An der roten Ampel.
Eintrag erstellt von DeanNarratore · - 1171 Ansichten
Neulich stand ich an der Ampel. Folglich war die Ampel für mich rot. Doch, obgleich mein Körper fest und unverrückbar stand, flog mein Geist über die winzigen Bauten, über die menschlichen Miniaturen. So großartig alles von hier oben zu sehen. Durch alles hindurch zu gleiten. Schwerelos und leicht. Empor steigen. Frei von allem sein. Ich sah alles. Die Augen meines Körpers, auch das sah ich, waren verschlossen, doch ich habe so weit gesehen, weiter als je zuvor.
Ich stand damals wirklich an einer Ampel. Es war noch recht kühl für die Zeit. Das übliche Stadtgetöse konnte aber nicht die übermenschliche Melodie übertönen, als ich sie in mein Auge fasste.
Jetzt, wenn ich so daran denke, war es wohl der Moment der mich im letzten Jahr am meisten erfüllte. Für gewöhnlich schaue ich nicht zurück. Aber sie ist es wert. Denn sie war die größte Niederlage die ich mir jemals eingestehen musste. Als durchaus empfänglicher Mensch für das Ästhetische und Geistreiche neige ich ohnehin zur Empfindsamkeit. Doch sie war mein Ausschalter. Diejenige Instanz die mich dazu brachte, endgültig ein Mann zu werden.
Es war ihr Geburtstag, unsere Abschlussfeier in einer edlen Diskothek fand am selben Tag statt. Für mich war es wohl der lehrreichste Clubbesuch bis heute, denn obwohl ich ihre beste Freundin bespaßte, die frisch aus Übersee eingetrudelt war, und die beiden Mädels(schicki-micki-lifestyle-orientiert...) sich an den Blicken und dem zunehmenden Andrang der Männer erfreuten, graute es in mir davor sich in diesen Sog reinziehen zu lassen. Wo ich herkomme wird mehr mit Esprit als Besitz sympathisiert...
Wir waren in den Außenbereich gegangen, und es war gerade 0.00Uhr geworden.
„Herzlichen Glückwunsch“ regnete es gefühlt aus jeder Ecke, aus jedem Mund, von der ganzen Welt und sie strahlte. Ich schenkte ihr eine Kette(ich war noch jung und sehr idealistisch), welche ihr wohl gefiel.
Zwei Wochen später erhielt ich eine Nachricht nach folgendem Muster:
„Hey Dean, da ich das Gefühl habe das Du so langsam das Interesse an mir verlierst, möchte ich dir sagen das es wohl besser ist, das wir uns nicht mehr treffen.“
Für mich völlig unbegründet und der kühle Windhauch der mein zart aufgebautes Kartenhaus mit grobem Schlag sprengte...
Ich sah sie letztens wieder. Ironischer Weise an der selben Ampel in der Stadt. Ironischer Weise trug sie die Kette. Sie stand ihr gut. Sie sah mich mit meiner neuen Bekannten. Sie schaute unentwegt und beharrlich.
Zwei Tage erhielt ich von ihr bei Facebook eine Freundschaftsanfrage. Ich habe und werde sie nicht annehmen.
Nichts desto Trotz werde ich ihr auf immer dankbar sein.
Ein sentimentaler,
DeanNarratore
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