Starke Begeisterung für Neues – Fluch oder Segen?
Hier mal eine andere Perspektive auf das Thema "sich schnell verlieben". Wenn ich etwas entdecke, das mich interessiert, begeistert und reizt, dann fokussiere ich mich intensiv auf dieses Neue und möchte meine Zeit und Energie voll darauf konzentrieren. Ich fasse diese Eigenschaft jetzt mal als „starke Begeisterungsfähigkeit“ zusammen.
Beispiele aus meinem Leben
Im Bereich Sport habe ich starke Begeisterung im letzten Sommer mit Basketball erlebt. Angesteckt von den NBA-Playoffs habe ich mich in den kommenden Monaten intensiv mit dem Sport beschäftigt. Ich habe Wurftechniken, Spielzüge und Trainingstechniken studiert und zahllose Stunden auf dem Platz verbracht, um Würfe zu trainieren und gegen andere zu spielen. Andere Sport und Fitnessziele bzw. andere Sportarten waren dann erst mal uninteressant, mein Fokus lag komplett auf Basketball. Ich wollte besser, schneller, krasser werden.
Ob ich dieses Hobby weiterhin so intensiv verfolgen werde bleibt abzuwarten.
Als ich eines Tages im Alter von 12 Jahren meine Begeisterung für Rap entdeckt hatte, schrieb ich umgehend jeden Tag mindestens einen neuen Text. Ich sog in den folgenden Jahren alle Flows, Techniken und Reimschemata auf, die etwas Besonderes hatten, immer mit dem Ziel der Beste in diesem Bereich zu werden.
Ich mache nun seit etwa 17 Jahren Musik und bleibe dieser Leidenschaft stets treu. Sie ist ein Teil von mir. Die manchmal kurzlebige Begeisterung ist zu einer langfristigen Leidenschaft geworden.
Ein Segen in Sachen Beruf, Sport und Hobbies
Es ist grundsätzlich eine positive Eigenschaft sich für Dinge begeistern zu können und sich damit inside-out beschäftigen zu wollen, bis man so viel darüber weiß und so viel kann wie möglich. In meinem Beruf als Consultant ist das sogar absolut notwendig, da ich mich hier in relativ kurzer Zeit in Unternehmen, Industrien und Zielgruppen hineindenken muss und ein tiefes Verständnis dafür entwickeln muss.
Was Hobbies angeht kann es natürlich sein, dass eine kurzfristige Begeisterung so schnell nachlässt wie sie aufgetreten ist. Der Reiz des neuen lässt vor allem dann nach, wenn die Steigerungskurve (neu erworbene Skills, Verbesserung, Gewichtsabnahme, Gefühle, etc.) abflacht. Hier entscheidet sich häufig, ob aus einem neuen Hobby ein fester Bestandteil des Alltags wird oder man schlicht das Interesse daran verliert. Aber immerhin erlebt man dadurch immer wieder etwas Neues und das Leben bleibt spannend.
Kontraproduktiv in Sachen Liebe
Wenn wir über starke Begeisterungsfähigkeit in Sachen Beziehungen und Liebe sprechen wird es erst richtig interessant. Meiner Erfahrung nach ist die sonst so positive Eigenschaft der starken Begeisterungsfähigkeit hier eher ein Hindernis, als ein Vorteil. Wenn die/der Auserwählte nämlich nicht genau so tickt, dann kommt der Fokus auf eine Person und das unbändige Interesse an ihr eher als Needy und klammernd rüber. Dass das überfordern und abschrecken kann brauche ich wohl niemandem zu sagen.
Erschwerend hinzukommt, dass in Beziehungen mit dem anderen Geschlecht auch noch Emotionen hinzukommen, die in den Bereichen Sport, Beruf, Musik, etc. nicht so stark ausgeprägt und komplex sind. Scheint eine Person so toll zu sein, dass die das Potenzial hätte, ernsthaft ein Teil unseres Lebens zu werden, dann gesellen sich zu der starken Begeisterung (leider) auch Emotionen, die für die Kürze der Zeit, die man die Person kennt, ungewöhnlich stark sind.
Ich kenne keine Tablette, die die Ausschüttung dieser Emotionen unterbindet, aber mir persönlich hilft die Erkenntnis, dass es sich bei der Begeisterungsfähigkeit um eine allgemein positive Eigenschaft handelt. Man muss jedoch verinnerlichen, dass schnelle und starke Begeisterungsfähigkeit im Bereich Liebe unangebracht ist. Schafft man es diesen Bereich auszuklammern, dann lässt sich diese spezielle Persönlichkeitseigenschaft sehr produktiv einsetzen.