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Hallo allerseits Gleich vorneweg: Zwangsgedanken sind ab einer gewissen Ernsthaftigkeit nur mit viel Aufwand und Disziplin alleine therapierbar. Für mich hat es einige Überwindung gekostet, damit zu einem Therapeuten zu gehen, da Zwänge in der Gesellschaft ein Tabuthema sind. Eine Bitte an alle, die in einer ähnlichen Situation sind: Überwindet euch und geht auf jeden Fall zu einem Therapeuten, falls ihr alleine nicht mehr weiter wisst. Dieser Post hier soll in erster Linie eine Art Tagebuch für mich als betroffener werden. Vielleicht hilft es mir dabei, die Situation und ihre Ursachen besser zu verstehen und Lösungsansätze zu finden. Anregungen und Tipps sind selbstverständlich willkommen. Situation Ich bin männlich und 24 Jahre alt (An sich unwichtig, aber für einige vielleicht trotzdem interessant). Seit einer längeren Zeit habe ich mit Zwangsgedanken zu kämpfen. Eine genaue Zeitspanne kann ich nicht angeben, da Zwangsgedanken laut vieler Quellen progressiv ansteigen. Sie beginnen also harmlos, werden dann aber über Monate hinweg immer stärker und stärker. Schon vor etwa 5 Jahren hatte ich erste, sehr schwammige Anzeichen, die im Nachhinein als erste Symptome der beginnenden Zwangserkrankung interpretiert werden könnten. Vor etwa drei Jahren hatte ich dann die ersten eindeutigen Symptome. Dort waren die Zwangsgedanken aber harmlos, haben mich also nicht gestört. Mit der Zeit wurden die Gedanken stärker, verschwanden dann zeitweise wieder. Seit vielleicht etwas mehr als einem Jahr habe ich wieder eine Phase mit über die Monate immer stärker werdenden Zwangsgedanken. Vor etwa einem Jahr (zu Begin dieser Phase) habe ich mich dann entschlossen, zu einem Therapeuten (Psychiater) zu gehen. Inzwischen sind die Zwangsgedanken so schlimm geworden, dass sie meinen Alltag kontrollieren und ich begonnen habe, meinen Alltag nach diesen Gedanken auszurichten, Freizeitaktivitäten abzusagen, mich teilweise sogar sozial zu isolieren. Es ist also definitiv an der Zeit, mir ernsthafte Gedanken zu machen und mir eine Problemlösung zu erarbeiten. Ich versuche mich kurzzuhalten, insofern verzichte ich auf eine detaillierte Beschreibung der Zwangsgedanken. Nur soviel: Der Inhalt der Gedanken ist (fast) immer, dass ich Angst habe, etwas zu verlieren. Dies hauptsächlich auf Gegenstände bezogen, also auf einer materiellen Ebene. Ich habe also angst, Gegenstände in meinem Alltag zu verlieren. Beispielsweise meine Tasche im Zug, das Smartphone im Fitnesscenter, den Schlüssel im Büro eines Kollegen oder die Jacke in der Restaurantgarderobe. Klingt für einige vielleicht seltsam, aber Zwangsgedanken haben es an sich, auf aussenstehende suspekt zu wirken. Analyse des Therapeuten Mit dem Therapeuten habe ich mehrfach über alle möglichen Ursachen gesprochen. Die ganze Persönlichkeit lässt sich natürlich in beliebigem Detailgrad analysieren. Ich fasse das ganze einigermassen kurz zusammen: Der Therapeut meint, die Zwangsgedanken seien bei mir nur eine Nebenerscheinung, respektive ein Symptom, das durch andere Probleme ausgelöst wird. Tatsächlich habe ich einige (kleinere) Probleme in meinem Leben, die ich zwar gerne von heute auf morgen lösen würde, allerdings fehlt mir oft Energie und Zeit dazu. Die Zwangsgedanken könnten somit durchaus eine unterbewusst erzeugte Ablenkung sein, um mich selbst vor unangenehmeren Gedanken und Erfahrungen zu schützen. Beispiel: Es ist unangenehm, auf der Strasse eine Frau anzusprechen. Wenn ich stattdessen meinen Zwangsgedanken nachgehe, beschütze ich mich damit vor eventueller Ablehnung. Unterbewusst kann ich damit unangenehmen Erfahrungen vorbeugen, obwohl die Zwangsgedanken selbst natürlich auch unangenehm sind. Dasselbe Verhaltensmuster lässt sich auf viele andere Probleme in meinem Leben übertragen. Meine eigene Analyse Insgesamt habe ich den Eindruck, oft vor mir selbst zu flüchten. Vielfach bin ich in meinem Leben vor Konflikten/ Problemen weggelaufen, statt mich ihnen zu stellen. Dafür habe ich den Computer als Ablenkung gefunden. Er bietet mir einen Rückzugsort, wenn ich zu viel Stress habe und die Gedanken in meinem Kopf zu laut werden. Oft habe ich neue Vorsätze und Ideen jahrelang vor mir hergeschoben und nie umgesetzt. Mein Leben läuft oft wellenförmig ab. An gewissen Tagen fliehe ich aus dem Alltagsstress und Gedankenkarussell in die bunte Fantasiewelt meines Notebooks und schaue irgendwelche Filme, bis irgendwann das schlechte Gewissen zu laut wird. Dann stehe ich auf, versuche meine Probleme in den Griff zu kriegen. Doch der Berg wirkt so gross, dass meine Willenskraft irgendwo verloren geht. Ich arbeite an mir, bis die Gedanken in meinem Kopf wieder zu laut werden und mir scheinbar nur eine bestimmte Lösung bleibt, um mich dem Stress zu entziehen. Es wirkt im Moment also alles zuviel, um dagegen gleichzeitig ankämpfen zu können. Wenn ich aber nur an einer Ecke beginne, bereitet mir alles andere so viel Gedanken, dass ich mich selbst komplett blockiere. Lösungsansatz Der Zielführende Lösungsansatz wäre vermutlich, aufkommende Zwangsgedanken rational zu hinterfragen. Doch da sich die Gedanken so sehr in den Vordergrund drängen, fehlt mir oft die Zeit, sie genau zu analysieren. Ich versuche die Gedanken dann durch eine "Zwangshandlung" verschwinden zu lassen, was aber nur dazu führt, dass sie nach einer Weile wieder zurückkommen und mit der Zeit immer präsenter werden. Ich sollte mich also bei aufkommenden Zwangsgedanken bewusst hinterfragen: Warum taucht dieser Gedanke auf? Besteht tatsächlich die Gefahr, in dieser Situation etwas verloren zu haben, oder möchte mich mein Unterbewusstsein nur vor anderen Problemen ablenken? Was wäre, wenn ich in dieser Situation tatsächlich etwas verlieren würde? Würde mein Selbstbewusstsein dadurch leiden? Würde ich mich schlecht fühlen? Stelle ich mir diese Fragen, komme ich zum Schluss, dass ich wohl zu perfektionistisch bin. Es kann durchaus einmal vorkommen, im Alltag etwas zu verlieren. Aber dieses Risiko rechtfertigt nicht, alles immer vollständig unter Kontrolle haben zu wollen. Ich muss einsehen, dass es normal ist, Fehler zu machen. Ein wesentlicher Auslöser ist vermutlich auch, dass ich niemanden mit meinem Handeln enttäuschen möchte. Es würde mir beispielsweise schwer fallen, wenn ich ein Geschenk von einer mir wichtigen Person verlieren würde. Dies basiert sicherlich auf meiner Erziehung und Erfahrungen in der Kindheit. Es lässt sich leider nicht vollständig verhindern, andere Menschen zu enttäuschen. Dies könnte meines Erachtens einer der Schlüsselpunkte bei der Entstehung der Zwangsgedanken sein. Fragen Unter dem Strich muss ich sagen, dass die Therapie bisher wirkungslos war. Das liegt teilweise sicher an mir, da ich einfach die Motivation nicht gefunden habe, gewisse Dinge konsequent umzusetzen (Wie weiter oben beschrieben). Trotzdem habe ich das Gefühl, dass die Therapie keine klare Struktur hat. Man spricht gefühlt jedes mal über dasselbe, der Therapeut scheint auch gewisse Fragen mehrmals zu stellen, weil er wohl nicht alles notiert hat und es nach einigen Wochen vergisst. Meines Erachten nach macht es trotzdem keinen Sinn, den Therapeuten zu wechseln, weil es vermutlich eine ganze Weile dauert, bis sich der neue eingearbeitet hat. Was meint ihr dazu? Wie oben erwähnt, fällt mir jegliche Umsetzung schwer, und mir fehlt neben einem Vollzeitjob auch die Zeit, mich sorgfältiger mit der Thematik zu befassen. Es macht wohl am meisten Sinn, an einer Ecke zu beginnen und sich in kleinen Etappen langsam durch das Thema durchzuarbeiten. Vermutlich ist die Schwierigkeit hier zu lernen, nicht zuviel von sich selbst zu verlangen und mit kleinen Erfolgen glücklich zu sein. Auf der anderen Seite habe ich das Gefühl, 1000 offene Dinge zu haben, die ich lieber heute als morgen erledigt haben möchte, und somit sind mir kleine Erfolge oft nicht genug. Wie geht ihr damit um? War jemand in derselben Situation und hat Tipps, Theorie oder konkrete Übungen zu dieser Thematik? Die einzige mir bekannte und vom Therapeuten empfohlene Übung ist, sich nicht auf die Zwangsgedanken einzulassen (auszuführen) und sie stattdessen zu hinterfragen (analysieren). Leider scheitert dies oft daran, dass die Gedanken so intensiv sind, dass es extrem schwer fällt, sich nicht darauf einzulassen. Danke für alle eure Anregungen pinkpoint
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