeinsam mit dir.

Für die Affären reicht der 30er Karrieremann, für ne Beziehung ist dein leben zu leer.

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@ metaplan

...dass ich versuche, allen Menschen das zu geben, was sie sich wünschen. "Dummerweise" kann ich das ziemlich gut, ...

Ein Schritt, der Dir vielleicht gar nicht so schwerfällt - weil du das bereits gut kannst - wäre: Gib Dir selbst das, was Du Dir wünschst.

Du hast aus "überlebenstechnischen" Gründen gelernt, aufmerksam auf andere zu sein. Und Du hast das perfektioniert.

Damals hattest Du keine andere Möglichkeit, doch heute sehr wohl.

Es ist nicht einfach, die jahrelang praktizierte Comfort-Zone zu überschreiten - es macht Angst, und das ist natürlich.

Richte die Aufmerksamkeit auf Dich: was wünschst Du Dir, welche Bedürfnisse hast Du?

Du bist derjenige, der die Leere zur Fülle machen kann. Niemand sonst kann das!

Das bringt mich zu einem wichtigen Punkt: meine Familie hat mich seit der Kindheit nie wirklich akzeptiert. Trotz aller Erfolge nie das Gefühl, das ich wirklich "wahrgenommen" werde (grundsätzlich sollte das ja auch ohne besondere Leistungen möglich sein...). Meine Familie hat schon immer Gefühle verdrängt, da nicht drüber gesprochen und mittlerweile ist der Kontakt unschön abgebrochen.

Du hast im Grunde genommen das Verhalten Deiner Familie übernommen, was bei vielen anderen Menschen auch der Fall ist.

Du spürst, dass das nicht die Wahrheit ist, doch Du hast keine Möglichkeit gefunden, es ändern - bis jetzt.

Akzeptiere Dich, so wie Du bist - so wie Du heute bist - mit allen Schwächen und Stärken. Es gibt nichts mehr zu verstecken, zu verdrängen.

Schreibe (für den Anfang) für Dich selbst einmal auf, was Du bislang versteckt hast, was nicht gezeigt werden durfte (aus welchen Gründen auch immer).

Gib den Gefühlen, Gedanken einfach einmal Raum und Platz, sie dürfen ganz bewusst dasein.

Entdecke Dich selbst, bringe die neuen Schätze an die Oberfläche und teile sie mit anderen Menschen.

Einige Teile von Dir haben geschlummert und nun wollen sie nicht mehr schlafen, sondern lebendig sein.

Wenn Du glaubst, dass Du es zu Beginn nicht alleine schaffst, dann hole Dir professionelle Unterstützung.

Der erste Schritt aus der Comfort-Zone ist zumeist der schwierigste.

Du bist für Dich selbst verantwortlich, also achte auf Dich!

Wenn es manchmal nicht so läuft, wie Du es gerne hättest, dann mach Dich selbst nicht herunter und warte nicht darauf, dass es wer ändert, sonder tue Dir selbst was Gutes!

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@ schlecker: So naheliegend, aber tatsächlich ein guter Ansatz für mich. Dachte eigentlich, dass ich ein vielfältig interessierter Mensch bin, gehe gerne in Clubs und auf Veranstaltungen unterschiedlicher Art, Kino, Kunst, Kultur, grosses intellektuelles Interessengebiet. Ist aber alles konsumierend. Wirklich etwas tun (ausser 0815-Sport, Fitnessstudio), eher Fehlanzeige. Ich mach da mal ne Liste für mich.

Interessanterweise glaube ich viele Top-Manager (bin ja selbst keiner, hab aber so einige kennengelernt) ticken ganz ähnlich - haben einfach ein riesen Anerkennungsdefizit, stürzen sich in die Leistung und hoffen auf Bestätigung ohne auf sich selbst zu schauen. Und wirken als Persönlichkeit häufig lächerlich kindisch.

@ Gazelle: Vielen Dank für die ausführlichen Zeilen. Augenöffnend, dass ich das Verhalten meiner Familie übernehme. Wenn ich in mich schaue, dann sehe ich da ein Rebellentum, das ich ganz schwer mit meinem Alter überein bringen kann. Wie beschrieben kommt mir das "pubertär" vor. Ich will niemanden vor den Kopf stossen, aber - klar, da bin ich in meiner Comfort Zone. Komm mir vor wie in einer vorgezogenen Midlifecrisis. Gibt's da evtl. noch ein paar über 30, die das auch kennen?

Wirklich, das hast Du sehr inspirierend erläutert - ich sitze grad vor dem Blatt Papier und komme mir so klein mit Hut vor... so etwas für mich zu machen. Krass.

@ all: Was habt Ihr "Pubertäres" gemacht, obwohl ihr erwachsen voll im (Job-)Leben gestanden seid? Will das nicht 1:1 übernehmen, aber ein wenig gutes Beispiel und Ermunterung kann mir nicht schaden. :)

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