Mein alles, mein nichts, mein Bruder
Eintrag erstellt von Wizardry · - 426 Ansichten
Über sechs Jahre sind wir schon beste Freunde.
Wir sind zusammen aufgewachsen.
Es gibt nur drei Menschen, die nicht meine Brüder sind
und die ich trotzdem als Brüder bezeichne, er ist einer
von ihnen.
Wir machen alles zusammen, ja, das „wir" überwiegt das „ich".
Und es ist toll: Wir können uns aufeinander verlassen,
wir haben immer unseren Spaß wenn wir unterwegs sind.
Stell' mir die zehn hübschesten Frauen der Welt vor meine
Nase und ich geh an ihnen vorbei, wenn das bedeutet,
dass ich meinen Bruder behalten kann.
Für meinen Teil ist das so.
Und trotzdem. Trotzdem!
Trotzdem glaube ich, dass er in meiner Entwicklung eins der
größten Hindernisse ist. Pardon: Meine Wahrnehmung von
unserer Beziehung ist eines der größten Hindernisse, er hat
damit nichts zu tun.
Und es tut weh, es tut weh so etwas zu schreiben, mir so etwas
eingestehen zu wollen. Wir sind Brüder und werden es immer sein!
Warum er ein Hindernis ist?
Es ist dasselbe wie bei deinen Eltern: Du lebst jahrelang in ihrem
Schutz, und eines Tages wagst du den Schritt und wirst mündig,
bist für dich selbst verantwortlich.
In allen gesellschaftlichen Situationen hat er also diese Rolle der
Vormundschaft übernommen. Wir sind zusammen in die
Gesellschaft reingewachsen und seine gesellschaftlichen
Fertigkeiten überstiegen meine, also ist das eine logische Konsequenz.
Noch vor 4 Jahren war ich fast den Tränen nahe, weil nichts so lief,
wie ich es wollte; alle machten ihre Erfahrungen und mich sah
scheinbar kein Mädchen auch nur mit dem Arsch an. Es tat weh.
Ich verkroch mich im Erzfeind Selbstmitleid, diesem zuckersüßen
Gefühl, welches der trügerischen Faulheit zum verwechseln ähnlich
sieht.
Mein Bruder machte das alles nichts aus.
Er übernahm die Vormundschaft, er übernahm die Alpha Rolle.
Und es kommt, wie es im Leben nun einmal kommt:
Mit 12 Jahren bin ich verknallt, das Mädchen steht auf ihn.
Neue soziale Kreise wenden sich an ihn, bevor sie sich an mich wenden
und seine sozialen Fertigkeiten steigen während meine stagnieren, sinken,
stagnieren, sinken...
Es tut weh. Es tut so weh wenn du in deinem Leben alles gibst und
deine Grenzen suchst. Was du als moralisch siehst, was dir als moralisch
beigebracht wurde, scheint nicht zuzutreffen:
Wo bleibt meine Belohnung.
Vor anderthalb Jahren schaut mich dieses Mädchen an. Zu diesem Zeitpunkt
hatte ich schon über zwei Jahre keine tiefen, warmen, verliebten Gefühle
empfunden. Meine Freunde pflegen zu Sagen: Bald kommt die Richtige, alter.
Du bist so ein genialer Typ, ein cooler Typ, du verdienst ein tolles Mädchen,
bald kommt die Richtige.
Das Mädchen schaut mich an. Ich fühle etwas: Es ist warm, es ist gut und ich
fühle es. Mein Herz fühlt es, es pocht. Sie war die Schwester eines bekannten,
also reden wir. Sie spricht nicht meine Sprache, ich werde sie nicht länger als
eine Woche sehen können und es ist mir egal und ich rede immer noch mit ihr.
Kennt ihr das, aus eurer Zeit als AFC, wenn das Gespräch sich nicht gut anfühlt,
du sie interviewst und somit der ganze Flow irgendwo auf der Strecke liegen bleibt?
Trotzdem ihr lächeln. Sie ist das Mädchen, das ich küssen will, oh ja, ich bin
unsicher aber ich will es versuchen.
Ich versuche es nicht.
Der letzte Tag kommt, ich werde sie danach wohl nie wieder sehen.
Der Flow wird nie kommen, mein Bruder dagegen hat den Flow gefunden.
Bevor wir uns verabschieden offenbart sie einem Freund:
Sie glaubt sie steht auf meinen Bruder, und das ist selten, denn er ist der
Erst, bei dem dies je der Fall war.
Es tut weh. Es tut so anglaublich weh, dass mir fast die Tränen gekommen wären.
Es durchbohrte mich, es schlug mich, es sagte mir ich wäre ein Vollidiot und hätte
keine Stärken, bin unattraktiv und sollte die Welt nicht länger mit meiner
Anwesenheit belästigen.
Eine Woche später stieß ich auf PickUp!
Es war also alles erlernbar, und ich lernte es, ich wurde lockerer, plötzlich bin ich
im Stande, den Flow zu starten. Und mein Bruder ist für Monate im Ausland.
In diesen Monaten wachse ich über mich hinaus: Viele Sachen versuchen mein
Leben zu ficken und ich lache und gebe Kontra: Say "fuck you" and smile.
Mädels versuchen MICH zu verführen, ich gehe zwar nicht darauf ein und heute
bereue ich es, trotzdem bin ich überwältigt. Ich übernehme Vormundschaft für
mich selbst, so etwas gab es in meinem Leben noch nie.
Einen Monat später, mein Bruder ist noch immer weg, spricht mich die total heiße
Austauschschülerin einer Bekannten von sich aus an, sagt ihr, ich wäre der süßeste
Typ auf der Schule, das passte alles nicht in meine Realität.
Ohne Probleme holte ich mir ihre Nummer bevor sie wieder ins Ausland zurück-
kehrte.
Mein Bruder kommt zurück, die Dynamik verschiebt sich wieder und es tut weh.
Süße Mädchen wollen wieder nur mit ihm Reden, ich fühle mich wie seine Beta-Version.
...
Und dann fühle ich mich erinnert an dieses Mädchen, ich fühlte etwas für sie, sie fühlte
etwas für ihn, er fühlte für niemanden etwas.
Und dann interessieren sich die Leute wieder für ihn, nur sporadisch kannten sie es
anders. Ich weiß ich kann es, denn ich habe es gesehen und sehe es Tag für Tag
in tausenden Field Reports.
Doch die Lage hat sich bis heute nicht geändert, mein neu errungenes Selbstvertrauen
jedoch stellt Fragen:
Mein Bruder: Mein alles oder mein nichts?
Peace out.
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