Geschmunzelt

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  1. Geht mir nicht um Rumprollerei, sondern darum, dem TE einen Hintergrund für meine Einschätzung zu geben. Wir wissen ja nicht, was seine Freundin inhaltlich macht und für welche Zielgruppe. Ich kann nur sagen, dass ich aufgrund meiner Erfahrungen so etwas wie "Vorkasse per Paypal" genau überlegen würde. Und auch den Sinn dabei nicht sehe, denn Coaching ist jedenfalls normalerweise ein individuelles Geschäft. Da muss man sich erst beschnuppern und entscheidet dann über die Zusammenarbeit. Ist aber auch alles müßig hier, über etwas zu philosophieren, was im Dunkeln bleibt. Aus meiner Sicht ist der entscheidende Tipp, nicht die handwerkliche Abwicklung mit der inhaltlichen Entwicklung zu verwechseln. Eine Wordpress-Seite für ein kleines Business selbst aufzusetzen, um - erstmal - ins Laufen zu kommen, sollte einen technikaffinen Menschen kaum Mühe kosten und müsste imho für einen Studenten ohne weiteres möglich sein. Vorausgesetzt, man gibt ihm die Inhalte. Und die würde ich ehrlich gesagt nicht auf dem Niveau von ein paar Stockgrafiken und nichtssagenden Texten aufsetzen. Das gilt gerade für den Coaching-Markt. Der scheint überflutet zu sein von austauschbaren Figuren, wenn ich nur nach meiner LinkedIn-Timeline gehe. Ständig irgendjemand, der mir zuruft, dass wir in der Krise agil im Team arbeiten und uns digitalisieren müssen. Plus 22jährige Milchgesichter, die mir erklären, wie ich mühelos Akquise betreibe (kann die Hälfte der Kandidaten nicht richtig schreiben) und ein "Onlinebusiness" aufziehe. Zwei fallen mir ein, die herausstechen und die ich kontaktieren würde. Plus Nr. 3, mit dem ich gearbeitet habe und Nr. 4 und 5, die ich aber nicht per Webseite kennenlernte, sondern per Empfehlung. Die haben aber alle erstens was zu sagen und zweitens ein klares Profil. Wenn die Freundin des TE das alles hat, würde ich mir - wenn sie das nicht selbst machen kann oder will - einen guten Marketer suchen, der Texte und Bilder zusammen mit ihr erarbeitet. Und dann einen Informatikstudenten oder Medienkaufmann oder wie das heißt, der die Ansage kriegt, eine Wordpressseite mit einem Standard-Pagebuilder daraus zu machen. Dabei erstmal schmal anfangen, um den Aufwand im Griff zu halten - also keine automatisierten Abrechnungstools oder Ähnliches auf die Seite. Dann eher einen Kalender, in dem die Leute selbst Termine buchen können. Das ist komfortabel und erlaubt auch, zwanglos die Daten aufzunehmen, die im Hintergrund für die Rechnung nötig sind. Wobei man eh den Kunden nicht zwingen kann, das zu nutzen. Es sei denn natürlich, man kann sich das leisten.
  2. Wäre natürlich hilfreich, zu wissen, worüber wir sprechen. Meine Stundensätze (kein Coach): 300 - 350 netto. Im Coachingbereich müssten wir sehr genau wissen, worüber wir sprechen. Als Klient habe ich selbst zwischen 120 und 330 gezahlt (netto).
  3. Ah, okay. Ich kenne halt kein hochwertiges Coaching, das mit anständigen Stundensätzen im B2C-Bereich funktioniert. Dachte, dass entweder der Arbeitgeber des Klienten die Rechnung bezahlen soll oder der Klient die Rechnung als Fortbildungsaufwand steuerlich geltend machen möchte. Im letzteren Fall hast Du vermutlich kein SAP an der Backe, schreibst aber trotzdem Rechnungen. Mir ist der Businesscase allerdings letztlich auch egal. Wollte nur darauf hinweisen, dass ich nie auf die Idee käme, eine Dienstleistung per Vorkasse zu bezahlen. Falls die Kunden Deiner Freundin ähnlich denken, könnte das ja für die Vorgehensweise eine Rolle spielen. Falls nicht, ist das natürlich egal.
  4. Ja. Sonst hätte ich jemanden beauftragt. Würde allerdings nach der Erfahrung kritisch hinterfragen, weshalb ein hoher Aufwand für die Programmierung erforderlich sein soll. Das Erstellen der Inhalte ist deutlich aufwendiger. Das braucht aber keine Informatik-Skills, sondern ist Marketing im weitesten Sinne. Anders ist das Ganze natürlich, wenn die Seite ein mittelgroßes Unternehmen mit entsprechend viel Traffic abbilden soll. Aber ich hatte verstanden, es geht um eine One-Woman-Show. Abrechnung per Shopsystem fände ich übrigens je nach Aufmachung für ein hochwertiges Coaching unseriös. Schulungen für Unternehmen werden sowieso eine ordentliche Rechnungsstellung erfordern und müssen auf Kundenseite im Zweifel mit dem SAP Kontakt aufnehmen können. Ob das nicht per Rechnung mit SAP-Nummer einfacher ist als per automatisierter Lösung, würde ich mich fragen. Hängt natürlich auch davon ab, wieviel hundert Schulungen Deine Freundin im Jahr macht.
  5. Etwas Senf dazu aus einer anderen Richtung: Ich (kein Informatik-Background) habe, was die technische Seite angeht, vielleicht 15 - 20 Stunden Rumprobieren benötigt, um eine Webseite aufzusetzen. Ohne Shopfunktion, aber die habe ich aus ganz anderen Gründen gespart und würde das auch für ein Coaching-Geschäft so empfehlen. Es sei denn, Deine Freundin verkauft ein Produkt als Skalierung (Buch, Videokurs). Die Hauptarbeit steckt darin, die Inhalte zu entwickeln. Das geht technisch auch mit Papier und Bleistift. Erfordert aber die meiste Zeit.
  6. Habe nicht noch einmal in den Zwischenbericht hineingeschaut, ich glaube, dort war nicht weiter erläutert, wie die repräsentative Stichprobe ausgewählt wurde. In einem der Interviews hat Streeck dazu auf eine Zusammenarbeit mit Forsa hingewiesen. Denen darf man grundsätzlich unterstellen, dass sie solche Stichproben bilden können, allerdings mit allen Schwächen, die man in den Ergebnissen repräsentativer Studien dann doch wieder findet. Interessant fände ich zu wissen, welche Merkmale als repräsentativ gewertet wurden. Wenn es einigermaßen gut gelungen ist, den Bevölkerungsdurchschnitt in Bezug auf Kontakte zu anderen Menschen / potentiellen Infektionsquellen abzubilden, dann wären die Aussagen nicht so nutzlos, wie es auf den ersten Blick scheinen mag. Ich finde auch Streecks Erläuterungen im Tagesspiegel ganz hilfreich. Ein von der WHO empfohlenes Studiendesign würde ich jedenfalls nicht grundsätzlich in Frage stellen. Auf die endgültige Veröffentlichung werden wir ja leider noch warten müssen.
  7. Und passten zum Kontext. Viel Spaß Dir noch.
  8. Zum Glück doch. Deshalb wäge ich ständig ab, was mir die Zeit wert ist und was nicht. In diesem Sinne fasse ich mich kurz: Natürlich steht in jedem handwerklich guten Gutachten - egal für wen es geschrieben ist - das, was der Adressat benötigt. Über den Rest zu schreiben ist müßig, weil Du spekulierst. Im Übrigen fehlt mir die Lust, weiter mit Dir über meine echte oder vermeintliche Inkompetenz zu diskutieren. Schreib etwas zur Sache oder lass es halt. Genauso ergebnisoffen, präzise, verifizierbar, falsifizierbar, reproduzierbar wie in anderen Wissenschaften auch. Über die Methodik von Geisteswissenschaften kannst Du Dich in einer Vielzahl von Veröffentlichungen informieren. Hier findest Du ein ganz gutes Buch für Einsteiger. Viel spannender ist eigentlich, warum Rechtswissenschaftler in den allermeisten Fällen zu gleichen Ergebnissen kommen. Die einfachste Antwort auf Deine Frage ist: Weil die Prämissen in den seltensten Fällen identisch gebildet werden. Die zweiteinfachste: Weil die Ergebnisstruktur in vielen Fällen nicht binär ist.
  9. Ich tippe, es wird eher ein Thema des Gleichheitssatzes werden. An die Verhältnismäßigkeit wird man bei Gefahrenabwehrmaßnahmen nur schwer drankommen. Deshalb macht beispielsweise die Entscheidung des OVG Meckpomm zum Osterreiseverbot der Sache nach eine Gleichheitsbetrachtung und verneint aufgrunddessen die Verhältnismäßigkeit des Verbots (siehe die Pressemitteilung). Könnte man zB durch die Überlegung rechtfertigen, dass bei einem Aufenthaltsverbot in der Öffentlichkeit für die Vollzugsbehörden das Vorliegen von Ausnahmegründen prüfbar sein muss. Wenn sich jeder ein Buch unter den Arm klemmt, kannst Du das vergessen. Unter anderem deshalb ist die Lösung in NRW sehr charmant, kein Ausgehverbot zu regeln, sondern ein Kontaktverbot. Kann man viel leichter kontrollieren, nebenbei ist das auch weniger eingriffsintensiv. Das dürfte in der Tat nicht gehen.
  10. Das kommt ja ohnehin ständig vor. Im Moment ist das aber tatsächlich das, was viele Juraprofessoren gerade machen. Da wird munter spekuliert, ob die Maßnahmen vielleicht rechtswidrig sind, weil der Virus nur für Risikogruppen gefährlich sei. Gibt aber auch andere, schön zum Beispiel der hier: https://verfassungsblog.de/nix-wissen-macht-nix-unsere-fiebrige-lust-am-pandemic-turn/
  11. Ich teile Deine Besorgnisse. Und auch das mehr oder weniger deutliche Unbehagen / die Ablehnung gegenüber selbstdarstellerischen Wissenschaftlern - die gibt es in der Juristerei auch, und nicht alle davon sind noch mehr als nur Selbstdarsteller. Man muss halt aufpassen, dass diese persönliche Abneigung nicht auf die Sache schwappt. Ich kenne das Problem. Gefühlt ist aus meinem Wald vor der Haustür ein Stadtpark geworden. So erinnere ich mich auch. Plausibilitätscheck: Wenn das Abwasser stark infektiös wäre, hätten wir ganz andere Probleme. Hoffen wir, das ändert sich nicht. Kann sein, kann auch nicht sein. Ich kenne die Motivation nicht und möchte nicht darüber spekulieren. Mehr Sorge als Streeck macht mir ehrlich gesagt, dass die Grenze nach Holland offen ist. Wenn jetzt eine Menge Leute "endlich an die See fahren", haben wir in drei Wochen unseren schönen Vielleicht-Zwischenstand erfolgreich falsifiziert.
  12. Wie ich schon geschrieben habe: Ich maße mir nicht an, zum fachwissenschaftlichen Kontext etwas zu sagen, und ich habe das auch nicht getan. Bei Dir läuft es nicht so mit der rhetorischen Taktik, scheint mir. Du bist ganz schön fixiert darauf, mir Inkompetenz nachzuweisen - wäre die Sache nicht ernst, müsste ich ein wenig schmunzeln. Aber bedenke stets: Zorn ist der Weg zur dunklen Seite! Würde ein Naturwissenschaftler etwas Juristisches schreiben, würde ich ihm in der Tat schon deshalb sein Gutachten um die Ohren hauen. Das macht aber kaum einer, jedenfalls nicht von den Guten. Mit denen kann man meist ziemlich gut diskutieren. Das ist übrigens ganz oft im Leben so, wenn man höflich fragt! Dafür, dass Du es nicht verstehst, bist Du in Deiner Kritik ziemlich sicher. An welchem wissenschaftstheoretischen Kenntnisstand darf ich Dich für die Antwort denn abholen? Hint: Es ist eine Frage der Abstraktion. Deshalb habe ich ja auf die Ähnlichkeiten gar nicht abgehoben, sondern oben mehr als deutlich geschrieben, dass ich die fachwissenschaftlichen Kriterien der Epidemiologie nicht in Zweifel ziehe. Wieso sollte ich denn das auch tun?
  13. Hier gibts nen größeren etablierten Bekleidungshändler mit drei Filialen in der Grönemeyerstadt, der dem Vernehmen nach gesagt haben soll, wer schon nach ein paar Tagen anfange zu jammern, habe im Markt eh nichts zu suchen.
  14. Mein Doktorvater hätte Dir dazu sinngemäß gesagt, dass Du ihm nicht satisfaktionsfähig erscheinst. Aber die Arroganz lasse ich mal weg. Natürlich erwirbt man in einer Jura-Diss keine Kompetenzen aus anderen Fachwissenschaften. Genau übrigens wie man in einer Epidemiologen-Diss keine Kenntnisse zum Treffen von Entscheidungen erwirbt. Deine Frage ist, um das auf den Punkt zu bringen, eine Binse. Deshalb wirst Du in meinen Beiträgen auch keine Kritik an den Standards anderer Fachwissenschaften finden. Kannst ja nochmal nachschauen. Was man in jeder ordentlichen Dissertation erwirbt, ist eine solide Kenntnis davon, wie man Erkenntnis gewinnt. Das schwankt sicher von Doktorand zu Doktorand und von Fach zu Fach, aber grundsätzlich trifft die Aussage schon zu. Zufällig ist es in meinem Fall so, dass ich mir eine Menge Erkenntnistheorie angeschaut habe, weil ich eine eher grundsätzliche Arbeit geschrieben habe. Da bleibt es nicht aus, zumindest ein Grundverständnis dafür zu erwerben, wie andere Fachwissenschaften Erkenntnis gewinnen. Noch zufälliger ist es so, dass ich in meiner Berufstätigkeit ständig Gutachten anderer Fachdisziplinen durcharbeite, weil sie die Grundlagen für juristische Entscheidungen sind. Dafür muss ich natürlich die Gutachten nicht besser schreiben können als der Fachwissenschaftler, aber ich muss die richtigen Fragen stellen und die Gutachten nachvollziehen. Das klappt meist so gut, dass ich nicht nur immer wieder mal eine Nachfrage stelle, die den Fachwissenschaftler erstaunt eine Lücke bemerken lässt, sondern auch die gemeinsamen Auftraggeber motiviert, mir für unter anderem diese Arbeit eine Menge Geld zu bezahlen. Was man spezifisch in Jura erwirbt, wenn man ein bisschen ernsthafter studiert, ist natürlich nicht Paragraphen anzuwenden. Dieses lustige kleine Vorurteil tauchte hier ja auch schon auf und ist ungefähr so sinnvoll wie die Aussage, ein Physiker wäre ein Formelanwender und ein Ingenieur ein Taschenrechnerbediener. Jura ist das Fach, das sich mit dem Umgang mit Ambivalenz unter faktischen Entscheidungszwängen bei unklarer Tatsachenlage unter Geltung als sinnvoll erachteter vorgegebener Rahmenbedingungen (Normen) befasst. Wenn man sich ein wenig Mühe gibt, kann man damit schon was anfangen.
  15. Ja, klar: Mehr Wissen gibt größere Sicherheit. Aber was nun? Alle einsperren, bis weltweit die Türklinken beprobt sind?
  16. Ja. Jetzt kann ich sagen "Mann, ist das unwissenschaftlich". Oder ich frage mich "Wie kommt das, dass der das macht, obwohl er mit seinem Werdegang genau wissen muss, dass er gegen die Guidelines der meisten Publisher verstößt". Und keine der beiden Fragen hat erst einmal etwas mit der Qualität der Ergebnisse zu tun. Ja, klar. Warten wir doch ab, ob er das tut. Bis dahin darf die Politik sich darüber unterhalten, welche momentanen Entscheidungen sie auf Basis der vorliegenden Erkenntnisse einschließlich deren Unsicherheiten verantworten kann. Ich unterstelle erst einmal, dass ein bislang einigermaßen erfolgreicher Wissenschaftler sich gut überlegt, welche Aussagen er auf der Basis von Zwischenergebnissen macht. Einverstanden. Ich glaube allerdings, Du unterschätzt in der Betrachtung den Hunger der Medien nach Informationen und die Eigenschaft von Journalisten, Lücken zu füllen. Auch das hat Auswirkungen (sieht man gerade daran, dass die Zeit eine Studie kritisieren kann, die es noch gar nicht gibt, beispielsweise). Ich glaube, es hat einen großen Wert, dass ein Fachmann sich moderat äußert - das unterstützt das Wohlverhalten der Öffentlichkeit imho mehr als jemand, der ein Jahr lang forscht und dann sagt "Entwarnung, ich bin jetzt sicher, es war nicht so schlimm". Oder noch blöder: "Ja, wir sind echt sicher, wir hätten damals mit ein paar einfachen Maßnahmen wahrscheinlich die Krise kleiner halten können, wenn die Leute nicht in Panik geraten wären". Herr Taleb scheint mir vor allem gut darin, einfache Weisheiten in dicke Bücher zu schreiben. Muss aber auch jemand machen. Es ist ein Risikomanagement, aber ich glaube, so dünn ist die Basis nicht. Wir haben ja durchaus ein paar Monate intensiver internationaler Forschung. Dabei dürften eine Menge schlimmer Hypothesen schon weitgehend widerlegt sein: Tagelange Übertragbarkeit über die Luft, das Abwasser etc. Soweit ich es überblicke, scheint sich auch herauszukristallisieren, dass ein erheblicher Teil von Ansteckungen im Gesundheitswesen stattfand. Sind nur zwei Beispiele, aber ich hoffe es ist klar, was ich meine. Wir haben eben nicht die Zeit, abzuwarten, bis ein Risiko ausgeschlossen ist. Das ist ja nicht so schnell gemacht, jedenfalls nach wissenschaftlichen Maßstäben. Es muss heute entschieden werden, ob die Leute in einen Supermarkt gehen und Einkaufswagen anfassen dürfen. Du brauchst doch nur in diesem Thread hier zu lesen, wie vom Untergang des Abendlandes und schrecklichen Einschränkungen fabuliert wird, weil man seine Tinderische nicht vögeln darf. Die Leute brauchen Brot und Spiele. Ich finde auch schade, dass wir an unserem eigenen Wohlstand verblöden, aber so ist es nunmal. Deshalb braucht ein Herr Laschet Handlungshilfen. Der Mann muss Entscheidungen treffen und kann nicht warten, bis Herr Drosten - in allen Ehren! - sagt, dass er sich nun sicher ist.
  17. Ich wollte es nicht unnötig verkomplizieren. Dass man solche Faktoren berücksichtigen kann, liegt auf der Hand. Außer natürlich, im Kreis Heinsberg herrschte ein global einzigartiges Mikroklima.
  18. Es wäre etwas einfacher, wenn Du den Zitierbutton so betätigen könntest, dass ich namentlich zitiert werde. Dann kriege ich nämlich einen Alert. Soweit ich das überblicke, ist von uns beiden einer nach ein paar Jahren Lehrstuhlarbeit s.c.l promoviert und hat ein paar Handvoll Veröffentlichungen, um mal das Thema "wer war in der Wissenschaft und hat welche Ahnung" zu streifen. Dein Ton ist unsachlich und neben der Spur. Wir können gerne versuchen, uns in der Sache vernünftig zu unterhalten. Falls Du nur einen rant loslassen möchtest, schreib das bitte einfach. Dann lasse ich Dich damit gern im Internet allein. Starker Tonfall alleine ist kein Argument und beeindruckt mich nicht, erlebe ich beruflich ständig, und typischerweise von Leuten, die dann eben doch ein paar Lücken im Gedankengang haben. In der Sache: Das versteht sich von selbst. Deshalb habe ich mehr als einmal darauf hingewiesen, dass es mir nicht darum geht, Streecks bisherige Äußerungen in Talkshows und Interviews als wissenschaftliche Publikation zu rechtfertigen. Sind sie offensichtlich nicht. Mein Punkt war, dass ihn das nicht unseriös macht. Daran halte ich fest, weil "unseriös" eine genauso unpassende Abwertung ist wie "Laborratte" für Drosten. Mit solchen Bewertungen befeuerst Du genau die Abwertung des wissenschaftlichen Diskurses in der Öffentlichkeit, die Du andererseits anprangerst. Das stimmt nicht. Was man nicht replizieren kann, weil bislang nicht publiziert, sind Streecks konkrete Untersuchungen. Man kann aber selbstverständlich hundert Türklinken unter standardisierten, alltagsähnlichen Bedingungen mit einer standardisierten, alltagsähnlichen Virenlast versehen und prüfen, wieviel davon nach Zeitspanne x übrig ist. Das lässt sich nach naturwissenschaftlichen Maßstäben durchführen und ist praktisch wesentlich relevanter als noch so viele Tests unter Laborbedingung. Dabei kommt entweder heraus, dass auf sehr vielen Türklinken anders als nach Streeck eine gefährlich große Zahl aktiver Viren zu finden ist, oder es kommt dabei heraus, dass an vielen Türklinken ähnlich wie von Streeck geäußert eine geringe Zahl aktiver Viren zu finden ist. Ob die Türklinke im Kreis Heinsberg oder in Tokio hängt, ist für die Aussage und damit für die Vergleichbarkeit schlicht egal. Kennst Du die Äußerung Streecks aus der Talkshow? Ich habe ihn zufällig einmal gehört. Seine Aussage war sinngemäß, dass unter Laborbedingungen auf eine unbewegliche, waagerechte Oberfläche eine vergleichsweise große Virenmenge in einer vergleichsweise großen Menge Flüssigkeit aufgebracht wurde. Das lässt sich gut messen und wiederholen, ist aber möglicherweise ein eher theoretisches Szenario. Daher scheint mir den Hinweis Streecks sehr weiterführend, unter praxisnahen Bedingungen zu testen. Damit erkauft man sich um den Preis einer geringeren Vergleichbarkeit eine besser brauchbare Aussage. Das kann ich wissenschaftlich nachvollziehen. Wie viele Paper zu dem Corona-Thema haben Deine Bekannten denn in der Pipeline? Weil: Wenn keine, dann ist mir eines mit Zwischenergebnissen ohne Publikation erstmal lieber als keines. Zumal wenn das Keinpaper dann mit einer Kritik verbunden wird, wie man es besser machen kann. Ich fordere keine schlechtere Evidenzbasis, ich weise darauf hin, dass man in manchen Kontexten mit einer schlechteren Evidenzbasis leben muss. Wie Kriterienbildung in Naturwissenschaften funktioniert, ist schon klar. Die Entscheidung, ob man eine naturwissenschaftliche Evidenz für eine nichtnaturwissenschaftliche Entscheidung benötigt, richtet sich ihrerseits aber nicht nach diesen Evidenzkriterien. Ich etabliere kein anderes Wort für naturwissenschaftliche Kriterien, sondern weise darauf hin, dass es um eine andere Ebene geht. Aber das habe ich nun ja schon drei oder vier Mal geschrieben.
  19. Etwas länger als Du mit dem Studium fertig bist, wie es scheint. Keine Ursache! Mir ist auch sonst kein Epidemiologe in dieser Diskussion aufgefallen, aber damit verlassen wir ja ohnehin den Punkt, den ich angemerkt hatte. Das war der Vorwurf der Unseriösität aufgrund bislang unpublizierter Daten. Aber ich sage es gerne auch ein drittes Mal: Es geht nicht um eine epidemiologische Forschungsleistung, sondern um eine Entscheidung. Das kann man ja gerne falsche finden (was übrigens seinerseits ein politischer Standpunkt wäre und kein wissenschaftlicher), aber dadurch ändert sich nichts. "Halbwegs korrekt" = "plausibel". Aber sei's drum. Da ich ja beruflich recht viel mit MINTlern zusammenarbeite, kann ich vielleicht die Sache mit dem Haarespalten ähnlich gut einordnen wie das - nicht von Dir geäußerte - "Geschwurbel" weiter oben. Sagen wir so: Der eine Haarespalter erkennt eine Analogie, während der andere noch darlegt, dass es aber einen Unterschied mache, ob man Mäuse- oder Hamsterhaar spalte.
  20. Das ist nun allerdings genauso Wunschdenken. Und auch schwer machbar. Soweit ich sehe, herrscht Einigkeit darüber, dass eine echte wissenschaftliche Evaluation des Virus / der Erkrankung Monate dauern dürfte. Schon die Entscheidung, wann man genug geforscht hat, wird letztlich nach Plausibilität getroffen. Je nach Kontext nennt man das dann anders. In der Sache ändert das aber nichts.
  21. Wieso sind sie wertlos, wenn sie keinen wissenschaftlichen Anspruch in dem Sinne erheben, den Du skizziert hast? Und wo ist der Zusammenhang zu einer Anstellung beim Land? Verstehe ich nicht. Gibt es vergleichbare Arbeiten wie die von Streeck schon veröffentlicht? Ich dachte nicht. Sorry, wusste nicht, dass Du Teil des Teams bist. Falls Du es nicht bist, haben wir vermutlich etwa den gleichen Kenntnisstand dazu, was gerade Sinn macht und was nicht. Jeez. Ich habe mehrfach geschrieben, dass imho keine wissenschaftliche Exaktheit gefordert ist, sondern Plausibilität. Und dass es natürlich schöner wäre, die Daten zu publizieren. Übrigens habe ich auch noch nirgends gelesen, dass Streeck schon angekündigt hat, seine Daten nicht zu veröffentlichen. Jedenfalls für Leute wie den Kollegen Härting ist er damit Kanonenfutter. Dass H. Unsinn schreibt, um Akquise zu betreiben, geht dann leider unter.
  22. Ich meinte eher das Risiko für seine persönliche Reputation, habe ich missverständlich ausgedrückt. Zum Rest: Ja, ich habe auch nichts anderes geschrieben. Meines Erachtens geht es nicht um Erkenntnisbildung in der Wissenschaft, sondern um lebenspraktische Entscheidungsfindung. Bei ersterem geht es darum, bestimmte fachwissenschaftliche Standards einzuhalten, bei letzterem um Plausibilität. Dass die Arbeiten Streecks unplausibel seien, habe ich noch nicht vernommen. Abgesehen davon halte ich es im Ton für unangemessen, Streeck als unseriös zu bezeichnen, aber das ist ein anderes Thema. Ich habe auch nicht aufgeschnappt, dass Streeck für seine Arbeiten in Heinsberg bereits wissenschaftliche Meriten in Anspruch genommen hätte. Eine Woche Arbeitszeit für ein Preprint zu investieren, wäre in meinen Augen erst dann auf der Prioritätenliste, wenn ich eine(n) Mitarbeiter(in) für eine Woche entbehren könnte. Wobei ich das fachliche Interesse verstehe und es natürlich auch für wünschenswert halte, die (Zwischen)ergebnisse so schnell wie möglich lesen zu können, steht auf einem ganz anderen Blatt. Hat er Meinungshoheit? Das kommt mir nicht so vor. Faktisch hört man auf das, was er sagt, aber warum ist das so? Imho weniger, weil er keine Paper veröffentlicht, sondern weil er seine Expertise auf eine Weise einbringt, die derzeit dringend gebraucht wird: Bei der lebenspraktischen Plausibilisierung auf wissenschaftlicher Grundlage. Das ist eben der Punkt, den ich mit meinem Hinweis auf den rechtswissenschaftlichen Diskurs meinte. Dort diskutieren eine Reihe von Menschen, die sehr gut darin sind, nicht existierende Haare zu spalten, darüber, dass man auf den Rechtsstaat aufpassen müsse und dass die Politik lieber differenzierter diskutieren könne. Je nun. Beides richtig und beides nutzlos. Zumal ich keinen Politiker kenne, der gerade den Rechtsstaat gegen eine Diktatur eintauschen möchte. Also, hier.
  23. Ich würde stark annehmen, dass das Risiko insoweit sehr überschaubar ist. Größer scheint mir das Risiko, dass er vorschnell Positionen formuliert.
  24. Ich finde das einen unzutreffenden Vorwurf, und zwar deshalb, weil ich glaube, dass er die Ebene verfehlt. Er setzt voraus, dass die Arbeiten von Streeck - die ich fachwissenschaftlich nicht beurteilen kann - einen wissenschaftlichen Anspruch erheben. Das müssen sie aber nicht, um relevant für die Entscheidungen zu sein, die kurzfristig getroffen werden müssen. Keine Frage: Es wäre noch schöner, wenn die Arbeiten den Ansprüchen der Publikationsorgane entsprächen. Dass sie das möglicherweise nicht tun, macht die Arbeiten aber weder unwissenschaftlich noch unbrauchbar. Erst verdienen sie deshalb nicht die Bezeichnung als unseriös. Wissenschaft ist imho die methodische Suche nach Erkenntnis ausgehend von bekanntem Wissen. Sehr abstrakt formuliert; die Definition ist bewusst fächerübergreifend. Ob Nature, Science und wie sie alle heißen andere Ansprüche haben, um eine Arbeit zu publizieren, hat damit erst einmal nichts zu tun. Der Hintergrund der von diesen angewendeten Verfahren dürfte im wesentlichen sein, Betrug und unbewusste Fehler in veröffentlichten Arbeiten zu minimieren. Daraus kann man aber nicht den Umkehrschluss ziehen, dass alles unwissenschaftlich ist, was keinen Veröffentlichungsrichtlinien entspricht. Dass Streeck seine Zeit (und die Zeit seines Teams) sinnvoller in andere Tätigkeiten als das Schreiben von Manuskripten steckt, scheint mir als Unbeteiligtem nicht nur nachvollziehbar, sondern auch wünschenswert. Wenn man ihn kritisieren möchte, dann in der Sache. Um den Einwand vorwegzunehmen: Das ginge selbstverständlich auch ohne seine genaue Vorgehensweise nachzulesen. Man könnte ja beispielsweise selbst entsprechende Untersuchungen führen - zum Beispiel zur Virenlast unter lebensnahen Bedingungen, um einen Punkt aufzugreifen, zu dem er mehrfach in der Öffentlichkeit etwas gesagt hat. Ich verfolge in den letzten Wochen mit wenig Begeisterung die akademische Diskussion in meinem Fach (Rechtswissenschaft). Ohne auf Einzelheiten einzugehen ist die stark von Lebensferne geprägt, und das geht Hand in Hand mit der Vorstellung, das praktische Leben müsse man an wissenschaftlichen Maßstäben messen. Was schlicht falsch ist. Just sayin.