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In einer Diskussion hier im Forum hatten wir einen spannenden Gedanken, den ich hier gerne mit euch teilen würde: Wie wäre es, in der Fastenzeit mal alle die "kleinen, netten Lügen" wegzulassen, die wir im Alltag aus Bequemlichkeit verwenden? Ich hatte selbst vor kurzem zu einer Veranstaltung zugesagt, für die ich einer mir wichtigen, lieben Freundin im Wort war. Und mir klar war das meine Nicht-Anwesenheit sie wahrscheinlich verletzten würde. Gleichzeitig konnte ich am Tag vorher genau fühlen, dass ich aus aktuellen persönlichen Gründen, die ich zum Zeitpunkt der Zusage auch nicht hätte absehen können, mich dort absolut unwohl fühlen würde. Und damit meine eigene Kraft über die Maße strapaziert hätte, gerade an einem Wochenende wo ich diese noch dringend brauchen würde. Mein erster Impuls war also, meiner lieben Freundin eine passende Ausrede aufzutischen - "Hab den Coronavirus, muss dringend arbeiten weil mein Chef wahnsinnig geworden ist, meine dritte Oma ist gerade gestorben" - irgend sowas in der Art fällt uns doch allen sehr leicht ein, wenn wir uns aus sozial unangenehmen Situationen winden möchten. Bei näherem Hinspüren wurde mir dann aber klar, dass es eigentlich vollkommen okay ist, auf mein Bauchgefühl zu hören. Und mein Gefühl war eindeutig, berechtigt und legitim. Ich nahm also mein Telefon in die Hand, rief meine Freundin an, und habe ihr die Situation ausführlich erklärt. Und siehe da: Niemand ist an dieser Ehrlichkeit gestorben. Ja, sie war unangenehm berührt das ich nicht kommen wollte - aber gleichzeitig war sie mir dadurch ein Stück näher gekommen, dass ich ihr mehr von meiner eigenen Welt und meiner Verletzlichkeit gezeigt hatte. Ehrlichkeit schafft Verbindung. Also, versuch's mal anders: Dein Kumpel ruft an und will etwas unternehmen, aber du hast keine Lust? Statt "Hey, tut mir leid, bin schon verplant" mal ganz ehrlich "Hey du, sorry, hab echt keine Lust darauf". Deine Freundin will in Stadt XY über's Wochenende, aber du willst ans Meer? Statt "Ach weißt du, Stadt XY ist doch so unglaublich überteuert" mal ganz ehrlich: "Hey, weißt du, eigentlich hab ich total Lust auf Meer." Genau um diese kleinen "Lies of Convenience" geht es mir. Denn was passiert, wenn wir die weglassen? Wir sind plötzlich gezwungen, uns selbst klar zu werden was wir wirklich wollen, und warum wir etwas nicht wollen oder etwas anderes lieber möchten. Wir sind zusätzlich noch gezwungen, diese eigenen Bedürfnisse klar nach außen zu kommunizieren, auch auf das Risiko einer Konfliktsituation hin. Und das stärkt in jedem Fall unsere eigene Persönlichkeit gewaltig. Nicht inkludieren in diese Übung würde ich exsistenzgefährdende Lügen. Wenn dein Chef ein narzisstisches Arschloch ist, dann wird es möglicherweise trotzdem sinnvoll sein, ihm nicht zu sagen wie blöd seine neue Projektidee ist. Nicht inkludieren würde ich auch die sogenannte "schonungslose Ehrlichkeit". Angemessene Kommunikation sollte authentisch sein, aber auch situationsadequat (vg. Schulz von Thun). Jemand alles an den Kopf zu werfen was ich mir gerade denke, nur um in der Überforderung des Gegenüber eine passende Reaktion zu erzielen ist nicht ehrlich, sondern manipulativ. Also ist dies keine Einladung, mit möglichst viel Drama jeden Gefühlsfurz nach außen zu werfen der uns quersitzt. Auch in der Offenheit kann ich wertschätzend bleiben, und meinem Gegenüber meine Emotionen auf eine Art mitteilen mit der dieser umgehen kann. Letztlich geht es schlicht darum, die kleinen Dinge des Alltags so zu benennen wie ich sie brauche und möchte. Für mich selbst zu sprechen, klar einzustehen für meine Bedürfnisse, und diese nicht hinter Vorwänden zu verstecken. Wer macht mit?